Ein Iron-Man-Anzug für alle
AALEN Exoskelette sind Stützstrukturen, die durch mechanische Komponenten die Leistung und Kraft des Trägers steigern. Also quasi Roboter zum Anziehen. Sie sollen vor allem Angestellte in Industrie und Handwerk bei schwerer körperlicher Arbeit unterstützen. Denn laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sind Muskel- und Skeletterkrankungen in Deutschland die häufigste Ursache von Arbeitsunfähigkeit und vorzeitiger Erwerbsunfähigkeit.
Der Antrieb ist die teuerste Komponente Exoskelette mit elektromechanischem Antrieb haben aktuell einen Nachteil: sie sind nur von einer Person nutzbar und für einen speziellen Arbeitseinsatz verwendbar und damit sehr teuer in der Anschaffung. Der Antrieb ist dabei die teuerste Komponente. Hier arbeiten Forschende der Hochschule Aalen an einer revolutionären Lösung. Das Team um Prof. Dr. Matthias Haag, Leiter des Robotiklabors, konstruiert die mechanischen und elektrischen Komponenten für ein Exoskelett im Baukastensystem. Dadurch könnten die Exoskelette individuell zusammengesetzt und von verschiedenen Personen für unterschiedliche Aufgaben genutzt werden. Die Erforschung erfolgt im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes LEVIAKTOR gemeinsam mit der Technischen Universität Ilmenau Biomechatronik, Friedrich-Schiller-Universität Jena, BM Innovations GmbH, Orthopädietechnik Gottinger, LSK Engineering Services GmbH, und der Firma Schunk. Standardisierte Bauteile wie Lager, Getriebe und Motoren werden zu einem skalierbaren Antriebssystem zur Unterstützung von Schulter und Ellenbogen kombiniert. "Wir spielen quasi Lego-Technik", erklärt Johannes Wanner, während er die Tauglichkeit bereits montierter Antriebseinheiten auf einem speziell entwickelten Prüfstand untersucht. "Wir suchen den kleinstmöglichen Motor für ein möglichst leichtes Antriebssystem."
Innovativ: Das Exoskelett wird von mehreren Personen genutzt
Das Exoskelett besteht aus einer harten Außenschale und einem weichen Inlett. Die Außenschale nimmt die Kräfte des Antriebs auf und leitet diese an das Inlett weiter. Dieses wird individuell für jede Person hergestellt, damit es möglichst angenehm zu tragen ist. Die Außenschale wird in drei Standardgrößen für unterschiedliche Körperstaturen hergestellt. So muss ein Unternehmen beispielsweise nur noch eine Außenschale in Größe S und eine in Größe L anschaffen. Durch das Schalenprinzip können sich mehrere Arbeiter der gleichen Körperstatur ein Exoskelett teilen. Durch die Verwendung ähnlicher Antriebe für Schulter, Ellenbogen etc. können diese wirtschaftlich hergestellt und individuell auf entsprechende Tätigkeiten angepasst werden. Der Modulbaukasten, aus dem die unterschiedlichen Antriebe zusammengesetzt werden können, soll so gut funktionieren, dass jeder Orthopädietechniker hochwertige, für Unternehmen erschwingliche und flexibel einsetzbare Exoskelette vertreiben kann. "Damit unser Exoskelett akzeptiert wird, schneiden wir es auf die Bedürfnisse der Nutzer zu und sorgen zum Beispiel für einen hohen Tragekomfort, eine einfache Bedienung sowie die Möglichkeit zur Integration eines Sicherheitssystems. Wir müssen einen robusten, konturnahen und leichten Aufbau erreichen", erklärt Professor Haag.
Funktionstests sind abgeschlossen
"Unsere Probandentests sind vorerst abgeschlossen und die Ergebnisse sind ausgewertet. Für die technischen Eigenschaften optimieren wir aktuell die letzten Feinheiten am Versuchsstand", erklärt Wanner, der in Kooperation mit der TU Dresden an der Hochschule Aalen promoviert. Verschiedene Prototypen der Antriebseinheiten sind bereits vorhanden und werden jetzt vom Forscherteam des Robotiklabors weiterentwickelt. Die Schalen werden parallel von Orthopädietechnikern konstruiert. Ein vollständiger Prototyp des Exoskeletts wird voraussichtlich bis Mitte des Jahres fertiggestellt werden.
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