Geschlechtergerechtigkeit – Großer Nachbesserungsbedarf beim Referent*innenentwurf zum Lieferkettengesetz
Der Kompromiss hätte ein Meilenstein im internationalen Kampf für Geschlechtergerechtigkeit sein können. Doch die Bundesregierung hat diese Chance nicht genutzt. Bereits in dem Positionspapier „Geschlechtergerechtigkeit in globalen Lieferketten – Forderungen an Politik und Unternehmen“ (Juli 2020) stellten die acht Organisationen in einem Bündnis mit vier weiteren Nicht-Regierungsorganisationen dar, dass Frauen* in globalen Wertschöpfungsketten vielfach benachteiligt und größeren sowie anderen Risiken ausgesetzt sind als Männer. Ein Lieferkettengesetz muss daher auch ausdrücklich geschlechtergerecht sein.
"Ein Lieferkettengesetz das nur die direkten Zulieferbetriebe umfasst, ist seinen Namen nicht wert. Nur ein Gesetz, das zur menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfalt entlang der gesamten Lieferkette verpflichtet, wird tatsächliche Veränderungen für die Betroffenen erzielen und zur Überwindung von Geschlechterungleichheiten beitragen können. Schließlich sind es vor allem Frauen, die in der Produktion am Anfang vieler Lieferketten stehen," erklärt Karolin Seitz, Leiterin des Programmbereichs Wirtschaft und Menschenrechte des Global Policy Forums.
"Die UN-Frauenrechtskonvention ist das zentrale und international anerkannte Menschenrechtsinstrumentarium im Kampf für Geschlechtergerechtigkeit. Es findet aber bislang keine Erwähnung im Referent*innenentwurf,“ kritisiert Gertrud Falk, Referentin bei FIAN Deutschland. Genauso fehlt das Übereinkommen Nr. 190 der Internationalen Arbeitsorganisation über Gewalt und sexuelle Belästigung in der Arbeitswelt. Darüber hinaus muss das Gesetz einfordern, dass in allen Schritten der Sorgfaltspflicht geschlechtsspezifisch vorgegangen wird. Nach Geschlecht disaggregierte Daten, wie beispielsweise der Gender Pay Gap, müssen erhoben werden. Die Missachtung des Mutterschutzes muss als Teil des Arbeitsschutzes als besonderes Risiko aufgeführt werden. Wesentlich ist außerdem, dass frauengeführte Gewerkschaften und Frauenorganisationen in die Prozesse einbezogen werden. Nur so können die tatsächlichen Risiken und Auswirkungen der Maßnahmen auf Frauen erkannt und vermieden werden.
"Aller Voraussicht nach wird das deutsche Lieferkettengesetz zukünftig durch ein europäisches und internationales Abkommen ergänzt. Auch diese multilateralen Abkommen müssen ausdrücklich auf Geschlechtergerechtigkeit eingehen, die gesamte Lieferkette umfassen und zivilrechtliche Haftungsmöglichkeiten vorsehen," fordert Gabriele Köhler, Vorständin von Women Engage for a Common Future.
Weitere Informationen:
Das Positionspapier „Geschlechtergerechtigkeit in globalen Lieferketten – Forderungen an Politik und Unternehmen“, herausgegeben von ASW–Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt, Brot für die Welt, CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung, FEMNET, FIAN Deutschland, Global Policy Forum, Marie-Schlei-Verein, materra, Plan International Deutschland, TERRE DES FEMMES, TransFair und WECF finden Sie hier
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