Gesundheit & Medizin

Bei Lungenkrebs gilt: Keine Zeit verlieren

Studien belegen: Eine verspätete Behandlung wirkt sich bei sämtlichen Krebstherapien negativ aus, Früherkennung und rasche Therapieeinleitung sind entscheidend. Doch was tun, wenn die Diagnostik nicht ganz einfach ist und aufgrund der Pandemie Verzögerungen an der Tagesordnung sind? Asklepios Lungenklinik Gauting informiert anlässlich des Weltkrebstages am 4. Februar zum Thema Lungenkrebs.

Die Diagnose Lungenkrebs erhalten pro Jahr etwa 55 000 Deutsche, meist wird die Erkrankung in einem späten Stadium erkannt. Das Problem: Es gibt nicht den einen Lungenkrebs, sondern viele unterschiedliche Arten, die – je nach Lage in der Lunge – keine charakteristischen oder gar keine Symptome verursachen. Auch gibt es kein Früherkennungsprogramm, das in der Breite anwendbar ist. PD Dr. Niels Reinmuth, Chefarzt der Abteilung für thorakale Onkologie der Lungenklinik Gauting und Leiter des Lungentumorzentrums München ist dennoch zuversichtlich: „Wir stehen trotz allem nicht mit dem Rücken zur Wand, im Gegenteil, wir haben dem Lungenkrebs den Kampf angesagt und können erfreulicherweise gute Fortschritte verzeichnen“.

Früherkennung – Zeit als wichtigste Komponente

Studien zufolge ist die Dauer zwischen Diagnose und Therapiebeginn besonders entscheidend. Schon vier Wochen Verzögerung können negative Auswirkungen für den Behandlungserfolg haben. Bis heute sind die Möglichkeiten der Früherkennung begrenzt – die bisher geprüften Untersuchungen sind belastend und nicht ohne Risiko.

„Wir haben zu Beginn der Pandemie einen Patientenrückgang in den Notaufnahmen feststellen können. Auch andere Fachbereiche wie Kardiologie oder Neurologie haben deutlich weniger Patienten mit akuten Symptomen vermeldet. Das ist auch für die onkologische Versorgung besorgniserregend, denn die Mehrheit der Lungenkarzinome werden per Zufallsbefund entdeckt. Meist fallen Veränderungen, sogenannte Lungenrundherde, bei einer Untersuchung anderer Fachbereiche auf oder Blutmarker geben Hinweise auf einen Krebsverdacht, der eine weitere Abklärung verlangt“, so PD Dr. Reinmuth. „Unklare, neu auftretende Symptome sollten möglichst bald abgeklärt werden, denn coronabedingt ist an sich schon ein Verzögerungspotential vorhanden. Wenn eine ernsthaftere Erkrankung dahinter steckt, ist Zeit eine der wichtigsten Faktoren“.

„Die Diagnostik bei Lungenkrebs findet mit Hilfe von bildgebenden Verfahren wie Röntgenaufnahmen oder CTs statt, die aufgrund der Strahlenbelastung nicht für breiten Einsatz geeignet sind. Es ist ein Balanceakt: Viele Untersuchungsmethoden sind zu ungenau: Der Anteil übersehener bösartiger Lungentumoren ist zu hoch. Andere Verfahren sind wiederum zu empfindlich: Sie lösen zu oft einen unbegründeten Krebsverdacht aus, was zu unnötigen und für die Betroffenen belastenden Folgeuntersuchungen oder Behandlungen führt“. Bei Risikogruppen ist das allerdings anders.

„Für Risikogruppen, meist langjährige Raucher, gibt es Screening-Verfahren wie die Niedrig-Dosis-Computertomographie (low-dose-CT), die vielversprechend sind und gute Ergebnisse in Studien zeigen. In Deutschland ist das Screening noch nicht zugelassen, in den Asklepios-Kliniken Gauting laufen aber bereits jetzt Besprechungen, wie man es sofort nach der Zulassung umsetzen könnte.“

Therapie – Aus Nachteil wird Vorteil

„Kein Lungenkrebs gleicht dem anderen. Diese große Heterogenität können wir erfreulicherweise auch zunehmend therapeutisch nutzen. So bieten wir als Studienzentrum mittlerweile auch zielgerichtete, neue Therapien für Patienten an, die an Lungenkarzinomen mit seltenen genetischen Veränderungen erkrankt sind. Wichtig ist dabei der frühe Kontakt direkt nach Diagnosestellung“, so der Onkologe. Vielversprechend sind laut dem Leiter des Lungentumorzentrums München primär drei Neuerungen im Bereich der Gen-, Tabletten und Immuntherapie: „Bei 15 bis 20 Prozent der Lungenkrebspatienten – unter den Nie-Rauchern sogar 50 Prozent – wurden molekulare Veränderungen entdeckt, die eine Therapie mit Tabletten oder auch Antikörper-Infusionen möglich machen. Die Therapie ist enorm erfolgreich, wirksamer als Chemo und natürlich wesentlich besser verträglich.“ Entscheidend: Nicht nur die Lebensqualität verbessert sich, sondern auch die Lebensdauer. Mit den Tablettentherapien hat ein Patienten mit nicht kleinzelligem Lungenkarzinom und Metastasen eine Lebenserwartung von weit über fünf Jahren. Mit normaler Chemo liegt sie bei zehn bis 14 Monaten.

Eine weitere Revolution ist die Immuntherapie, die gerade auch bei Rauchern funktioniert. Dabei wird nicht der Tumor, sondern das Immunsystem behandelt. „Vereinfacht gesagt geht es darum, dass die neuen Therapien den Tarnmechanismus der Tumorzelle „Immunsystem, ich bin dein Freund, deshalb bekämpfst du mich nicht“ ausschalten. Das Ergebnis ist, dass die T-Zellen des Immunsystems den Tumor wieder bekämpfen“, erklärt PD Dr. Reinmuth. Es hängt aber ganz vom individuellen Tumor ab, welche neuen Therapien zum Einsatz kommen können. Der Chefarzt der thorakalen Onkologie betont: „Forschung ist unsere wichtigste Waffe in diesem Kampf gegen den Krebs. Durch das Angebot möglichst vieler klinischer Studien versuchen wir unseren Patienten schon heute neue Therapieverfahren anbieten zu können, die möglicherweise dann die Standardtherapie der Zukunft werden. So haben unsere Patienten idealerweise die Auswahl: Zwischen dem besten Standard von heute oder den hoffnungsvollen Therapien der Zukunft“.

Über ASKLEPIOS Fachkliniken München-Gauting

Die Gautinger Lungenklinik ist bayernweit das erste anerkannte Zentrum für Atemwegs-, Lungen- und Thoraxmedizin (ZALT). Mit 268 Betten und jährlich über 10.000 stationär behandelten Patienten ist sie die größte Lungenklinik in Bayern und zählt zu den fünf führenden Lungenkliniken bundesweit. Die Fachklinik ist Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München und Gründungsmitglied des Comprehensive Pneumology Centers (CPC) sowie eine der wenigen außeruniversitären Lungenkliniken im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL). Die Spezialisten der Pneumologie, Thoraxchirurgie sowie Intensiv-, Schlaf- und Beatmungsmedizin sind deutschlandweit bekannt und mehrfach ausgezeichnet – zuletzt vom Nachrichtenmagazin Focus 2021 als "Top nationale Klinik für Lungenkrebs" und "Top regionales Krankenhaus".

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