Stickstoff-Grenzwerte der TA Luft schaden empfindlichen Lebensräumen und Insekten
Besonders kritisch ist das sogenannte Abscheidekriterium. Dieser Wert legt fest, wie viel Stickstoff, zum Beispiel in Form von Ammoniak, aus Anlagen wie Tierställen ohne vorherige Prüfung freigesetzt werden darf. Wird in empfindliche Lebensräume, etwa Biotope, zu viel Stickstoff eingetragen, hat dies einen nachteiligen Dünge-Effekt: Häufige Pflanzenarten wie Gräser und Brennnesseln wachsend rasend schnell und verdrängen andere, oft seltene Pflanzenarten. Der NABU unterstützt die Forderung der Juristen und fordert den Bundesrat auf, der Novelle in der vorliegenden Form nicht zuzustimmen.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: “Die Einschätzung der Experten ist eindeutig: In ihrer jetzigen Form wird die TA Luft das Artensterben in geschützten Lebensräumen weiter befördern. Schon heute wissen wir, dass die Grenzwerte des Entwurfs enormen Schaden in Biotopen anrichten werden. Darüber hinaus mangelt es dem Vorschlag an Rechtssicherheit. Erst vor kurzem hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass sich der Eintrag von Stickstoff immer an den umliegenden geschützten Biotopen und deren Empfindlichkeit orientieren muss. Eine starre Festlegung auf einen festen Grenzwert, wie ihn die bisherige Fassung der TA Luft vorsieht, widerspricht diesem Urteil.”
Hintergrund:
Die sogenannten Critical Loads definieren Grenzwerte für schädliche Stickstoffeinträge, die in stickstoffempfindlichen Lebensräumen eingehalten werden müssen. Für die geschützten Natura 2000-Gebiete gilt bislang ein Grenzwert von 0,3 kg N/ha/a. Obwohl geschützte Biotope – etwa Trockenrasen oder Wacholderheiden – genauso empfindlich sind wie Natura 2000-Gebiete, sieht der jetzige Entwurf der TA Luft für sie einen 17- bis 34-fach höheren Grenzwert vor. Bereits jetzt liegt die Stickstoffbelastung der Flächen in Deutschland ohne Zusatzeinträge (Hintergrundkonzentration) bei über 10 kg N/ha/a. Somit werden im jetzigen Entwurf der TA Luft dauerhaft zusätzliche Stickstoffeinträge zugelassen, von denen man bereits heute weiß, dass sie die Biotope zukünftig enorm schädigen wird.
Das BVerwG hat in seinem Urteil (21.1.2021, 7 VC 9.19) erst kürzlich bestätigt, dass ein zusätzlicher Eintrag von 5 kg N/ha/a für gesetzlich geschützte Biotope fachlich nicht zu rechtfertigen ist. Der Grenzwert muss sich laut Urteil immer an der konkreten Empfindlichkeit des Biotops orientieren. Laut BVerwG sind bereits zehn Prozent des Critical Loads zu hoch – also je nach Empfindlichkeit des Biotops 0,5 bis maximal 2 kg N/ha/a.
Umweltjurist*innen-Brief zur TA Luft
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