Bautechnik

Holz, Hanf und Hühnerfedern – mit Fasern aus der Natur zu technischen Bauteilen

Der letzte ThinKing des Jahres 2020 geht an ein Verfahren, das durch sein Leichtbau-Potenzial überzeugt. Das Faserblasverfahren oder FIM (Fiber Injection Molding) nutzt drei Werkzeughälften zur Produktion eines Bauteils. Das Verfahren erreicht in einer intelligenten Kombination aus Materialunabhängigkeit und verfahrenstechnischem Know-how Bauteile, die nicht nur besonders leicht, sondern auch kostenbewusst, materialeffizient sowie ressourcen- und klimaschonend sind.

Die Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg präsentiert diese Innovation mit ihrem ThinKing im Dezember 2020. Mit diesem Label gibt die Leichtbau BW GmbH monatlich innovativen Produkten oder Dienstleistungen im Leichtbau aus Baden-Württemberg eine Plattform.

Auf einen Blick:

– Hohes Leichtbau-Potenzial: Faserdichte im Prozess einstellbar
– Materialeffizient: durchschnittlich 20 bis 30 % geringerer Materialbedarf und damit auch weniger Masse
– Kosteneffizient: etwa ein Drittel weniger Materialkosten
– Hohe Materialvielfalt: Von Kunststoff- über Recycling- bis Naturfasern sind nahezu alle Fasern oder blasfähigen Füllmaterialien zu verarbeiten
– Ressourceneffizient: der Recyclinganteil kann 50 % und höher sein
– Kurze Produktionszeiten: für die Großserie geeignet

„Was benötigt man, um ein Bauteil herzustellen? Das Material, eine Form und eine Möglichkeit, diese zu füllen“, beschreibt Egon Förster, geschäftsführender Gesellschafter der Fiber Engineering GmbH, die ersten Überlegungen zur Entwicklung des Faserblassystems FIM (Fiber Injection Molding).

Das Unternehmen nutzt Fasern jeglicher Herkunft, um dreidimensional geformte, leichte Bauteile herzustellen, die bisher primär ihre Anwendungen in der Automobilindustrie finden. Die Teile ähneln auf den ersten Blick geformten Fasermatten-Zuschnitten. Sie werden jedoch ohne den Zwischenschritt über das Halbzeug hergestellt.

Im ersten Prozessschritt werden beim Faserblasverfahren die Fasern direkt in zwei Werkzeughälften geblasen und diese Kavität mit einem Faservolumengehalt homogen gefüllt. Eine dritte Werkzeughälfte verdichtet, verklebt und formt anschließend durch Erwärmen die im Schnitt etwa ein bis 140 mm langen Fasern im Bauteil. Zum Einsatz kommen duroplastische oder thermoplastische Bindemittel, die als Fasern oder Pulver beigemischt werden. Alternativ kann das Bauteil wie beim RTM-Verfahren mit Harz infiltriert werden.

Im Prozess können die mechanischen Eigenschaften des Bauteils über die Dichte, das heißt über den Faservolumengehalt und das Verdichten durch die dritte Werkzeughälfte lokal je nach Anforderungen eingestellt werden.

Materialeffizienz schont Budget und Umwelt

Das Fiber Injection Molding, kurz FIM, ermöglicht bis zu 100 % Materialeinsatz. Das heißt, es können Formteile mit Endkontur gefertigt werden, sodass wenig bis kein Randbeschnitt notwendig wird.

„Das ist wichtig, denn Materialkosten machen in der Automobilindustrie häufig bis zu 70 % der Gesamtkosten aus“, betont Förster den kostenbewussten Ansatz des Verfahrens. Durch die spezifische Dichte-Einstellung und den entfallenden Verschnitt können im Durchschnitt 20 bis 30 % der Materialkosten eingespart werden.

Die Bauteile sind zudem deutlich leichter. „Bei einer Gurtabdeckung für einen Pkw konnten wir eine Gewichtsersparnis von 50 % und eine Materialkostensenkung von ebenfalls 50 % erzielen“, berichtet Förster von einem der Projekte aus der Automobilindustrie.

In den mechanischen Eigenschaften sind die FIM-Bauteile variabel. Sie können hart oder weich ausgelegt werden und sind damit je nach Material und Dichte zum Beispiel für feste Trägerteile (Türinnenmodule oder Instrumententafeln), Dämmungen oder Isolierungen sowie Polster geeignet.

Nachhaltig besser sitzen

Bei Sitzpolstern steht das Faserblasverfahren in direktem Wettbewerb zu den PUR-Verfahren. Und auch hier ist das Leichtbau-Potenzial erheblich: bis zu 30 % lassen sich bei Sitzen in Polster und Rückenlehne einsparen, sei es für Flugzeuge, Automobile oder Schienenfahrzeuge – oder für Babytrageschalen.

Denn im Unterschied zu geschäumten Bauteilen ist das Faserblasverfahren auch dann besser geeignet, wenn es strenge Vorgaben bezüglich CO2-Emission oder Schadstoffgehalt zu erfüllen gilt. Das ist wichtig für Babytrageschalen, aber auch ein Pluspunkt für die Automobilindustrie. Denn der CO2-Footprint des Fahrzeugs kann durch die Verwendung von Naturfasern – zum Beispiel für Rückenlehnen – gesenkt werden.

Mit dem FIM-Prozess lassen sich bis auf klebrige Fasern sehr viele Materialien – von Carbon- über Basalt und Kunststoffen bis hin zu Naturfasern wie Holz, Wolle, Hanf oder sogar Seegras verarbeiten.

Ebenso kann das Faser-Ausgangsmaterial einen hohen Rezyklat-Anteil enthalten. Das robuste System ermöglicht sogar, Recyclingmaterial auch aus schwierigen Reststoff-Fraktionen zu verwenden. Und so hilft das Faserblasverfahren, zusätzlich Ressourcen einzusparen und CO2-Emissionen zu mindern. Außerdem lassen sich auch die Bauteile selbst am Ende ihres Lebens wieder recyceln.

Im Einsatz für die Großserie

Momentan sind viele Projekte in der Entwicklung, die auf Naturfasern oder Recyclingware setzen, um die Ansprüche an eine CO2-Reduzierung zu erfüllen.
In den USA wurde das Verfahren vor einiger Zeit zum ersten Mal auch in einer Großserie eingesetzt. Für Stirnwand und Bodenisolierung für den VW Passat wurden damals 10 kg Fasern verarbeitet. Alle 90 s wurden jeweils beide Teile als ein Fahrzeugsatz zeitgleich fertig.

Über die Fiber Engineering GmbH
Fiber Engineering entwickelt mit dem Faserblasverfahren FIM aus Stapelfasern 3D-Formteile. Das Verfahren ist weltweit in über 30 Ländern patentiert. Das Unternehmen bietet für interessierte Anwender Produktentwicklung mit PT-Werkzeugen, Teilefertigung für Kleinserien, Serienwerkzeuge und Serienmaschinen für die Mittel- oder Großserienproduktion.

Der ThinKing im Video
In unserer neuen Video-Serie „Leichtbau leicht erklärt“ stellen wir Ihnen den ThinKing innerhalb weniger Sekunden vor: https://youtu.be/X-cKvQYX8FY

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