Finanzen / Bilanzen

Jahressteuergesetz 2020 oder „In der Weihnachtsbäckerei: Wo ist das Gesetz geblieben…?“

Vielerorts wird in diesem Jahr der liebe Weihnachtsmann coronabedingt wohl untertauchen. Die mehr oder weniger willkommenen Geschenkepäckchen schnürt 2020 daher überraschend der Gesetzgeber. Seit Wochen werkelt und bastelt die Crew im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags nun bereits am Jahressteuergesetz. Am 9.12.2020 hat sie sich gesammelt und den Entwurf der Bundesregierung um einige Scherflein aufgehübscht, die am 18.12.2020 den Bundesrat passieren. Der Steuerberater-Verband Köln gewährt einen ersten Blick ins Säckchen von Bundesregierung und Bundestag. Dieser enthüllt u.a. folgendes:

Neuer steuerlicher Abzugstatbestand: Dahoam is Homeoffice

„Dahoam is am schönsten.“ Diesen Satz unterschreiben nach neun Monaten Homeoffice sicher nicht mehr alle Arbeitnehmer so ohne Weiteres. Zwar hat es nach wie vor sein Gutes, sich morgens nicht in überfüllte Bahnen quetschen zu müssen oder auf der Autobahn die Rücklichter des Vordermanns zu bewundern. Doch damit bleibt auch die steuerliche Entfernungspauschale auf der Strecke. Mangels eines professionell ausgestatteten Arbeitszimmers konnte Otto Normalverbraucher bisher auch im Homeoffice keinen Steuerbonus einfahren. Dabei wird auch beim Arbeiten am Küchentisch so einiges „verbraucht“.

Diese Benachteiligung erhitzte die Gemüter sehr. Nach langem Ringen würdigte nun auch der Gesetzgeber die neuerliche Arbeitssituation und schaffte mit dem Jahressteuergesetz 2020 einen neuen Abzugstatbestand: Hat ein Steuerpflichtiger seine gesamte betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausgeübt, kann er eine Pauschale von 5 € je Kalendertag, max. 600 € im Kalenderjahr, steuerlich geltend machen. Doch Obacht: Die Pauschale gilt nur für die Tage, an denen der Steuerpflichtige keine andere betriebliche/berufliche Betätigungsstätte aufsucht. Sie wird auch nicht tätigkeitsbezogen vervielfacht und auch nicht zusätzlich zur geltenden Arbeitnehmer-Werbungskostenpauschale gewährt – sondern geht in ihr auf.

Schönheitsfehler des § 7g EStG behoben: Gewinngrenze steigt auf 200.000 €

Einem umfangreichen „Bodylift“ mussten sich die Regelungen zu den Investitionsabzugsbeträgen im Zuge des Jahressteuergesetzes 2020 unterziehen: Das Herzstück der gesetzlichen Norm, die Betriebsgrößengrenzen, wurde abgeschafft und eine einheitliche Gewinngrenze von 200.000 € eingeführt. Damit dürften nun auch zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – und damit die Zielgruppe des § 7g EStG – weiterhin von der steuerlichen Begünstigung profitieren. Hierfür hatte sich der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens mit Nachdruck eingesetzt. Denn viele kleine Unternehmen hätten bei der ursprünglich von der Bundesregierung geplanten Gewinngrenze von 150.000 € das Instrument zur Investitionsförderung nicht mehr nutzen können.

Neben der Anhebung der Investitionsabzugsbeträge von bislang 40 % auf 50 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten macht auch die Erweiterung des Anwendungsbereichs um vermietete Wirtschaftsgüter die Regelung attraktiver.

Dennoch, ein paar Makel bleiben: Neue Beschränkungen bei der Hinzurechnung von Investitionsabzugsbeträgen bei Personengesellschaften wirken stark einengend. Sie senken die Flexibilität der Norm deutlich.

Auch dass die gesetzlichen Änderungen bereits im Veranlagungszeitraum 2020 zur Anwendung kommen, lässt nicht alle Unternehmeraugen leuchten. Denn für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen soll die neue einheitliche Gewinngrenze bereits dann Anwendung finden, wenn die Investition 2020 vorgenommen wird. Anders verpackt: Es ist möglich, dass kleine und mittlere Unternehmen, die zum 31.12.2019 die Größengrenzen beachtet haben, die Sonderabschreibung dennoch nicht nutzen können. Diese Gefahr besteht, wenn die Unternehmen 2020 einen höheren Gewinn als 200.000 € erzielen. In diesem Fall macht ihnen die Anknüpfung an die neue Gewinngrenze in Kombination mit dem Anwendungszeitpunkt einen Strich durch die Rechnung.

Zusätzlichkeitserfordernis gesetzlich verankert

Auf so manche Kleingeschenke kann man gut verzichten. Was für die einen die grünen Socken von Tante Elfriede, ist für die anderen die gesetzliche Verankerung des sog. Zusätzlichkeitserfordernisses. Laut Gesetzgeber ist es lediglich eine Klarstellung für das gesamte Einkommensteuergesetz, dass nur echte Zusatzleistungen des Arbeitgebers steuerbegünstigt sind. Als „Beschenkter“ hegt man berechtigterweise so seine Zweifel, ob nicht doch noch mehr dahintersteckt.

Fakt ist: Mit diesen Änderungen überschreibt der Gesetzgeber teilweise die BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 01.08.2019, Az. VI R 32/18), wonach auch ein arbeitsvertraglich vereinbarter Lohnformenwechsel als nicht begünstigungsschädlich gilt. Die Neuregelung greift zudem rückwirkend für das Jahr 2020. Hierdurch dürften einige der im Jahr 2020 von Arbeitgebern zusätzlich steuerfrei gewährten – und bereits abgerechneten – Zusatzleistungen korrigiert werden müssen, sollten sie nicht die Anforderungen der Zusätzlichkeit erfüllen. Bürokratischer Mehraufwand und Nachversteuerungen inklusive – echtes Schrottwichteln macht da mehr Freude!

Verlängert: Steuerfreie Corona-Sonderzahlungen bis zum 30.6.2021 möglich

Der ursprüngliche November-Lockdown „light“ wurde verlängert. Nun zieht der Gesetzgeber im Jahressteuergesetz 2020 erfreulicherweise auch beim sog. „Corona-Bonus“ nach. Noch bis zum 30.6.2021 können Arbeitgeber ihren besonders beanspruchten Arbeitnehmern den steuer- und sozialversicherungsfreien Zuschuss in Höhe von maximal 1.500 € gewähren. Voraussetzung ist, dass die Zahlung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt. Neben Zuschüssen können auch steuerfreie Sachbezüge geleistet werden. Die Verlängerung verschafft den Arbeitgebern deutlich mehr Zeit für eine steuerbegünstigte Abwicklung. Sie führt jedoch ausdrücklich nicht dazu, dass im ersten Halbjahr 2021 nochmals 1.500 € gezahlt werden können, wenn bereits 2020 eine Auszahlung erfolgte.

Stärkung des ehrenamtlichen Engagements

Auch für die ehrenamtlich engagierten Bürger liegt ein kleines Geschenk im Jahressteuersäckchen. Mit Wirkung zum 1.1.2021 wird der Ehrenamtsfreibetrag von 720 € auf 840 € angehoben. Diese Pauschale kann für jede Tätigkeit für gemeinnützige Vereine, kirchliche oder öffentliche Einrichtungen in Anspruch genommen werden, wie z.B. als Vereinsvorstand oder Schatzmeister, aber auch als ehrenamtlich tätiger Schiedsrichter im Amateurbereich. Zugleich steigt die Übungsleiterpauschale, z.B. für Ausbilder, Erzieher oder für die Pflege behinderter, kranker oder alter Menschen, von 2.400 € auf 3.000 €. Voraussetzung in beiden Fällen: Die Tätigkeit dient der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke und wird lediglich nebenberuflich ausgeübt. Außerdem zu beachten: Wurde für eine Tätigkeit bereits die Ehrenamtspauschale gewährt, darf für dieselbe Tätigkeit keine Übungsleiterpauschale mehr in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch im umgekehrten Fall.

Ende mit Ausblick: Steuerfreie Neuorientierung für ausscheidende Arbeitnehmer

Wenn Arbeitnehmer aus dem Unternehmen ausscheiden (müssen), ist das oft für beide Seiten kein einfacher Schritt. Mit einer gesetzlichen Klarstellung im Jahressteuergesetz 2020 soll dieser Weg nun etwas gangbarer werden. Weiterbildungs- und Beratungsleistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung von einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung für ausscheidende Arbeitnehmer bleiben künftig steuerfrei.

Einfach mehr Spenden: Vereinfachter Zuwendungsnachweis bis 300 € möglich

Grundsätzlich gilt: Spenden und Mitgliedsbeiträge zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke können als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden. Der Betrag, bis zu dem ein vereinfachter Zuwendungsnachweis möglich ist, wird mit dem Jahressteuergesetz 2020 nunmehr von 200 € auf 300 € angehoben. D.h. für Spenden, die diesen Betrag nicht übersteigen, genügt dem Finanzamt die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts, wie der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking.

Neuregelung zur verbilligten Wohnraumüberlassung – Bürokratiemonster inklusive

Das Jahressteuergesetz 2020 machts möglich: Künftig dürfen Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen in voller Höhe ihre Werbungskosten abziehen, auch wenn die tatsächliche Miete nur gut 50 % der ortsüblichen Miete beträgt. Leider wird mit dieser Neuregelung ein unlängst bezwungenes Bürokratiemonster wieder zum Leben erweckt: Beträgt die tatsächliche Miete nämlich zwischen 50 % und 66 % der ortsüblichen Miete, ist (wieder) eine Totalüberschussprognoseprüfung vorzunehmen. Fällt diese Prüfung positiv aus, ist für die verbilligte Wohnraumüberlassung die Einkünfteerzielungsabsicht zu unterstellen und der volle Werbungskostenabzug möglich. Anderenfalls bedarf es einer Aufteilung der Nutzungsüberlassung in einen entgeltlich und einen unentgeltlich vermieteten Teil. In diesem Fall können lediglich die auf den entgeltlich vermieteten Teil der Wohnung entfallenden Werbungskosten von den Mieteinnahmen abgezogen werden.

Blick nach vorn: Anhebung der Freigrenze für Sachbezüge und des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende

„Was Du heute kannst besorgen, …“ das regelt der Gesetzgeber auch gerne erst für morgen. Und so kommt es, dass die monatliche Freigrenze für Sachbezüge im Jahressteuergesetz zwar von aktuell 44 € auf 50 € angehoben wird. Die Neuregelung tritt jedoch erst mit Wirkung zum 1.1.2022 in Kraft.

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende hingegen wurde bereits begrenzt auf die Kalenderjahre 2020 und 2021 auf 4.008 € angehoben. Mit dem Jahressteuergesetz wird diese Anhebung nun entfristet und bleibt Alleinerziehenden auch ab dem Veranlagungszeitraum 2022 erhalten.

Was außerdem vom Gesetzgeber „verschnürt“ wurde…

Überraschend haben auch vereinzelte Neuregelungen des Gemeinnützigkeitsrechts den Weg ins Jahressteuergesetz 2020 gefunden. Hierzu zählen beispielsweise die Abschaffung der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung für kleine steuerbegünstigte Körperschaften.

Das Gewerbesteuergesetz erfährt eine gesetzliche Ergänzung zur Anwendung des § 8d KStG auf gewerbesteuerliche Fehlbeträge.

Im Umsatzsteuergesetz sind Verschärfungen im Falle einer verspäteten Umsatzsteuer-Vorauszahlung enthalten. Künftig kann die Unternehmer bei Fristversäumnissen ein Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 € treffen.

Das Einkommensteuergesetz enthält u.a. eine Anhebung der verrechenbaren Verluste aus Termingeschäften und dem Forderungsausfall auf 20.000 €.

Ein Potpourri an Neuregelungen quer durch den Gesetzestexte-Garten – ganz so, wie es sich für ein richtiges Jahressteuergesetz ziemt.

Bei weiteren Fragen zu den Neuregelungen des Jahressteuergesetzes 2020 wenden Sie sich bestenfalls an einen Steuerexperten in Ihrer Nähe. Nutzen Sie hierfür den Steuerberater-Suchservice des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. unter: www.steuerberater-suchservice.de.

Über Steuerberater-Verband e.V. Köln

Der Steuerberater-Verband e.V. Köln wurde am 12. November 1947 gegründet. Heute sind über 3.400 Angehörige der steuerberatenden und prüfenden Berufe, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, vereidigte Buchprüfer, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und entsprechende Gesellschaften Mitglieder des Verbandes.

Der Einzugsbereich des Steuerberater-Verbandes e.V. Köln entspricht dem Bezirk des Regierungspräsidenten Köln. Der Verband gliedert sich in die folgenden zehn Bezirke: Aachen, Bonn, Düren-Jülich, Euskirchen-Schleiden, Köln, Oberberg, Rheinisch-Bergischer-Kreis, Rhein-Erft-Kreis, Selfkant und Siegburg. Er ist neben weiteren 15 Landes- bzw. Regionalverbänden Mitglied im Deutschen Steuerberaterverband e.V., der in Berlin ansässigen Spitzenorganisation des steuerberatenden Berufs auf privatrechtlicher Ebene.

Der Verband bietet über seine Tochtergesellschaft, der Akademie für Steuer- und Wirtschaftsrecht, umfangreiche Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten an, die einerseits den Berufsnachwuchs betreffen, andererseits insbesondere auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Mitglieder des Verbandes zugeschnitten sind. Die Akademie führt nicht nur Lehrgänge für angehende Steuerberater durch, sondern auch für die Qualifizierung der Mitarbeiter.

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