Forschung und Entwicklung

Fraunhofer-Gesellschaft legt Positionspapier zu Normen und Standards vor

Im Wettbewerb um Technologien und Zukunftsmärkte spielen Normen und Standards eine entscheidende Rolle. Für Unternehmen sind sie ein Instrument, um Forschungsergebnisse und Know-how in erfolgreiche Produkte zu verwandeln. Doch viele Unternehmen lassen das enorme Potenzial bisher ungenutzt. Die politischen Entscheider sind sich der Tragweite des Themas teilweise noch nicht vollends bewusst. Jetzt präsentiert die Fraunhofer-Gesellschaft ein Positionspapier, um Politik und Wirtschaft für dieses Thema zu sensibilisieren. Es soll auch das Bewusstsein für die strategische Bedeutung von Standards schärfen – und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik.

Sehr zögerlich agieren deutsche Unternehmen, wenn es darum geht, sich an Prozessen zur Standardisierung und Normung innovativer Technologien zu beteiligen. Angesichts der zentralen Bedeutung von Standards für ein global erfolgreiches Wirtschaftssystem ist das eine alarmierende Entwicklung. Denn Standards und Normen sorgen in allen Branchen für den Transfer von Forschungsergebnissen und Technologie-Know-how in qualitativ hochwertige, sichere und marktfähige Produkte. Sie gewährleisten zudem, dass Produkte miteinander kompatibel sind. Das wiederum erleichtert es Unternehmen, ihre Technologien schneller auf dem internationalen Markt zu platzieren.

Da verwundert es, dass Unternehmen dieses Potenzial weitgehend ungenutzt lassen. Und auch die Politik unterschätzt das Thema bislang. Die Fraunhofer-Gesellschaft hat deshalb ein Positionspapier für den Deutschen Bundestag erstellt. Es soll bei den politisch Verantwortlichen das Bewusstsein für die enorme Bedeutung von Standards für Wirtschaft und Gesellschaft schärfen. Zudem enthält es konkrete Handlungsempfehlungen für politische Maßnahmen.

Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, erklärt: »Technologische Exzellenz, Innovationskraft und die effiziente Umsetzung von Forschungsergebnissen in überzeugende Produkte – das sind Markenzeichen der deutschen Wirtschaft. Doch um sich im globalen Wettbewerb weiter an der Spitze zu behaupten und nachhaltig Wertschöpfung gestalten zu können, ist die Mitarbeit an Standardisierungsprozessen und in den entsprechenden Gremien eine entscheidende Voraussetzung. Nur so lassen sich Technologien strategisch auf den Märkten etablieren. Hier ist Deutschland seit einiger Zeit nicht mehr optimal aufgestellt. Wir erleben, wie Unternehmen, beispielsweise aus China oder den USA, offensiv Standards setzen, etwa bei Halbleitern, in der Telekommunikation, bei Internet-Technologien und Künstlicher Intelligenz. Wenn wir in Deutschland und Europa nicht in Abhängigkeiten geraten und technologische Souveränität verlieren wollen, müssen wir jetzt unsere Bemühungen hinsichtlich dieser Standardisierungsprozesse deutlich intensivieren.«

Christoph Winterhalter, Vorstandsvorsitzender des DIN (Deutsches Institut für Normung), ergänzt: »Ideen oder Forschungsergebnisse allein generieren noch keinen Markt. Es braucht Unternehmen und Akteure, die diese aufgreifen, nutzen und verbreiten. Normen und Standards spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie sorgen für Vertrauen und Akzeptanz bei den Marktteilnehmern und erhöhen so die Erfolgschancen innovativer Lösungen. DIN unterstützt den Vorstoß der Fraunhofer-Gesellschaft aktiv, die wichtige Rolle der Normung zu verdeutlichen und entsprechende Handlungsoptionen aufzuzeigen.«

Handlungsempfehlungen für die Politik

Das Positionspapier der Fraunhofer-Gesellschaft präsentiert zwölf konkrete Handlungsempfehlungen für die politischen Akteure. So soll beispielsweise in Zukunft das Thema Normung in Förderprogrammen für nachhaltige Technologien explizit berücksichtigt werden. Die Mitarbeit von Wissenschaftlern und Mitarbeitenden in Unternehmen in Standardisierungsgremien sollte ebenfalls stärker unterstützt werden. Dadurch entstehende Kosten sind als förderfähige Forschungs- und Entwicklungskosten zu qualifizieren. Auch in der Bildung besteht Handlungsbedarf: In wirtschafts- sowie techniknahen Studiengängen sollte die Standardisierung in die Lehrpläne eingebaut werden.

Raoul Schönhof aus dem Vorstandsbereich Technologiemarketing und Geschäftsmodelle erklärt: »Gerade bei Mega-Trends wie Quantencomputer, Wasserstoff, Mobilität und Künstliche Intelligenz verfügt Deutschland über eine Fülle vielversprechender Forschungsaktivitäten und überragendes Technologie-Know-how. Für Politik und Wirtschaft bietet sich hier die einzigartige Chance, anstehende Standardisierungsprozesse proaktiv mitzugestalten und damit eine Führungsposition in Technologie-Feldern einzunehmen, die in Zukunft für unsere ganze Gesellschaft relevant sein werden. Diese Chance müssen wir jetzt ergreifen. Das Fraunhofer-Positionspapier versucht an dieser Stelle praktisch gangbare Lösungswege für die Politik aufzuzeigen.«

Fraunhofer-Studie zu Normen und Standards

Erstellt wurde das Positionspapier vom Competence Center »Normen und Standards« der Fraunhofer-Gesellschaft. Es baut auf einer Studie zum Thema Normen und Standards auf, die von Fraunhofer-Forschenden im Herbst 2020 erstellt wurde. Diese Studie geht der Frage nach, warum Unternehmen, Institutionen und Forschungseinrichtungen in Deutschland sich bisher noch zu wenig bei diesem Thema engagieren. Zudem präsentiert die Studie Handlungsempfehlungen für konkrete Strategien, mit denen Unternehmen sich erfolgreich in Standardisierungsprozesse einbringen können.

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