1 Jahr Corona – ein Personalberater zieht Bilanz
Herr Lysk, ein Jahr Corona. Wie haben Sie die letzten 13 Monate erlebt?
Wie alle Menschen mit Sorge, Unsicherheit und mit vielen, vielen Fragezeichen. Im ersten Lockdown fielen wir, wie alle anderen auch, erst einmal in die berühmte Schock-Starre. Unsere Kunden mussten sich, genauso wie wir selbst, erst einmal sortieren, orientieren und mit der neuen Situation umgehen. Das bedeutete kompletter Einstellungsstopp auf Kundenseite. Unsere Kandidaten und Kandidatinnen wiederum waren von der einen zur anderen Sekunde gefordert, Konzepte zur Arbeitshygiene und Arbeitssicherheit aus dem Boden zu stampfen. Die Nachfrage bei den Unternehmen stieg allerdings im dritten Quartal wieder extrem an und das ist bis heute so geblieben.
Privat habe ich die Zeit mit meinen drei Kindern genossen. Meine erwachsene Tochter, die im Süden Deutschlands studiert, hat den Lockdown gemeinsam mit ihren schulpflichtigen Brüdern bei mir zu Hause verbracht. Das war eine schöne und intensive Zeit, die ich sehr bewusst erlebt habe. Wohlwissend, dass ein Beisammensein in dieser Konstellation für solch einen langen Zeitraum so schnell wohl nicht wieder vorkommen wird. Die Entschleunigung und das zur Ruhe kommen hat mir ebenfalls sehr gefallen. Auf der anderen Seite haben mir meine sozialen Kontakte auch sehr gefehlt und tun es noch.
Wie geht es Ihnen aktuell? Sind Sie im Homeoffice? Wie steht es um Ihre Mitarbeiter?
Uns geht‘s gut. Wir sind alle gesund und glücklicherweise hat sich bisher auch niemand von uns infiziert. Mein Büro, in dem ich auch sonst in normalen Zeiten arbeite, liegt direkt am Haus. Für mich hat sich an dieser Stelle nichts verändert. Anders als bei meinen Mitarbeitern, die seit mehr als 12 Monaten uneingeschränkt im Homeoffice arbeiten. Vor allem aus Gründen der Sicherheit. Die Tochter einer Mitarbeiterin ist zum Beispiel aufgrund einer asthmatischen Erkrankung gefährdet und gehört somit zur Risikogruppe.
Wie hat sich Ihre Arbeit in den letzten 12 Monaten verändert? Was ist neu, was davon wird bleiben?
Die Digitalisierung hat natürlich auch bei uns ihre Spuren hinterlassen. Video-Calls und digitale Kommunikation sind für uns die beiden wichtigsten Veränderungen der letzten 12 Monate. Anfangs gab es sowohl bei Kunden als auch bei Kandidaten und Kandidatinnen noch Vorbehalte gegen Video-Calls. Das hat sich zum Glück geändert. Die meisten Menschen haben gelernt, sich in ein Video-Meeting einzuklinken, die Mikros auszuschalten, wenn andere sprechen, die Chatfunktion zu nutzen oder auch seine Präsentation über die Bildschirme zu teilen und sie darüber vorzustellen. Mittlerweile führen wir in dieser Form unsere Profilaufnahmen mit den Kunden durch. Die Kandidaten-Interviews hingegen finden überwiegend telefonisch statt und nur in Ausnahmefällen wird auf Zoom & Co. zurückgegriffen.
Messebesuche, ein bis dato für uns sehr wichtiges Marketing-Instrument haben wir auf Eis gelegt. Die für uns so wertvollen persönlichen Gespräche können digital nicht kompensiert werden.
Bleiben wird sicherlich der Einsatz von Zoom & Co. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, die teilweise zu Zeitverzögerungen geführt haben, arbeiten wir heute in Teilen sogar schneller als vorher. Wir sparen sehr viel Reisezeit und schonen gleichzeitig die Umwelt. Es wird aber immer auch Gespräche geben, die wir vor Ort führen müssen und wollen. Gerade bei Neukunden ist es für uns sehr wichtig, dass wir das Unternehmen richtig kennenlernen und den sogenannten Stallgeruch aufnehmen. Wir müssen wissen, wie das Unternehmen tickt, welche Kultur dort herrscht und wie sich die Mitarbeiterstruktur zusammensetzt. Nur so sind wir in der Lage, neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen anzuwerben und zu begeistern. Das ist extrem wichtig und das werden wir beibehalten. Weiterführende Gespräche können dann digital stattfinden.
Sie haben sich als Personalberater auf einen Nischenbereich spezialisiert: die Arbeitsmedizin. Wenn Sie zurückblicken, hat sich die Bedeutung dieser Berufsgruppe in den letzten 12 Monaten verändert?
Schon vor Corona war eine Veränderung spürbar, wenngleich die Pandemie den Themen Arbeitshygiene, Arbeitssicherheit und Gesundheit noch einmal einen enormen Schub gegeben hat.Besonders auf Unternehmensseite, deren Lenker verstanden haben, dass sich Gesundheit am Arbeitsplatz in bare Münze auszahlt. Laut des Reports der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) ergibt sich für Maßnahmen im betrieblichen Gesundheitsmanagement ein ROI von 2,7. Das heißt, für jeden investierten EURO werden im Durchschnitt EUR 2,70 eingespart.
Aber auch Umfeld der MedizinerInnen hat sich herumgesprochen, dass die Tätigkeit als Facharzt Arbeitsmedizin eine höchst attraktive und spannende Alternative sein kann. Das Thema Gesundheit am Arbeitsplatz wurde durch die Pandemie um Längen aufgewertet. Auch wenn das Angebot die Nachfrage bei Weitem noch nicht decken kann.
Hat sich die Nachfrage nach qualifiziertem Personal erhöht?
Die Nachfrage von ArbeitsmedizinerInnen ist ungebrochen. Nach der Pandemie ist vor der Pandemie. Die Konzerne werden auch in Vorbereitung auf weitere Pandemien Konzepte entwickeln, ArbeitsmedizinerInnen einstellen und Stellen aufstocken. Noch einmal mehr oder weniger unvorbereitet in eine neue Pandemie zu schlittern, ist den Unternehmen viel zu risikoreich.
Wichtig wäre, dass sich dieser Schub auch auf Seiten der Ärzte und Ärztinnen bildet, damit die anvisierten Stellen besetzt werden können. Wir haben in Deutschland rund 12.000 ArbeitsmedizinerInnen, von denen die Hälfte in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen wird. Der Kampf um FachärztInnen Arbeitsmedizin wird somit immer härter. Es gibt allerdings seit einigen Jahren Bemühungen, die Attraktivität des Berufsbilds bei MedizinerInnen stärker zu promoten und zu verbreiten. Sowohl seitens der Politik als auch von Berufsverbänden. Vor allem vor dem Hintergrund der wertvollen Work-Life-Balance und Vereinbarkeit von Familie und Karriere werden MedizinerInnen zum Beispiel aus der Klinik überzeugt, sich in Richtung Arbeitsmedizin weiter zu qualifizieren. Es zeichnet sich ein leichter Trend ab, aber wir werden erst in den nächsten Jahren wirklich sehen, wie sich der Markt entwickelt.
Wie ist denn im Gegenzug die Bereitschaft von Ärzten, jetzt den Job zu wechseln?
Während des ersten Lockdowns gab es eher verhaltene Reaktionen. Man wollte zunächst nicht wechseln. Eher war es so, dass in den meisten Fällen der Arbeitsanfall während der Pandemiezeit stark anstieg. Plötzlich rückte ihr Verantwortungsbereich ‚Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz‘ in der Priorität ganz nach oben und bekam maximale Aufmerksamkeit. Es mussten neue Konzepte entwickelt und Prozesse aufgelegt werden. Jetzt war das gefragt, was sich jeder Arbeitsmediziner in seinem Job wünscht. Das hat den Gedanken an einen Jobwechsel in den Hintergrund gerückt. Viel wichtiger war es, erst einmal die neue Herausforderung zu meistern.
Es gibt aber auch Unternehmen, die selbst in der Pandemiezeit nur ein Minimum an Maßnahmen umsetzen wollen. Sei es um Kosten zu sparen oder auch nur sich irgendwie ‚durchzuschlängeln‘. Das kann beim verantwortlichen Arbeitsmediziner schnell zu Frustrationen führen. Verständlicherweise wächst dann der Wunsch nach einem Wechsel. Auf der anderen Seite gibt es aber auch immer wieder Kandidaten, die dem stark angestiegenen Druck seitens der Unternehmensleitung entfliehen wollen. Das sind relativ normale Hygieneprozesse. Wir haben festgestellt, dass auch in Zeiten wie diesen neue Jobs gesucht werden.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung der an die Arbeitsmediziner gestellten Anforderungen in den Unternehmen? Was hat sich hier aufgrund der Pandemie verändert?
Die Anforderungen haben sich natürlich verändert. Das Thema Arbeitshygiene ist noch einmal stärker in den Fokus gerückt. Gerade für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, deren Aufgaben nicht ins Homeoffice verlagert werden können. Dazu gehören zum Beispiel Jobs in der Produktion. Hier mussten Konzepte für die konsequente Umsetzung der gesetzlichen Auflagen entwickelt werden. Zudem sind die Unternehmen verpflichtet, die Gesundheit der MitarbeiterInnen auch im Homeoffice umfangreich zu schützen. Es kann keine dauerhafte Lösung für die MitarbeiterInnen sein, zu Hause am Küchentisch auf dem Küchenstuhl zu sitzen und am Laptop zu arbeiten. Sie brauchen auch zu Hause einen vollständig eingerichteten Arbeitsplatz. Gleichzeitig müssen verlässliche Bestimmungen zur Sicherheit genauso wie zum Datenschutz entwickelt werden. Das ist eine ganz neue Aufgabenstellung, die in enger Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung und dem internen Datenschutz-Verantwortlichen erfüllt werden muss. Hinzu kommt das Thema Gefährdungsbeurteilung Psyche. Früher saßen die Menschen in Großraumbüros mit Kollegen und Kolleginnen zusammen, – jetzt sind sie teilweise über einen längeren Zeitraum allein. Der eine kommt gut damit klar und genießt die Ruhe ohne KollegInnen, der andere wiederum vermisst den persönlichen Austausch mit seinen KollegInnen und die Abwechslung. Das kann enormen Stress auslösen und auf die Psyche schlagen.
Wie sieht es generell mit dem Thema Recruiting aus? Wie schwierig ist es, in Zeiten von Social Distancing passende KandidatInnen zu gewinnen?
Da muss man in zwei Phasen unterscheiden. Die eine Phase ist die erste Lockdown-Phase, in der wir uns alle ein bisschen eingeigelt und Kontakte vermieden haben. Diese Zeiten waren schwierig und waren von einer Kontaktablehnung geprägt. Social Distancing war für uns Headhunter ein echter Showstopper. Sowohl im Kontakt zu den KandidatInnen als auch in der Akquise von neuen Kunden. Damals ist alles runtergefahren worden, wodurch es natürlich für alle generell schwierig war, überhaupt das Geschäft aufrecht zu erhalten. In der Entwicklungsphase von Hygienekonzepten entstanden Fragen, wie z. B. wie kann ich KandidatInnen einladen? Unter welchen Bedingungen geht das? Unter welchen Bedingungen können wir Videokonferenzen führen? Sind wir damit wirklich in der Lage, Entscheidungen herbeizuführen, die wir dann auch vertraglich festhalten? Diese Alternativen der Prozesse und Strukturen haben wir aufgebaut und dann gemerkt, dass es auch funktioniert. Teilweise sind wir sogar noch schneller und damit auch effektiver geworden. Das hat am Anfang natürlich auch viel Kraft und Zeit gekostet. Heute sind wir in der Lage, unabhängig von Lockdowns KandidatInnen zu rekrutieren, Gespräche zu führen und Kontakte zu knüpfen. Wir haben uns den Umständen angepasst. Das nostalgische Gespräch, die Anreise, große Runde im Raum bei Kaffee und Keks – ich würde sagen, das ist erst einmal vorbei. Vielleicht wird es solche Runden zukünftig auch gar nicht mehr geben.
Welche Trends zeichnen sich in Ihrer Branche der Personalberater ab? Was sagen Ihre KollegInnen?
Das ist ganz unterschiedlich. Bekannterweise haben einige Branchen enorme Einbrüche verzeichnen müssen. Dazu gehören Hotellerie, Gastronomie, Tourismus, aber auch der Textil-Einzelhandel. Die Personalberater, die sich auf eben diese Branchen spezialisiert haben, haben diese Rückgänge deutlich zu spüren bekommen. Wohingegen Branchen wie Logistik, Nahrungsmittelindustrie, Pharma oder auch Chemie zusätzlich sogar einen Aufschwung erleben durften. Deshalb muss man das differenziert betrachten. Bezüglich des Themas Digitalisierung, Video-Calls etc. haben sie die gleichen Erfahrungen wie wir gemacht. In diesem Bereich haben wir alle sehr viel gelernt und auch die Vorteile erkannt. Unsere Fach-Kongresse oder Verbandstreffen finden seit vielen Monaten digital statt und laufen sehr geschmeidig, innovativ und abwechslungsreich. Das werden wir auch in Zukunft nutzen, da sind wir uns alle relativ einig. Zumindest gibt es keine erkennbaren Tendenzen, die für etwas anderes sprechen.
Grundsätzlich bleibt die Branche ein wachsender Markt, der in den letzten 30 Jahren konsequent nur den Weg nach oben kennt. Das wird auch so bleiben. Personalberater werden ein Teil der Beschaffungssystematiken bleiben. Der ‚war for talents‘ hat vor einigen Jahren begonnen. Um diese Talente für sich und sein Unternehmen zu gewinnen, ist die sogenannte Direktansprache ein wirksames und bewährtes Mittel. Das bedarf auf der einen Seite einer besonderen Vorgehensweise und auf der anderen Seite ist das direkte Abwerben beim Mitbewerber für Unternehmen ein No-Go. Ein Headhunter hingegen kann dies durchaus tun und bietet seinen Kunden damit einen großen Mehrwert.
Die Guido Lysk Karriere- und Managementberatung GmbH (GLK) mit Sitz in Hamburg wurde 2005 von Guido Lysk gegründet. GLK ist eine spezialisierte Personalberatung im Bereich Health, Safety & Environment (HSE), die ausschließlich Arbeits- und Betriebsmediziner sowie leitende Fachkräfte im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz berät und vermittelt.
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