Alternative Handwerk
Mehr Gründer im zulassungsfreien Bereich
Größere Zuwächse gab es allerdings vor allem in Gewerben, die keinen speziellen Qualifikationsnachweis erfordern und zumindest im ersten Schritt auch gut nebenerwerblich ausgeübt werden können. Bei Fotografen und Gebäudereinigern beispielsweise stieg die Zahl der neu eingetragenen Betriebe im Vergleich zum Vorjahr nochmals deutlich an. „Das Handwerk wird in Bereichen, in denen der Markteinstieg relativ einfach ist, momentan zunehmend als Alternative wahrgenommen“, sagt Joachim Kunz, Leiter des Fachbereichs Starter-Center und Standortförderung der Handwerkskammer Konstanz.
Ob dieser Effekt anhält, hängt nicht zuletzt von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung nach Corona und ihren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt ab. Im Falle einer sich vertiefenden Rezession könnte sich die Dynamik allerdings auch wieder abschwächen: „Wer schlechtere Geschäfte erwartet, wird sein Gründungsvorhaben eher zurückstellen oder sich anderweitig orientieren“, so Kunz. Zumindest in der akuten Krise aber habe das Handwerk seine Resilienz erneut unter Beweis gestellt.
Leichter Rückgang bei Fliesenlegern wegen Rückvermeisterung
Leichte Auswirkungen auf die Betriebszahlen hat auch die Wiedereinführung der Meisterpflicht in zwölf Gewerken, die seit 2004 davon ausgenommen waren. Ihre größte Gruppe, die Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, hatte 2019 noch einmal deutlich zugelegt. Im letzten Jahr sank die Zahl der Betriebe trotz zunächst geltender Übergangsregelung bereits leicht von XY auf 638.
Dieser Trend könnte sich nach Einschätzung des Experten in den kommenden Jahren verstärken und in den betroffenen Gewerken zu einer Konzentration auf weniger, aber größere Betriebe führen. Der Grund: Die zahlreichen Solo-Selbständigen in diesen Gewerken könnten Schwierigkeiten haben, Nachfolger zu finden, da dazu erst wieder mehr Gesellen und dann auch Meister ausgebildet werden müssten. „Nach jahrelangem Wegfall der Meisterpflicht muss diese Schieflage erst ausgeglichen werden. Dann aber stehen die Betriebe hoffentlich wieder auf einem soliden Fundament“, sagt Kunz.
Dafür sprechen auch die weitgehend stabilen Zahlen der übrigen Meisterbetriebe: Mit 1.065 Betrieben und damit vier mehr als im Vorjahr führt das Friseurhandwerk nach wie vor die Top Ten im Bezirk der Handwerkskammer Konstanz an, gefolgt von 772 Kfz-Werkstätten (-1) und 665 Elektro-Unternehmen (+19).
Auch seltene Berufe bleiben erhalten
Dass die Vielfalt des Handwerks im vergangenen Jahr nicht gelitten hat, zeigt ein Blick auf die eher kleinen Berufsgruppen: Demnach ist keines der insgesamt 126 aktiven Handwerke und Gewerbe verloren gegangen. Auch nach Corona werden Handwerkerinnen und Handwerker also als Modisten und Segelmacher, Weinküfer und Vergolder, Buchbinder und Holzblasinstrumentenmacher und in vielen weiteren Berufen am Werk sein und mit ihrem Wissen und Können das Leben in der Region bereichern.
Weitere Zahlen, Daten und Fakten zum Handwerk in den Landkreisen Konstanz, Waldshut, Tuttlingen, Rottweil und im Schwarzwald-Baar-Kreis finden Sie unter www.hwk-konstanz.de/handwerk
Das Handwerk ist mit seinen vielen kleinen und mittleren Betrieben das Herz der deutschen Wirtschaft. Zum Bezirk der Handwerkskammer Konstanz, der die Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar, Tuttlingen, Rottweil und Waldshut umfasst, gehören rund 12.500 Handwerksunternehmen mit etwa 70.000 Beschäftigten und über 4.000 Auszubildenden.
Die Handwerkskammer vertritt nicht nur die Interessen ihrer Mitglieder, sondern bietet ihnen auch eine umfassende Beratung an, etwa zur Fachkräftesicherung, Aus- und Weiterbildung, Betriebswirtschaft, Unternehmensführung, Recht, Umweltschutz und Technologie.
Außerdem ist die Handwerkskammer ein großer Bildungsanbieter mit Bildungsakademien in Singen, Rottweil und Waldshut sowie der gemeinsam mit der IHK betriebenen Beruflichen Bildungsstätte in Tuttlingen.
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