ZF beschleunigt den Wandel und profitiert von neuen Technologien
- Konzern richtet sich konsequent auf den Mobilitätswandel aus
- Langfristige Großaufträge für Zukunftstechnologien gesichert
- Software-Lösungen und Zentralrechner etablieren sich als neue Geschäftsfelder; Windkraft sehr erfolgreich
- Im Jahr 2020 erzielt ZF einen Umsatz von 32,6 (2019: 36,5) Milliarden Euro
- Bereinigtes EBIT liegt bei 1,0 (2019: 1,5) Milliarden Euro, bereinigte EBIT-Marge bei 3,2 (2019: 4,1) Prozent
Der Technologiekonzern ZF hat sich im vergangenen Jahr weiter konsequent auf den Mobilitätswandel ausgerichtet. Besonderes Gewicht hatten die Gründung der Division Electrified Powertrain Technology und die Integration des Nutzfahrzeug-Technologieunternehmens Wabco ebenso wie der Start eines neuen Software-Centers und der Vertrieb eigenständiger Software-Lösungen. In einem wirtschaftlich herausfordernden Umfeld hat ZF substanzielle neue Kundenaufträge in zukunftsweisenden Technologiefeldern erhalten, die die ZF-Strategie „Next Generation Mobility“ bestätigen und zukünftiges Wachstum sichern. Zugleich hat die Corona-Pandemie die Geschäftszahlen von ZF geprägt. Der Konzernumsatz lag im Jahr 2020 mit 32,6 Milliarden Euro um 11 Prozent unter dem Vorjahreswert von 36,5 Milliarden Euro. Das bereinigte EBIT betrug 1,0 (2019: 1,5) Milliarden Euro; die bereinigte EBIT-Marge lag bei 3,2 (2019: 4,1) Prozent. Das Ergebnis nach Steuern belief sich auf minus 741 Millionen Euro.
„2020 war ein ambivalentes Jahr. Doch wir haben gemeinsam die Krise gemeistert, den Wandel des Unternehmens weiter vorangebracht und uns substanzielle neue Aufträge in den strategisch wichtigen Feldern der Zukunftstechnologien gesichert“, sagte der Vorsitzende des Vorstands von ZF, Wolf-Henning Scheider, am Donnerstag bei der Bilanzvorlage.
Mit der zu Jahresbeginn erfolgten Gründung der Division Electrified Powertrain Technology, die konventionelle, Hybrid- und rein elektrische Antriebstechnologien für Pkw bündelt, habe ZF die Phase des Wandels hin zur E-Mobilität erfolgreich weiter beschleunigt, erläuterte Scheider: „Wir sind gut positioniert, um unseren Kunden das gesamte Spektrum der E-Mobilität aus einer Hand für alle Mobilitätsanwendungen anzubieten.“
Kern des Produktprogramms seien die Wechselrichter (Inverter) als zentraler Bestandteil der Leistungselektronik. „In diesem Segment wollen wir Marktführer in Europa werden und unter den Top-Anbietern weltweit sein“, betonte Scheider. Bis Ende 2020 hat ZF Aufträge für elektrische Antriebskomponenten mit einem Umsatzvolumen von 14 Milliarden Euro für die nächsten Jahre gewonnen; dieser positive Trend hat sich in den ersten Monaten dieses Jahres mit weiteren neuen Aufträgen fortgesetzt. Mit der Gründung der Division stärkt ZF darüber hinaus die bereichsübergreifende Zusammenarbeit und verkürzt Abstimmungs- und Entscheidungswege.
Neuer Nutzfahrzeugbereich wird führender Systemanbieter
Das Ziel einer einheitlichen, effizienten und die Kooperation fördernden Organisation verfolgt ZF auch im Nutzfahrzeugbereich. Das am 29. Mai 2020 übernommene Nutzfahrzeug-Technologieunternehmen Wabco, dessen Zahlen für den Zeitraum von sieben Monaten im Konzernabschluss enthalten sind, soll bis zum Ende dieses Jahres mit der bestehenden ZF-Division Nutzfahrzeugtechnik vereinigt werden.
Scheider sieht große Fortschritte im Integrationsprozess: „Wabco erweist sich mit jedem Tag mehr als ‚Perfect Match‘. Wir haben erste gemeinsame Projekte entwickelt und in Kundenaufträge umgesetzt. Und: Von der Zusammenarbeit profitieren wir bereits jetzt bei Produkten, neuen Aufträgen und auch finanziell.“
Software und Zentralrechner als neue Geschäftsfelder etabliert
Die langfristige strategische Neuausrichtung von ZF wird nun in den Bereichen Elektronik, Software und autonomes Fahren weiter forciert. Erstmals bietet ZF auch Softwareprodukte an, die Kunden unabhängig von der Hardware erwerben können. Der Konzern hat dazu ein Global Software Center gegründet, um die Entwicklung von Softwarelösungen zu beschleunigen und datenbasierte Produkt- und Dienstleistungsangebote in profitable Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dies birgt hohes Potenzial, da der Softwareanteil im Fahrzeug weiter zunehmen wird und immer mehr Komponenten mit Sensoren ausgestattet sind, die potenzielle Datenlieferanten sind. Das Global Software Center von ZF setzt die neuesten Methoden der Softwareentwicklung ein, zum Beispiel beim Programmieren der jüngst vorgestellten Middleware für die zentralen Hochleistungsrechner zukünftiger Fahrzeuge.
Stark gefragt sind neben Software auch Hardware-Komponenten wie der modulare Hochleistungscomputer ZF ProAI, da in den Autos der nächsten Generation leistungsstarke Zentralrechner viele kleine Steuergeräte ablösen. In seiner jüngsten Ausbaustufe wird ZF ProAI neue Standards bei der Digitalisierung und Vernetzung des Automobils setzen. ZF wird mehrere Millionen Exemplare der ZF ProAI sowohl an globale Pkw- als auch an Nutzfahrzeughersteller liefern. „Unser Ziel ist, unsere Position bei Software und High Performance Computing durch eine umfassende Digitalisierungsoffensive zu sichern und weiter auszubauen. So wollen wir zu einem führenden Anbieter von zentralen Steuergeräten und Softwareprodukten werden“, sagte Scheider.
Windkraft-Antriebstechnik entwickelt sich positiv
Erfolge hat 2020 auch die Division Industrietechnik zu verzeichnen: Überaus gefragt waren beispielsweise die Produkte der Sparte Windkraft-Antriebstechnik. Der Umsatz dieses Geschäftsbereichs vervierfachte sich seit 2013 von etwa 230 Millionen Euro auf erstmals eine Milliarde Euro im vergangenen Jahr. Die Getriebekonstruktion von ZF basiert dabei auf einem neuen Plattform-Ansatz, dessen standardisierte Komponenten den Herstellern von Windkraftanlagen maximale Flexibilität bieten. Dies erlaubt das schnelle Anpassen an neue Turbinenmodelle und verkürzt die Zeit der Markteinführung.
Zukunftsweisend ist die von ZF mit dem dänischen Windkraftanlagenhersteller Vestas jüngst vereinbarte strategische Partnerschaft zur Entwicklung von Getrieben für die neue weltgrößte Klasse der 15-Megawatt-Windturbinen für den Offshore-Einsatz. Mit einer dieser Anlagen können erstmals rund 80 Gigawattstunden grünen Stroms pro Jahr erzeugt werden. Eine einzelne Anlage reicht damit aus, um rechnerisch den Strombedarf von etwa 20.000 europäischen Haushalten zu decken und mehr als 38.000 Tonnen CO2 einzusparen. ZF leistet so einen Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien und zur Reduktion von Treibhausgasen.
Anspruchsvolles Ziel: klimaneutraler Konzern bis 2040
Prinzipien nachhaltiger Unternehmensführung sind fest in der ZF-Strategie verankert. Schwerpunkte der Nachhaltigkeitsbestrebungen liegen in den vier Bereichen Produkte, Produktion, Mitarbeiter und Lieferkette. „Unser anspruchsvolles Ziel ist, bis 2040 klimaneutral zu werden – zehn Jahre früher als es das Pariser Klimaabkommen vorsieht“, sagte ZF-Chef Scheider. „Dazu wollen wir unter anderem unseren CO2-Ausstoß konsequent reduzieren, auch in unserer Lieferkette.“ ZF hat daher Nachhaltigkeit als verpflichtendes Kriterium eingeführt, um bei den Geschäftspartnern ein Bewusstsein für seine Erwartungshaltung zu Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung zu schaffen. ZF hat sich überdies der „Alliance of CEO Climate Leaders“ des Weltwirtschaftsforums angeschlossen, da Ressourcenschonung und Umweltschutz nur gemeinsam erfolgreich bewältigt werden können.
Kennzahlen: starke Erholung im zweiten Halbjahr 2020
Mit 32,6 (2019: 36,5) Milliarden Euro lag der Umsatz des ZF-Konzerns 2020 um 11 Prozent unter dem des Vorjahres. „Nach Ausbruch der Pandemie haben wir rasch alle Ausgaben auf den Prüfstand gestellt“, sagte ZF-Finanzvorstand Dr. Konstantin Sauer. „Durch eine strikte Kontrolle unserer Kosten und Investitionsausgaben sowie Strukturanpassungen ist es uns gelungen, das operative Ergebnis und den Cashflow im zweiten Halbjahr deutlich zu verbessern. Geholfen hat dabei die Erholung des Marktes.“ Auch ZF profitierte stark von der Erholung des chinesischen Marktes, weshalb der Umsatz in der Marktregion Asien-Pazifik den des Vorjahres sogar leicht übertraf.
Das bereinigte EBIT lag bei 1.047 (2019: 1.503) Millionen Euro; die bereinigte EBIT-Marge ging auf 3,2 (2019: 4,1) Prozent zurück. Der um M&A-Aktivitäten bereinigte Free Cashflow lag bei 994 Millionen Euro (2019: 803 Millionen Euro). Das Ergebnis nach Steuern von minus 741 Millionen Euro ist wesentlich bedingt durch Rückstellungen für Restrukturierungen sowie erhebliche Vorleistungen für Zukunftsaufgaben, an denen ZF trotz der strikten Kostendisziplin festgehalten hat.
Festgehalten hat ZF auch an seinen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten: Die F&E-Quote stieg im Vorjahr gegenüber 2019 von 7,3 auf 7,7 Prozent, was Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Höhe von 2,5 (2019: 2,7) Milliarden Euro entspricht. Die Investitionen in Sachanlagen betrugen 1,4 (2019: 1,9) Milliarden Euro. Damit lag die Investitionsquote bei 4,4 (2019: 5,2) Prozent.
ZF sichert sich zusätzliche Liquidität
Um die Finanzsituation zu verbessern, hatte sich ZF im ersten Halbjahr 2020 durch einen syndizierten Kredit zusätzliche Liquidität verschafft. Dieser wurde bereits im zweiten Halbjahr wieder vollständig zurückgezahlt. Ebenso wurden mit dem Bankenkonsortium die durch ZF einzuhaltenden Kennzahlen bezüglich Ergebnisqualität und Liquidität angepasst. Erstmals hat ZF ein EMTN-Programm (Euro Medium Term Note) aufgesetzt, was ein schnelleres und flexibleres Platzieren von Anleihen erlaubt. Unter diesem Programm hat ZF im Herbst 2020 bereits Anleihen mit einem Gesamtvolumen von zwei Milliarden Euro platziert. „All diese Maßnahmen sind vom Kapitalmarkt und unseren Investoren überaus positiv aufgenommen worden“, sagte Sauer. „Dies unterstreicht deren Vertrauen in die finanzielle Stabilität von ZF auch in schwierigen Zeiten.“
Personalstruktur im Konzern verändert sich
Die Fokussierung auf zukunftsweisende Technologiefelder wird perspektivisch auch die Qualifikationsprofile der ZF-Beschäftigten verändern. Um die Mitarbeiter für den Umgang mit neuen Technologien zu qualifizieren, setzt das Unternehmen derzeit das bisher größte Schulungsprogramm in der Unternehmensgeschichte auf: In der „E-Cademy“, einer Weiterbildungsinitiative rund um das Thema E-Mobilität, werden die Beschäftigten im Technologiewandel begleitet. Umfassende Angebote sollen es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ermöglichen, sich gezielt für Zukunftsprofile zu qualifizieren.
Zugleich richtet ZF sukzessive seine Kapazitäten auf das in den nächsten Jahren niedrigere Produktionsniveau der weltweiten Fahrzeugmärkte aus. So haben beispielsweise in Deutschland, wo über den „Tarifvertrag Transformation“ bis Ende 2022 eine Beschäftigungs- und Standortsicherung gilt, nahezu 2.000 Mitarbeiter Abfindungs- und Altersteilzeitangebote angenommen. Insgesamt hat ZF die Zahl der Stellen im Vorjahr weltweit um 6.450 reduziert. Zusätzliche Stellen wurden in den Bereichen Elektromobilität, autonomes Fahren und Softwareentwicklung geschaffen. Zum Stichtag 31. Dezember 2020 beschäftigte ZF weltweit insgesamt 153.522 Mitarbeiter (2019: 147.797). Der Zuwachs resultiert aus den Ende Mai hinzugekommenen rund 12.000 Wabco-Mitarbeitern.
Zuversichtlicher Ausblick für den ZF-Konzern
Angesichts der langfristig orientierten strategischen Neuausrichtung, dem Ausbau zukunftsgerichteter Technologiefelder sowie der im vergangenen Jahr neu erhaltenen Aufträge blickt ZF zuversichtlich in die Zukunft. Auf Basis der zu erwartenden weiteren Erholung der Weltwirtschaft und der aktuellen Einschätzungen für die einzelnen Divisionen geht ZF davon aus, in diesem Jahr voraussichtlich einen Umsatz zwischen 37 und 39 Milliarden Euro zu erwirtschaften. Die bereinigte EBIT-Marge erwartet ZF im Bereich von 4,5 bis 5,5 Prozent; der bereinigte Free Cashflow wird zwischen 0,8 und 1,2 Milliarden Euro erwartet. Auswirkungen auf die Prognose im Hinblick auf Unsicherheiten bedingt durch die Covid-19-Pandemie sowie den Umfang und die Dauer entsprechender Lockdowns können nicht ausgeschlossen werden. Die aktuellen Lieferengpässe elektronischer Mikrochips stellen für die Zulieferindustrie insgesamt und auch für ZF eine Herausforderung dar. Ihre Auswirkungen auf das Gesamtjahr 2021 können derzeit noch nicht eingeschätzt werden.
ZF ist ein weltweit aktiver Technologiekonzern und liefert Systeme für die Mobilität von Pkw, Nutzfahrzeugen und Industrietechnik. ZF lässt Fahrzeuge sehen, denken und handeln: In den vier Technologiefeldern Vehicle Motion Control, integrierte Sicherheit, automatisiertes Fahren und Elektromobilität bietet ZF umfassende Produkt- und Software-Lösungen für etablierte Fahrzeughersteller sowie für neu entstehende Anbieter von Transport- und Mobilitätsdienstleistungen. ZF elektrifiziert Fahrzeuge unterschiedlichster Kategorien und trägt mit seinen Produkten dazu bei, Emissionen zu reduzieren, das Klima zu schützen und die Mobilität sicherer zu machen.
Das Unternehmen ist mit mehr als 150.000 Mitarbeitern an rund 270 Standorten in 42 Ländern vertreten. Im Jahr 2020 hat ZF einen Umsatz von 32,6 Milliarden Euro erzielt.
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