Energie- / Umwelttechnik

Erste Zuschläge werfen Fragen zur Effizienz der Kohle-Ausschreibungen auf

Die heute von der Bundesnetzagentur veröffentlichten ersten Stilllegungs-Zuschläge für Steinkohlekraftwerke unterstreichen nach Ansicht des Ökoenergieanbieters Greenpeace Energy die Fragwürdigkeit von Ausschreibungen als Instrument des Klimaschutzes. Die Energiegenossenschaft kritisiert dabei vor allem das System der Auktionen, bei denen sich Kohlebetreiber um Prämien bewerben können, wenn sie dort Kraftwerke zur vorzeitigen Abschaltung anmelden. Elf Gebote haben laut BNetzA diesen Zuschlag nun erhalten. Etliche weitere Kraftwerke hatten sich ebenfalls beworben, kamen aber nicht zum Zuge. „Offensichtlich ist der Druck unter den Betreibern ist groß, weil ihre Kohlemeiler bereits unrentabel sind oder es bald werden“, sagt Sönke Tangermann. „Der Staat vergoldet den Betreibern also die Abschaltung von Kraftwerken, die sich wirtschaftlich ohnehin nicht mehr richtig rechnen.“

Abgeschaltet werden nun unter anderem große Blöcke der Kohlekraftwerke Moorburg (Hamburg), Ibbenbüren, Heyden und Walsum (alle NRW). Insgesamt erhalten die stillzulegenden Kohlemeiler 317 Millionen Euro. Aus der Veröffentlichung der BNetzA lässt sich laut Greenpeace Energy schließen, dass dabei ein Großkraftwerk allein 120 Millionen Euro erhält. Insgesamt lagen die Gebote aber deutlich unter dem Höchstpreis von 165.000 Euro je Megawatt, der für die Auktion festgelegt war. 

Diese erste Ausschreibungsrunde mit einem bezuschlagten Volumen von 4.788 Megawatt war laut Informationen der Netzagentur deutlich überzeichnet. Es nahmen also mehr Kraftwerke teil, als bezuschlagt wurden. „Es ist schlecht für den Klimaschutz, dass diese Kohlekraftwerke nun erst mal weiterlaufen, obwohl ihre Betreiber sie doch abschalten wollen“, so Tangermann. Die Aussicht auf Millionenzahlungen in Folge künftiger Ausschreibungen ist nach seiner Auffassung ein wichtiger Grund für diesen Weiterbetrieb: „Die Auktionen kosten viel Geld und bewirken, dass Kohlekraftwerke länger laufen, als sie eigentlich wollen.“

„Das Ausschreibungs-System droht den Kohleausstieg – und den damit verbunden Klimanutzen – insgesamt zu verlangsamen“, so Tangermann. Greenpeace Energy hatte daher bereits Anfang September gegen die Stilllegungsregelungen im Rahmen des deutschen Kohleausstiegs Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt. Bei wies Greenpeace Energy die EU-Kommission auch auf die mögliche Unverhältnismäßigkeit der Stilllegungs-Prämien hin. 

Die Prämien erhalten die Betreiber-Konzerne nur dann, wenn sie ihre Kraftwerke bis zu einem Zuschlag in der BNetzA-Ausschreibung weiterlaufen lassen – was angesichts eines bis zum Jahr 2038 geplanten Kohleausstiegs mit insgesamt nur sieben Ausschreibungsrunden etliche Monate oder sogar Jahre dauern kann. „Die Hoffnung auf diese Millionenzahlungen ist für die Betreiber ein Anreiz, selbst unwirtschaftliche Kohlekraftwerke weiter zu betreiben, die sie unter reinen Marktbedingungen längst selbst stillgelegt hätten“, sagt Sönke Tangermann.

Die EU-Kommission gab in der vergangenen Woche dennoch grünes Licht für die deutschen Steinkohle-Ausschreibungen. Wettbewerbs-Kommissarin Margrethe Vestager hatte dies mit den Worten kommentiert, die Auktionen würden Deutschland „größtmögliche Emissionsminderung zu geringsten Kosten ermöglichen“. Allerdings schränkte die Kommission in ihrer begleitenden Pressemitteilung damals ein, dass sie sich nicht festlegen würde, ob die Steinkohle-Kompensationen einen beihilferechtlich relevanten Vorteil für die begünstigten Konzerne darstellt oder nicht. Der positive Beitrag zu den Umwelt- und Klimazielen der EU sei jedoch bedeutender als eine potenzielle Marktverzerrung zugunsten der Kohlekonzerne, die durch den Ausschreibungsmechanismus beschränkt würde, entschied die EU-Kommission. „Wir werden die Entscheidung der EU-Kommission genau analysieren und gegebenenfalls weitere – auch juristische – Schritte prüfen.“

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