BDU-Präsident Ralf Strehlau: „Die Corona-Pandemie legt die Defizite staatlichen Handelns schonungslos offen.“
- Aufforderung des Haushaltsausschusses für Einsparungen in Bundesministerien beim Einsatz externer Dienstleister ist kontraproduktiv
- Neues Gutachten des Wirtschaftsministeriums unterstreicht die Dringlichkeit der Digitalisierung in Deutschlands Behörden und spricht von Organisationsversagen
Die Aufforderung des Haushaltsausschusses im Bundestag an Bundesministerien, bis Mitte des Jahres konkrete Einsparungen beim Einsatz externer Dienstleister – somit auch von Unternehmensberatern – zu benennen, sieht der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) in hohem Maße kritisch. „Wir erleben zurzeit auf vielen Ebenen, dass die Corona-Pandemie die Defizite staatlichen Handelns schonungslos offenlegt“, so BDU-Präsident Ralf Strehlau. Jüngste Beispiele wie die holprige Impfstoff- und Maskenbeschaffung oder die fehlerbehaftete Steuerung der Impflogistik zeigten sowohl akuten als auch langfristigen Handlungsbedarf. Gemäß eines exklusiven Berichts in der heutigen Wirtschaftszeitung Handelsblatt hat auch der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums in einem Gutachten eklatante Rückstände bei der Digitalisierung in Deutschlands Behörden sowie verschiedene Formen von Organisationsversagen moniert. „Es ist und bleibt ein großer Irrtum zu glauben, die Öffentliche Hand habe intern genügend Kompetenzen, um die dringend notwendige Transformation auf den Verwaltungsebenen alleine zu stemmen. Im Gegenteil: Es braucht sogar absehbar mehr Expertise von außen. Denn die Veränderung von Organisationen und Verwaltungen ist von innen heraus nicht möglich.“
Auch würden die Aufgaben und deren Komplexität bei Bund, Ländern und Kommunen weiter steigen. Dies mache alleine schon der stetig steigende Bundeshaushalt oder die zunehmende Zahl an gesetzlichen Regelungen deutlich. Es müsse zügig umfassende Initiativen für die drastisch steigenden Anforderungen an den Einsatz von digitaler Technik geben. „Hier hinken wir alleine im europäischen Vergleich massiv hinterher. Das offenbaren jüngste Vergleichszahlen der Europäischen Kommission nochmals eindrücklich. Digitale Services der Öffentlichen Hand entwickeln sich in Deutschland im Schneckentempo. Bleibt es dabei, geraten wir im internationalen Vergleich noch stärker ins Hintertreffen“, so der BDU-Präsident. Die dringend notwendigen Veränderungen dürften nicht durch die geforderte Einsparaufforderung des Haushaltsausschusses gefährdet werden. Vielmehr müsse es darum gehen, die aus der Digitalisierung resultierenden Anpassungen von Konzepten, Strukturen und Prozessen in den Verwaltungen schnellst möglich umzusetzen. Impulse, Innovationen und Best-Practice-Lösungen aus der Privatwirtschaft sowie aus internationalen Projekten könnten hierbei wirkungsvolle Unterstützung leisten, so der BDU.
Mangel an hochqualifiziertem Personal in den Verwaltungen
Hinzu komme: Die dynamisch gewachsenen Anforderungen an Wissen in einer komplexer werdenden Welt haben mit der Ausbildung und Weiterbildung im Öffentlichen Sektor nicht immer mitgehalten. Die Folge: Es gibt einen Mangel an hochqualifiziertem Personal auf der Verwaltungsebene. Besonders fehle es aus Sicht des Consultingverbandes an betriebswirtschaftlichem und technologischem Know-how. Hingegen ließen die vorhandenen juristischen Kompetenzen sicherlich weitgehend zu, die erforderlichen Tätigkeiten – zum Beispiel im Rahmen von Gesetzesvorhaben – mit eigenen Fachkräften zu bewältigen.
Consulting-Nachfrage von Kunden aus dem Public Sector weltweit höher
Der aktuelle Vergleich von internationalem Zahlenmaterial (Quellen: FEACO, AMCF, BDU, 2019-2021) belegt, dass der Anteil am Consulting-Gesamtumsatz von Kunden aus der Öffentlichen Hand in Deutschland eher niedrig ausfällt. Hierzulande liegt der Anteil bei 9,9 Prozent (Quelle: BDU). Der US-Consultingverband AMCF gibt mit 30 Prozent eine dreimal so hohe Quote an. Das europäische Mittel liegt bei 13,9 Prozent. Großbritannien und Dänemark kommen auf einen Anteil von jeweils 22 Prozent, Spanien auf 17,5 Prozent sowie Frankreich auf 10,0 Prozent. (Quelle: FEACO).
In Deutschland wächst der Consulting-Gesamtmarkt seit vielen Jahren stärker als die Nachfrage aus dem Public Sector. Der Anteil dieser Kundenbranche lag in den vergangenen Jahren jeweils stabil zwischen neun und zehn Prozent. Gemäß der aktuellen BDU-Branchenstudie zum Beratungsmarkt 2021 betrug der Gesamtumsatz der Consultingbranche im Jahr 2020 insgesamt 34,6 Milliarden Euro. Der Umsatzanteil von 9,9 Prozent, der davon auf Kunden der gesamten Öffentlichen Hand entfällt, entspricht 3,42 Milliarden Euro.
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