NABU Hamburg warnt: Die Luft an der Elbe ist und bleibt dreckig
„Unsere Messungen zeigen: Wer in Hamburg vor allem nördlich der Elbe lebt, ist angesichts der vorherrschenden Süd-West-Windrichtung einer erhöhten Gesundheitsgefahr durch schlechte Luft ausgesetzt. Mit dem Landstromausbau an einigen Handels- und Kreuzfahrtterminals ist zwar ein erster wichtiger Schritt gemacht, es müssen aber dringend weitere folgen. Um die Menschen besser vor gesundheitsgefährlichen Emissionen zu schützen, muss der Senat schärfere Vorgaben für die lokale und internationale Schifffahrt machen und gleichzeitig innerhalb des Hafen alle Potentiale ausschöpfen“, mahnt Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg. Dazu gehört unter anderem die lange angekündigte, aber nie umgesetzte Verlagerung von täglich rund 3000 Lkw-Containerumfuhren innerhalb des Hafens von der Straße auf das Wasser. Auch vor dem Hintergrund des Klimaschutzes sollten zu Land und zu Wasser schnellst möglich vollständig emissionsfreie Lösungen eingesetzt werden.
Die Messnetz-Daten für das letzte Jahr zeigen insbesondere für das gesundheitsgefährliche Stickstoffdioxid (NO2) kontinuierlich hohe, sowie kurzfristige extrem hohe Belastungen. Am stärksten war die Belastung am St. Pauli Fischmarkt, wo mit einem Jahresmittelwert von 38 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3) der Jahresgrenzwert von 40 µg/m3 nur knapp unterschritten worden ist. Kurzzeitig finden sich zudem immer wieder Werte im dreistelligen und sogar knapp vierstelligen Bereich. Besonders hohe Belastungen hat der NABU zudem auch am benachbarten Pinnasberg (34 µg/m3) sowie am Olbersweg (37 µg/m3) in Altona feststellen können. Selbst in Teufelsbrück waren es immer noch über 25 µg/m3, ein Wert, den man weit ab vom Stadtzentrum eigentlich nicht erwarten würde.
Auch wenn der Grenzwert nicht überschritten wird, bleiben die Zahlen oft nur knapp unterhalb des gesetzlich Erlaubten. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung von dauerhaft betroffenen Personen kann laut Umweltbundesamt schon deutlich unter dem Grenzwert von 40 µg/m3 angenommen werden. An der Elbe lauert eine ernstzunehmende Gesundheitsgefahr, denn besonders Stickoxide schädigen die Atemwege und reizen die Schleimhäute. Die sehr hohen kurzfristigen Belastungen können, insbesondere für Menschen mit Vorerkrankungen wie Asthma auch zur akuten Gefahr werden. Zudem zeigen Studien, dass Menschen in Gebieten mit schlechter Luftqualität ein höheres Risiko für schwere Krankheitsverläufe mit COVID-19 haben.
„Die Schifffahrt ist und bleibt das größte Sorgenkind der Luftreinhaltung. Während die Mobilitätswende an Land langsam an Fahrt gewinnt, bleibt die Schifffahrt zum Leidwesen der Anwohner*innen bisher weitgehend außen vor. Bis internationale Regulierungen zu spürbaren Veränderungen für die Menschen in Hamburg führen, wird noch viel Wasser die Elbe hinunterfließen. Umso wichtiger ist es, dass der Senat stärker direkt vor der eigenen Haustür schaut und beispielsweise den Fahrgastschiffen einen Weg in Richtung Emissionsfreiheit vorgibt“ appelliert Sönke Diesener, Referent für Umweltpolitik.
Es gibt jedoch auch gute Nachrichten. Für das gesundheitsschädliche Schwefeldioxid hat der NABU an keinem der Standorte besonders hohe Konzentrationen feststellen können. „Dies zeigt auch wie gut verschärfte Regulierungen wirken, denn für diesen Schadstoff gab es in den letzten Jahren für die Schifffahrt drastische Reduktionsvorgaben“, so Diesener.
Hintergrund:
Durch seine innerstädtische Lage trägt der Hamburger Hafen erheblich zur Schadstoffbelastung in der Stadt bei. 40 Prozent der gesamten Stickoxid-Belastung in der Hansestadt werden allein durch die Emissionen der Schifffahrt verursacht. Wie viel genau der gesamte Hafen beiträgt, wird behördlich nicht offiziell ermittelt. Städtische Messstationen gibt es im Hafengebiet kaum. Daher hat der NABU Hamburg mit Anwohner*innen und dem Start-Up Breeze Technologies ein eigenes Luftmessnetz aufgesetzt. An neun verschiedenen Standorten zwischen Blankenese im Westen und der HafenCity im Osten, messen die Sensoren des NABU-Luftmessnetzes die Schadstoffbelastung durch Stickoxide, Ozon, Schwefeloxide und Feinstaub. Das Projekt wurde von der Norddeutschen Stiftung für Umwelt und Entwicklung (NUE) gefördert.
Quellen:
Grenzwerte: https://ec.europa.eu/environment/air/quality/standards.htm
Umweltbundesamt (2018): „Wie sehr beeinträchtigt Stickstoffdioxid (NO2) die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland“, online verfügbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/uba_factsheet_krankheitslasten_no2.pdf
Zusammenhang von Luftverschmutzung und COVID-19: https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2021/658216/IPOL_STU(2021)658216_EN.pdf
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