Bauen & Wohnen

Thema: Digitalisierung am Bau

Digitalisierung ist in aller Munde – auch in der Bauwirtschaft. Allerdings hinke die hinter der Entwicklung her, wird vielfach kritisiert. Die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e. V. (BVMB) hat das zum Anlass genommen, einen eigenen Arbeitskreis Digitalisierung einzurichten. Bei der ersten Sitzung hat sich schnell herauskristallisiert: Das Kernproblem liegt in einer unzureichenden Netzinfrastruktur. „Deutschland zählt in diesem Punkt zu den Entwicklungsländern“, kritisiert BVMB-Hauptgeschäftsführer Michael Gilka den schleppenden Glasfaserausbau. Er stellt insbesondere die Bauunternehmen vor unüberwindbare Probleme, wenn sie größere Datenmengen übertragen müssten. Auch die unzureichende Ausstattung der Verwaltung und die Versorgung mit geeigneter Software bereitet der Bauwirtschaft Sorgenfalten.

Fehlende Erreichbarkeit von Behörden trocknet Auftragslage aus

„Die Bauwirtschaft stellt sich den Herausforderungen. Sie arbeitet durchaus schon digital“, weist BVMB-Geschäftsführer Dirk Stauf entsprechende Vorwürfe gegen die Bauwirtschaft zurück. „Und das erstreckt sich nicht nur auf digitale Rechnungen“, erklärt der Verbandsvertreter. Viele mittelständische Bauunternehmen seien schon intensiv dabei, das operative Geschäft auf digitale Strukturen umzustellen. Das betreffe beispielsweise die Disposition der Baumaschinen ebenso wie die der Zulieferer, so Stauf.

Problematisch wird die Digitalisierung in der Bauwirtschaft allerdings bereits, wenn etwa digitale Geländeaufnahmen von einer Baustelle in die Unternehmenszentrale oder zu einem Planer übertragen werden sollen: „Da wird es oft zappenduster, weil die Leitungen so unzureichend sind, dass entweder auf der Baustelle gar kein Internet oder nur eines mit einer Geschwindigkeit zur Verfügung steht, das ein vernünftiges Arbeiten unmöglich macht“, klagt BVMB-Hauptgeschäftsführer Michael Gilka. „Insbesondere auf dem Land ist das eine Katastrophe, weil der Glasfaserausbau nicht vorangeht und vielfach abgeschriebene Kupferkabel kosmetisch mit Vectoring aufgepimpt werden, statt neue Glasfaserkabel zu verbauen“, kritisiert Gilka. Er fordert die öffentliche Hand klar auf, für einen zügigeren Netzausbau zu sorgen, um die Leistungsfähigkeit nicht nur der mittelständischen Bauwirtschaft zu erhalten.

Neben der unzureichenden Netzinfrastruktur bereitet den mittelständischen Bauunternehmen auch die mangelhafte IT-Ausstattung von Bauverwaltungen und Genehmigungsbehörden Sorgenfalten. Vielfach stehe keine Hardware zur Verfügung und die Verwaltungen seien für die Baufirmen schlicht auf dem Weg nicht erreichbar. Zahlreiche Behördenmitarbeiter seien immer noch coronabedingt im Homeoffice und nicht greifbar. „Es läuft zunehmend weniger und weniger. Die Auftragslage der Firmen trocknet dadurch aus und wird mit Blick auf das kommende Jahr, wenn der Auftragsvorrat aus 2020 abgearbeitet sein wird, prekär“, warnt Gilka.

Auch die Versorgung mit passender Software ist laut Dirk Stauf nicht einfach: Große Softwareanbieter hätten vielfach nur starre Programmsysteme auf dem Markt. „Sie erwarten, dass die Bauunternehmen ihre Strukturen den fertigen Abrechnungsprogrammen anpassen – aber das muss genau andersherum laufen“, betont der BVBM-Geschäftsführer. Immerhin stünden mehrere flexiblere Start-up-Softwareanbieter in den Startlöchern. Die Mittelständler wollen sich in der nächsten Sitzung des Arbeitskreises gezielt auch mit diesem Punkt befassen, um ihre Marktposition zu stärken.

„Dem Konjunkturmotor Bauwirtschaft droht ein kolossaler Motorschaden“

Insoweit richtet sich die BVMB mit einer klaren Forderung an die Politik, Auftraggeber und öffentlichen Verwaltungen: „Es muss hier schnellstens gegengesteuert werden“, ruft Hauptgeschäftsführer Michael Gilka auf. „Andernfalls wird auch die Bauwirtschaft als einer der wenigen Konjunkturmotoren in der Krise einen kolossalen Motorschaden erleiden. Das ist Gift für Deutschland und die Bauwirtschaft und kann auch mit Blick auf die Bundestagswahl 2021 nicht im Interesse der Politik sein.“

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