Finanzen / Bilanzen

Blasen, Taper Tantrums und die Rückkehr von Value

„Bei Anleihen ist eine große Umwälzung im Gange – steigende Renditen bei US-Staatsanleihen, eine steiler werdende Renditekurve (2-10Y) und zunehmende Inflationserwartungen führen dazu, dass sich die Märkte fragen, ob wir vor einem „Taper Tantrum 2.0“ stehen. Wir denken, dass die Risikoerwartung, dass die Fed präventive Maßnahmen ergreift, um ihr Kaufprogramm in den nächsten 12 Monaten zu beenden, übertrieben war. Die Fed wird vorsichtig bleiben und die Inflationsrisiken herunterspielen. Daher könnten wir einen gesunden Anstieg der Renditen sehen, der durch die Erwartung einer Erholung angetrieben wird. Die US-Inflation scheint derzeit einen technischen Aufschwung zu erleben, der von Basiseffekten und ISM-Inputpreisen angetrieben wird, aber es könnte ein Fehler sein, dies nur als ein kurzfristiges Phänomen zu betrachten. Sobald diese so genannten Basiseffekte abklingen, werden die Märkte erkennen, dass die Inflation etwas Strukturelleres hat. Die Phase des niedrigen Wachstums, der niedrigen Inflation und der Nullzinsen für immer wird zunehmend in Frage gestellt, und es entsteht ein neues Narrativ: Die Inflation kehrt zurück. Auf der anderen Seite brauchen die Zentralbanken und Regierungen Geld, um angeschlagenen Unternehmen beim Überleben zu helfen, neue Arbeitsplätze zu schaffen und Projekte zu finanzieren, die soziale Ungleichheiten und Klimaprobleme angehen. Die Inflationsbekämpfung hat nicht die höchste Priorität, der Fokus liegt auf Vollbeschäftigung. 

Da es den Zentralbanken nicht möglich ist, Unterstützungsmaßnahmen zurückzunehmen, bewegen wir uns schrittweise auf ein neues System zu, das wir den Weg zurück in die 70er Jahre nennen. Ein Systemwechsel erfolgt oft mit einer Änderung des Mandats der Zentralbanken wie in den späten 70er Jahren. Die Märkte erwarten jedoch, dass die Zentralbanken in der Lage sein werden, die Zinskurve FÜR IMMER zu kontrollieren. Dies ist falsch, da neue Prioritäten die Zentralbanken dazu zwingen können, sich in unbekannte Gewässer zu begeben. Die zweite Phase dieser Sequenz dürfte für die Anleiherenditen weniger günstig sein und zu einer Neugewichtung der Risikoprämien führen. Vor diesem Hintergrund gibt es einige Schlüsselfragen, mit denen sich Anleger beschäftigen sollten: 

·     Wie kann man die Anleiheallokation bei steigenden Renditen steuern? Der Anstieg ist möglicherweise noch nicht vorbei, aber der Weg der Beschleunigung sollte sich verlangsamen. Betrachtet man das Taper Tantrum von 2013, so geschahen mehr als zwei Drittel der Anleihekorrektur in den ersten drei Monaten. Diese Situation scheint sich Anfang 2021 zu wiederholen. Anleihen reagieren im Vorfeld auf die Bestätigung eines Wandels, und diese Bestätigung dürfte im Sommer erfolgen. Man sollte bei der Duration untergewichtet bleiben und sich die Flexibilität bewahren, bei höheren Zinsen anzupassen. Es bieten sich Gelegenheiten, bei Unternehmensanleihen Wert zu schöpfen, relativen Wert über Regionen hinweg und über Renditekurven hinweg. Dies spricht für einen flexiblen und uneingeschränkten Ansatz bei Anleiheinvestitionen.

·     Werden höhere Anleiherenditen eine Blase am Aktienmarkt platzen lassen? Höhere Renditen bei US-Staatsanleihen sollte man sowohl in Bezug auf Anleihen als auch hinsichtlich Aktien beobachten. Der Abstand zwischen der US-Dividendenrendite und den langfristigen Zinsen ist null, ein Zeichen dafür, dass ein Repricing bei Aktien erwartet wurde. Es gibt auch ein Element der Irrationalität in der starken Aktienperformance in den ersten Wochen des Jahres 2021. Was wir jetzt sehen, ist eine Bereinigung einiger Übertreibungen, aber sicherlich kein Bärenmarkt. Der Aktienausblick bleibt konstruktiv, aber die Renditen werden weniger von den Zinsen und zunehmend von der Realwirtschaft bestimmt. Für Anleger bleiben Aktien eine wichtige Anlageklasse in einer Erholungsphase, aber sie sollten teure Bereiche meiden, die anfällig gegenüber höheren Renditen sind.

·     Wird die Rückkehr von Value von Dauer sein? Die Bewegung bei den Renditen treibt eine Orientierung in Richtung Value voran. Die erste Etappe dieser Rotation fand im November 2020 statt, ausgelöst durch die Fortschritte bei den Impfstoffen. Jetzt sehen wir eine zweite Etappe, die durch steigende Zinsen angetrieben wird. Wir müssen abwarten, wie sich diese Situation entwickelt, wenn sich die Inflation und die wirtschaftliche Beschleunigung bestätigen. Anleger könnten nach weiteren Gelegenheiten im Value-Bereich suchen, mit einer zyklischen Ausrichtung, um von der mehrjährigen Rotation zu profitieren.

·     Ist der Emerging Markets Case angesichts steigender Renditen noch gültig? Schwellenländer-Anlagen reagieren empfindlich auf den USD und US-Zinsen, aber die Emerging Markets sind jetzt in Bezug auf Inflation und Ungleichgewichte bei der Leistungsbilanz in viel besserer Verfassung als 2013, insbesondere die "Fragile Five". Schwellenländeranleihen könnten eine Schlüsselrolle als Renditequelle in globalen Portfolios spielen. Wir bleiben mittel- bis langfristig konstruktiv für Emerging Markets-Hartwährungs-Anleihen, kurzfristig sind wir jedoch weiterhin defensiv. Das Gleiche gilt für Lokalwährungen, die bei einem mittelfristig pessimistischen Ausblick für den USD Potenzial zur Outperformance haben. Kurzfristig sind diese Aussichten weniger günstig, da der USD stärker werden könnte. Emerging Markets-Aktien sind die bevorzugte Emerging Markets-Anlage – ein Engagement in Wachstum zu angemessenen Preisen und mit positiven Gewinnaussichten.

·     Eine höhere Inflation ist schwierig für die traditionelle Risikostreuung, da die Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen positiv werden. Man sollte in Erwägung ziehen, Allokationen in Anlagen wie inflationsgebundene Anleihen, Sachwerte (Immobilien und Infrastruktur) und Rohstoffe zu erhöhen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in einer Welt mit überzogenen absoluten Aktien- und Anleihebewertungen der relative Wert der einzige Wert ist, der den Märkten noch bleibt. Anleger sollten auf den relativen Wert "innerhalb" und "zwischen" den Anlageklassen achten. In dieser Hinsicht könnten Absolute Return-Strategien, die darauf abzielen, relativen Wert in den Märkten mit begrenztem direktionalem Risiko zu extrahieren, zur Verbesserung der Diversifizierung beitragen.“

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