Neuer Passagier der Arche: Das Leineschaf – der „Pfennigsucher“
Das Leineschaf ist eine alte, robuste Landschafrasse, die jahrhundertelang ackerbaulich ungenutzte Flächen und Brachen, Wegränder und Stoppelfelder entlang der Leine pflegte; vom thüringischen Eichsfeld über Göttingen bis Hannover. In der Nachkriegszeit verschwand die Rasse weitgehend aus ihrem Herkunftsgebiet, wobei 1.500 Leineschafe als Reparationszahlungen nach Polen gebracht und dort nahezu unverkreuzt gehalten wurden. In Deutschland verblieb eine kleine Gruppe des alten Typs im Erfurter Zoopark; in die übrigen Herden wurden Rassen eingekreuzt, die höhere Erträge bei Milch und Fleisch versprachen.
Die Rückkehr zur Leineschafzucht des „ursprünglichen Typs“ begann in Deutschland in den 1990er Jahren, als 30 Zuchtböcke und etwa 70 weibliche Tiere als ‚Polenrückkehrer‘ Sachsen und Thüringen erreichten. Heute gibt es in insgesamt sieben Bundesländern wieder mehrere tausend dieser Schafe mit langem, schmalem, unbewolltem Kopf. Der Erhalt und die Ausweitung des Bestandes des Leineschafs in seinem ursprünglichen Verbreitungsgebiet jedoch bedarf einer aktiven Unterstützung. Der Landschaftspflegeverband Göttingen hat sich dem sehr erfolgreich verschrieben. In Göttingen finden jährlich im Herbst die „Leinelamm-Wochen“ statt, wo Produkte aus Fleisch, Milch und Wolle käuflich erwerblich sind. Das besonders zarte Lammfleisch etwa schmeckt durch das langsame Wachstum und das kräuterreiche Futter dezent würzig und leicht kräuterig.
Es sind Netzwerke aus Schäfer*innen, Züchter*innen, Schlachter*innen sowie der Gastronomie und den Verbraucher*innen, die eine regionale Wertschöpfung rund um das Leineschaf ermöglichen. Aus Sicht von Slow Food geht es darum, genau dieses Miteinander zu stärken, um die biokulturelle Vielfalt zu schützen und Genussvielfalt zu erhalten. Dazu Axel Reetz, Mitglied der Arche-Kommission: „Wir brauchen alte Tierrassen wie das Leineschaf, um unsere Kulturlandschaften auf natürliche Art und Weise zu erhalten. Das ist vielen von uns nicht bewusst, wenn wir den Ausblick auf blühende Wiesen entlang der Leine genießen. Das Leineschaf zeigt außerdem exemplarisch, wie wir Nutztiere ihrer Art und auch unserer Umwelt gerecht halten können. Daraus entstehen dann eben keine ‚Massenprodukte‘ minderer Qualität, sondern hochwertige und vielfältige Erzeugnisse in geringen, angemessenen Mengen.“
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