TKG-Novelle: Der richtige Rahmen für Generation Glasfaser sieht anders aus
Auch der BMJV-Entwurf des Gesetzes für faire Verbraucherverträge, der heute ebenfalls vom Kabinett beschlossen wurde, betrifft die Telekommunikationsbranche: Zukünftig werden alle Verträge nach Ablauf der anfänglichen Vertragslaufzeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von nur einem Monat kündbar sein. „Wir tragen diese kundenfreundliche Neuregelung in vollem Umfang mit“, betont Grützner. Völlig unverständlich ist jedoch für die TK-Branche, dass zukünftig Zweijahresverträge nur rechtsverbindlich sein sollen, wenn zu jeder Vertragsvariante – und das sind vielfach weit über 100 je nach Unternehmen – parallel Einjahresverträge aktiv angeboten werden müssen, selbst wenn diese für die Kunden unattraktiv sind. Das verwundert kaum, denn die Konditionen sind bei Zweijahresverträgen einfach besser, insbesondere, wenn neue Smartphones, schnellere Router etc. mit dabei sind. Eine völlig unsinnige neue bürokratische Hürde und ein derart massiver staatlicher Eingriff in die Vertragsfreiheit verteuert die von den Kunden besonders geschätzten Bundle-Verträge mit subventioniertem Endgerät. Genau diese hatte sogar Stiftung Warentest1 als durchaus vorteilhaft für die Verbraucherinnen und Verbraucher beschrieben. Die geplante staatliche Vorgabe, dass zudem die monatlichen Zahlungen bei Einjahresverträgen nicht mehr als 25 Prozent teurer sein dürfen, entbehrt aus Sicht des VATM ebenfalls jeder Rechtsgrundlage.
Genauso willkürlich und unverständlich ist die vom Staat im Telekommunikationsgesetz (TKG) vorgesehene verordnete Vereinheitlichung der Preishöchstgrenzen für die Nutzung der Service-Dienste über Fest- und Mobilfunknetz. „Das entbehrt jeder marktwirtschaftlichen Grundlage. Die Regeln zur Preishöchstgrenze sollen Preistransparenz zugunsten der Anruferinnen und Anrufer ermöglichen, dürfen aber nicht zur Einführung staatlicher Einheitspreise in unserer Marktwirtschaft missbraucht werden“, kritisiert Grützner. Auch viele weitere Vorschriften im Entwurf, die vorgeblich dem Verbraucherschutz dienen sollen, würden statt Nutzen ebenfalls lediglich mehr neue Bürokratie bringen, neue innovative Geschäftsmodelle erschweren und bestehende gefährden. In vielen Fällen sind Regelungen definitiv nicht mit der aus Brüssel vorgegebenen Vollharmonisierung vereinbar und stellen dieses so wichtige Ziel in Frage.
Zudem geht die Deregulierung bei der Zugangsregulierung aus Sicht des VATM zu weit. Ein zukünftig noch weitergehender Verzicht auf Regulierung gegen bloße Zugangszusagen der Telekom zu ihrem Netz sei so nicht im europäischen Rechtsrahmen vorgesehen. „Einmal getroffene Deregulierungsentscheidungen führen ansonsten zu unvorhersehbaren Wettbewerbsverzerrungen und irreparablen Schäden“, warnt der VATM-Geschäftsführer. Gleichzeitig wird der ausdrücklich geforderte Zugang zur passiven Infrastruktur der Telekom nicht vollständig umgesetzt. Brüssel habe die Nutzung der vielen tausend Kilometer Kabelkanäle aus Monopolzeiten der Telekom als wichtigen Hebel für einen schnelleren Gigabit- und 5G-Ausbau klar im Auge gehabt.
Die in erster Linie durch Wettbewerber der Deutschen Telekom getriebene Glasfaser-Offensive in Deutschland würde aus Sicht des VATM durch Unsicherheiten im Regulierungsrahmen ausgebremst werden. Bis heute sind 70 Prozent der in Deutschland gebuchten FTTB/H-Anschlüsse (Glasfaser bis zum Gebäude/zur Wohnung) von den Wettbewerbern gebaut worden.2 Die Migration vom alten Kupfernetz zur hochmodernen Glasfaser und ihre Planung sind in dem Entwurf nicht ausreichend verankert. „Die vorgesehene Regelung ist nur rudimentär und stellt einseitig auf die Migrationsstrategie der Telekom ab. Das Tempo beim Glasfaserausbau bestimmen aber klar die Wettbewerber“, betont VATM-Geschäftsführer Grützner. „Es darf nicht passieren, dass wir den Unternehmen durch ungerechtfertigte Preissteigerungen Investitionsmittel entziehen oder den Wettbewerb abwürgen, den die deutsche Wirtschaft zu Recht auch zukünftig auf Glasfasernetzen erwarten darf. Wir brauchen einen verlässlichen Regulierungsrahmen und Preisstabilität bei der langen Phase der Migration auf Glasfasernetze“, mahnt Grützner.
Die VATM-Kernforderungen zum Referentenentwurf der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TK-MoG-E) stehen Ihnen hier zur Verfügung.
1 Stiftung Warentest: „Günstiger zum Handy“, 11/2019, S. 39.
2 DIALOG CONSULT/VATM: TK-Marktstudie Deutschland 2020
Dem VATM gehören die größten deutschen Telekommunikationsunternehmen an, insgesamt rund 120 auch regional anbietende Netzbetreiber, Diensteanbieter aber auch Zulieferunternehmen. Die VATM-Mitgliedsunternehmen versorgen 80 Prozent aller Festnetzkunden und nahezu alle Mobilfunkkunden außerhalb der Telekom. Seit der Marktöffnung im Jahr 1998 haben die Wett-bewerber im Festnetz- und Mobilfunkbereich Investitionen in Höhe von rund 89 Mrd. € vorgenommen. Sie investieren auch am stärksten in den zukunftssicheren Glasfaserausbau direkt bis in die Häuser.
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