Bildung & Karriere

Lehrermangel erfordert Maßnahmen in allen Phasen der Lehrerbildung

Der Lehrermangel wird die Schulentwicklung in den nächsten Jahren weiter prägen. Flexible Einstiegsmöglichkeiten ins Lehramt und berufsbegleitende Angebote der Weiterbildung können ein entscheidender Teil der Lösung sein, sind aber bisher an deutschen Universitäten kaum vorgesehen. Dies zeigt eine aktuelle Publikation des Monitor Lehrerbildung.

Lehrkräfte werden bundesweit gesucht. Bis 2023 fehlen laut einer Prognose der Kultusministerkonferenz allein an den Grundschulen bis zu 12.400 Lehrkräfte, die Bertelsmann Stiftung geht in einer Berechnung aus dem Jahr 2018 bis 2025 sogar von einem Mangel von 35.000 Lehrkräften aus. Der bestehende Bedarf kann durch die grundständig, also über das klassische Lehramtsstudium ausgebildeten Lehrkräfte, allein nicht gedeckt werden. Zudem sind die Zahlen der Lehramtsabsolventen seit dem Jahr 2015 rückläufig. Gleichzeitig steigt der Anteil der Quer- und Seiteneinsteiger unter den neu eingestellten Lehrkräften und erreichte im Jahr 2018 mit 13,3 Prozent bundesweit einen neuen Höchststand.

„Die Bewältigung des Lehrermangels ist eine der größten Aufgaben der nächsten Jahre“, so Jörg Dräger. „Wir brauchen mehr und flexiblere Einstiegsmöglichkeiten ins Lehramtsstudium sowie verbindliche Qualitätsstandards für die Ausbildung von Seiten- und Quereinsteigern, damit guter Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler gesichert werden kann“, fordert der Vorstand der Bertelsmann Stiftung.

In der neuen Publikation „Flexible Wege ins Lehramt?! – Qualifizierung für einen Beruf im Wandel“ plädiert das Konsortium des Monitor Lehrerbildung deshalb für eine grundlegende Anpassung der Lehramtsausbildung. Um den Lehrkräftemangel mit gut qualifiziertem Personal nachhaltig bewältigen zu können, muss das Lehramt verstärkt für Studierende sowie Absolventinnen und Absolventen von Fachrichtungen, die schulischen Unterrichtsfächern nahekommen, geöffnet werden.

Für den Bereich des Lehramtsstudiums sollten Instrumente zur Eignungsfeststellung, Berufsberatung und Begleitung in allen Studienphasen und für die Studierenden verpflichtend vorgesehen werden. Diese können helfen, möglichem Studienabbruch oder Fachwechsel entgegenzuwirken und Studierende erfolgreich in den Lehrerberuf zu führen. Aus der aktuellen Datenerhebung des Monitor Lehrerbildung geht hervor, dass Angebote zur Eignungsreflexion während des Studiums bisher nur an rund der Hälfte aller Hochschulen verpflichtend sind. Beratungsangebote in der Studieneingangsphase sind sogar nur an fünf von 61 lehrerbildenden Hochschulen verpflichtend.

Mittelfristig müssen zudem strukturierte Wechselmöglichkeiten zwischen fachlichem und lehramtsbezogenem Studium geschaffen werden. Ein Wechsel in einen lehramtsbezogenen Masterstudiengang nach einem fachbezogenen Bachelorabschluss ist im deutschen Studiensystem bisher nicht vorgesehen. Nur fünf von 61 Hochschulen bieten in den allgemeinbildenden Lehrämtern spezielle Masterstudiengänge für Absolventen fachbezogener Bachelorstudiengänge an. Studierende, die sich zunächst aus fachlichem Interesse in einem Studiengang eingeschrieben haben und erst im weiteren Studienverlauf ihr Interesse für den Lehrerberuf entdecken, bleiben so außen vor. 

Volker Meyer-Guckel sieht in den Bologna-Strukturen gute Voraussetzungen für neue Wege im Lehramt: „Eine geordnete Flexibilisierung der Zugangswege, die sich in einer gestuften Studienstruktur ideal umsetzen ließe, ist für die Gewinnung von Lehrkräftenachwuchs die bessere Lösung als alle Jahre wiederkehrende ‚ad hoc-Maßnahmen‘, die im Zweifel auf jegliche Qualitätsstandards verzichten“, mahnt der Stellvertretende Generalsekretär des Stifterverbandes.

Die bestehenden Qualifizierungsangebote für Quer- und Seiteneinsteiger ins Lehramt sollten schnellstmöglich qualitativ aufgewertet werden. Die Einstellung von Personen ohne vorangegangene Lehramtsausbildung ist faktisch bereits eine wichtige kurzfristige Maßnahme zur Sicherung der Unterrichtsversorgung, die derzeitige Qualifizierung ist aber in der Regel rein berufspraktisch ausgelegt. Ergebnisse des Monitor Lehrerbildung zeigen, dass nur acht von 61 Hochschulen berufsbegleitende Weiterbildungsstudiengänge für Seiteneinsteiger ohne Lehramtsqualifikation anbieten. Wichtige wissenschaftliche Grundlagen, etwa im pädagogisch-psychologischen Bereich, die das Lehramtsstudium eigentlich vermittelt hätte, fehlen folglich in der Qualifizierung.

Über den Monitor Lehrerbildung

Der Monitor Lehrerbildung ist die bundesweit einzige Datenbank zum Lehramtsstudium. Unter www.monitor-lehrerbildung.de sind relevante Daten zu dieser ersten Phase der Lehrerbildung übersichtlich dargestellt. 61 Hochschulen und alle 16 Länder beteiligten sich an der Erhebung des Monitor Lehrerbildung 2020. Sämtliche Daten sowie viele weitere Informationen zum Thema sind unter www.monitor-lehrerbildung.de frei zugänglich. Der Monitor Lehrerbildung ist ein gemeinsames Projekt von Bertelsmann Stiftung, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Deutsche Telekom Stiftung, Robert Bosch Stiftung GmbH und Stifterverband.

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