Ein durchwachsenes Jahr 2020 für den regionalen Immobilienmarkt
„Es hat sich bewahrheitet, was wir bereits im vergangenen Jahr haben kommen sehen. Der Wirtschaftsraum Hannover ist bei Krisen – das hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt – besonders stabil. Doch ein weltweites Krisenjahr wie 2020 geht auch an der Region Hannover nicht spurlos vorbei. Zumal die Fallhöhe bei uns in allen Teilmärkten aufgrund des außergewöhnlich guten Vorjahres besonders hoch war“, bilanziert Wirtschaftsdezernent der Region Hannover, Ulf-Birger Franz. Die üblichen Marktdaten, die im Normalfall zur Bewertung des abgelaufenen Jahres herangezogen werden, bieten aufgrund der weltweiten Sondersituation nur eine bedingte Aussagekraft. „Es ist daher besonders wichtig, die aktuellen Entwicklungen auf dem hannoverschen Immobilienmarkt auf Basis verlässlicher Daten und Meinungen regional tätiger Akteure abschätzen und einordnen zu können. Wir gewährleisten damit auch in dieser schwierigen Zeit Transparenz und Orientierung für den Immobilienmarkt“, so Hannovers Erste Stadträtin und Wirtschafts-und Umweltdezernentin Sabine Tegtmeyer-Dette.
Investmentmarkt
Die Ausgangslage: 2019 war mit einem Investmentvolumen von rund einer Milliarde Euro in der Region Hannover ein Rekordjahr, die Immobilienbranche schaute zuversichtlich auf das Jahr 2020. Entsprechend verheißungsvoll verlief das erste Quartal 2020. So war kurz vor Beginn des ersten Corona-bedingten Shutdowns davon auszugehen, dass das Jahresergebnis 2020 wieder ein ähnliches Niveau wie in den vorangegangenen Rekordjahren erreichen könnte – es ist anders gekommen. Mit letztlich rund 710 Millionen Euro liegt das Investmentvolumen im Jahr 2020 deutlich unterhalb des langjährigen Mittels von rund 765 Millionen Euro pro Jahr. Ein Mittelwert, der allerdings maßgeblich durch die starken Jahre 2018 und 2019 geprägt ist.
Hoffnung macht Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter des auf Immobilien spezialisierten Analysehauses bulwiengesa. Er ist sich im deutschen Standortvergleich sicher: „In der Gesamtheit betrachtet fallen die Kennzahlen des Hannoveraner Immobilienmarkts 2020 zwar etwas schlechter aus als im Rekordjahr 2019. Mit Ausnahme des Hotelinvestmentmarkts haben sich die Teilmärkte aber vor dem Hintergrund der Krise vergleichsweise robust gezeigt. Auf dieser Basis lässt sich für den Immobilienmarkt der Region Hannover konstatieren: ‚Das Glas ist dreiviertel voll‘. Die Region Hannover bleibt für alle Marktakteure ein nachgefragter und spannender Entwicklungs- und Investitionsstandort.“
Büro
Die Jahresbilanz des Büroimmobilienmarkts weist einen deutlichen Rückgang auf. Der Büroflächenumsatz lag Ende 2020 bei rund 145.000 Quadratmeter – ein Minus von rund 27 Prozent (53.000 Quadratmeter). Im Vergleich zum fünfjährigen Mittel von rund 160.000 Quadratmeter pro Jahr sind die Flächenumsätze damit nach zwei starken Jahren leicht unterdurchschnittlich. Auch die Spitzenmieten haben nachgegeben und liegen jetzt bei 17 Euro pro Quadratmeter – ein Minus von 1 Euro. Mit Blick auf die Investments gingen die Umsätze im Vergleich zum vorangegangenen Rekordjahr um mehr als die Hälfte zurück – von 545 Millionen auf 260 Millionen Euro. Insgesamt knüpft der Büromarkt damit an das Niveau vor den Rekordjahren 2018 und 2019 an.
„Trotz Corona ist das unterm Strich immer noch ein verhältnismäßig gutes Jahr für den Büromarkt Hannover“, zieht Andreas Schulten Bilanz.
Auch ohne die beherrschende Corona-Thematik bleibt der Anlagedruck nationaler und internationaler Investoren auf dem deutschen Immobilienmarkt hoch. Das sichert Chancen für Investments am Standort Region Hannover. Die Marktakteure in Hannover bereiten sich mit dem gebotenen Optimismus auf die Zeit nach der Pandemie vor.
Logistik und Industrie
Die Logistikwirtschaft ist in dieser Krise stark gefordert, das zeigt sich auch mit Blick auf den Immobilienmarkt. Die teilweise Schließung des stationären Einzelhandels führte anfangs zu einer kurzfristig stark erhöhten Nachfrage nach Lösungen zur Lagerung von Waren, die nicht an den Handel ausgeliefert werden konnten. Gleichzeitig verzeichneten Onlinehändler einen starken Anstieg von Bestellungen. Auch in der Region Hannover hatte diese Entwicklung einen erhöhten Lagerflächenbedarf zur Folge, die starke Belastung der Infrastrukturen im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste hält bis heute an. Für Immobilien und logistische Infrastrukturen, die vor allem für Industrielogistik ausgelegt sind, ist die Lage zwar angespannt und hat insbesondere die Automotive-Branche stark getroffen. Dennoch waren auch in diesem Bereich Projektentwickler und Unternehmen aktiv. Bei Logistik- und Industrieimmobilien wurden 2020 wieder Rekordumsätze von rund 410.000 Quadratmetern Hallenfläche registriert – ein Plus von 8 Prozent beziehungsweise 30.000 Quadratmetern. Die Mieten blieben mit 5,20 Euro pro Quadratmeter weitgehend stabil.
„In der Krise erweist sich die Logistikwirtschaft nicht nur auf dem Immobilienmarkt stark und stabilisierend, sondern verdeutlicht auch ihre branchenübergreifende Bedeutung für die regionale Wirtschaft, insbesondere für die Bereiche Handel und Industrie“ so Wirtschaftsdezernent Franz.
Die Marktakteure blicken daher optimistisch auf das Jahr 2021. Der Leerstand ist so gering wie seit Jahren nicht mehr und die Vermietungschancen werden ausnahmslos als gut bis sehr gut eingeschätzt.
Wohnen
Nach einer kurzen Corona-Flaute, die vermutlich eher einer allgemeinen Unsicherheit zu Beginn des ersten Shutdowns geschuldet war, zeigt sich der Wohnimmobilienmarkt krisenfest und unbeeindruckt von den Auswirkungen der Corona-Pandemie. War vor der Krise vor allem mit Blick auf hochpreisige Angebote eigentlich eine Stabilisierung der Kauf-und Mietpreise erkennbar, so bestätigt sich aus Sicht der Marktakteure dieser Eindruck zum Ende des Jahres 2020 nicht.
Die Coronakrise führt derzeit nicht zu einer gedämpften Nachfrage und einem Rückgang der Preise auf dem Wohnimmobilienmarkt – im Gegenteil. Es ist sogar eher ein gestiegenes Interesse an Wohnraum zu beobachten. Die überwiegende Mehrheit der regionalen Marktakteure sieht aktuell keinen negativen Einfluss der Pandemie auf die laufenden und geplanten Projekte.
Einzelhandel
Der Jahresstart 2020 verlief positiv, die Nachfrage, zu großen Teilen auch durch gastronomische Konzepte in klassischen Handelslagen, war gut. Die Schließungen, die mit den Shutdowns im Frühjahr und im Winter für den Einzelhandel und die Gastronomie einhergingen, haben in den klassischen Handelslagen der Innenstädte der Landeshauptstadt und der Umlandkommunen ab März 2020 zu einer beispiellosen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation im Handel und der Gastronomie geführt. Dies hat auch für die Eigentümer der Immobilien spürbare und nachhaltig Folgen. Wie stark die negativen Effekte ausfallen und wie lange sie anhalten werden, ist derzeit kaum abschätzbar und hängt vom weiteren Verlauf der Pandemie ab.
„Die Situation im Einzelhandel und für die Gastronomie ist im Moment außergewöhnlich. In Hannover gibt es vielfältige Initiativen des Handels und der öffentlichen Hand, wie zum Beispiel „Gemeinsam für Hannover“, die neue Wege zwischen Kund*innen und dem Handel eröffnen und von der Bevölkerung gut angenommen werden. Zudem haben wir mit kommunalen Soforthilfen schnell auf die Situation reagiert. Wir hoffen, dass die aufgrund der Pandemie angeordneten Maßnahmen bald zum gewünschten Erfolg führen und die betroffenen Branchen zeitnah öffnen dürfen“, äußert sich Sabine Tegtmeyer-Dette hoffnungsvoll mit dem Blick auf die kommenden Monate. Zudem weist sie auf ein Vorhaben der Stadtverwaltung mit mittelfristiger Ausrichtung hin: „Wir werden uns in den nächsten Monaten intensiv mit der Innenstadt, ihren Funktionen und mit der Frage beschäftigen, wie sich die Innenstadt zukunftsfähig entwickeln muss. Damit werden wir auch wichtige und positive Impulse für die Immobilienwirtschaft geben.“
Hotel
Hannovers Tourismus ist 2020 – wie überall in Deutschland – dramatisch eingebrochen. Mit voraussichtlich nur rund zwei Millionen Übernachtungen in Stadt und Umland lag die touristische Nachfrage im abgelaufenen Jahr auf dem Niveau der 1990er Jahre. Insbesondere für die Hotelbetriebe der Landeshauptstadt spiegelt sich die Lage mit nur rund 1 Million Gästen im vergangenen Jahr in einer extrem niedrigen Auslastung und stark gesunkenen Erlösen wider. Dementsprechend ist die wirtschaftliche Lage vieler Betriebe stark angespannt, wobei bisher keines der größeren Häuser seinen Betrieb dauerhaft einstellen musste.
Alle regionalen Marktakteure erwarten, dass vor allem die Hotellerie und damit der Hotelimmobilienmarkt am längsten brauchen wird, um die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen. Alle Akteure – auch aus der Hotel- und Veranstaltungswirtschaft – wollen aber sicherstellen, dass der Standort Hannover bereit ist, sobald die Gäste- und Veranstaltungszahlen wieder anziehen.
Der Immobilienmarktbericht
Der Immobilienmarktbericht wurde von der Region Hannover gemeinsam mit der Landeshauptstadt und weiteren 25 Partnern aus der regionalen Immobilienwirtschaft erarbeitet. Seit 2004 arbeitet die Projektgruppe mit der bulwiengesa AG zusammen.
Aufgrund der Corona-Pandemie werden die Ergebnisse der Immobilienmarktexpertinnen und -experten in diesem Jahr bereits zu Jahresanfang in einer aktualisierten und ergänzten Kurzversion veröffentlicht. Die aktualisierte und ergänzte Version des Immobilienmarktbericht 2020 steht ab sofort zum Download zur Verfügung unter www.wirtschaftsfoerderung-hannover.de und www.immobilienmarktbericht-hannover.de.
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