Vier ausgezeichnete Debüts
2021 gehen die Kinderliteratur-Stipendien an Ayşe Bosse für Pembo – Halb und halb macht doppelt glücklich! (Carlsen Verlag) und an Franz Orghandl für Der Katze ist es ganz egal (Klett Kinderbuch). Die Jugendbuch-Stipendiatinnen sind Sarah Jäger und Verena Keßler, ausgezeichnet werden sie für ihre Debüts Nach vorn, nach Süden (Rowohlt rotfuchs) und Die Gespenster von Demmin (Hanser Berlin).
Da die traditionelle Übergabe zur Leipziger Buchmesse dieses Jahr nicht stattfinden kann, porträtiert ein Video die ausgezeichneten Autorinnen: Im Gespräch mit je einem Jurymitglied erzählen sie von ihrer Arbeit und lesen aus ihren Werken. Das Video ist über die Homepage des Arbeitskreises für Jugendliteratur sowie des Deutschen Literaturfonds abrufbar.
Kinderbuch-Stipendiatinnen
Ayşe Bosse wuchs in einer türkisch-deutschen Familie auf und lebt heute als Autorin und Schauspielerin in Hamburg. Pembo – Halb und halb macht doppelt glücklich! ist ihr erster Roman für Kinder. In diesem erzählt sie humorvoll und temporeich die Geschichte der 11-jährigen Pembo, die mit ihrer Familie von der Türkei, dem schönsten Land der Welt, ins regengraue Deutschland zieht. Humorvoll und einfallsreich spielt die Autorin mit kulturellen Klischees. "Wer denkt, Integration sei eine bierernste Angelegenheit, wird eines Besseren belehrt", lobt die Jury. "Mit dem Zeug zur Culture-Clash-Komödie jagt eine Pleite die nächste Panne bis zum hollywoodreifen Showdown. Das ist Horizonterweiterung für alle."
Franz Orghandl, 1980 in Wien geboren, arbeitet als Autorin und Übersetzerin. In ihrem Kinderroman-Debüt Der Katze ist es ganz egal nimmt sie sich mit Souveränität des aktuellen Themas Transgender an: aus Leo wird Jennifer. Selbst wenn die Erwachsenen ihre Probleme mit dieser Verwandlung haben, stellen die Freunde den Selbstfindungsprozess nicht in Frage. "Es ist wie es ist. Das ist gendergerecht, weil es mit Rollen und Normen jongliert. Es ist transgendergerecht, weil es Grenzüberschreitung vormacht, aber nicht zum alleinigen Maßstab erhebt", begründet die Jury ihre Wahl.
Jugendbuch-Stipendiatinnen
Sarah Jäger lebt und arbeitet u.a. als Theaterpädagogin und Buchhändlerin im Ruhrgebiet. Mit ihrem Coming-of Age-Roman Nach vorn, nach Süden legt sie ein herausragendes Debüt vor. Der Hinterhof des Penny-Marktes ist Treffpunkt für eine Gruppe Jugendlicher und Ausgangspunkt für ihre vielschichtige Milieustudie. Dort beschließen Marie, Can und die 19-jährige Ich-Erzählerin Lena, sich auf die Suche nach Jo zu machen, der seit Monaten verschwunden ist. Und so beginnt in der Hitze eines Ausnahmesommers ein Roadtrip quer durch die Republik und durch die Geschichte derer vom Hinterhof. "Was als wohlmeinende Prekariats-, Diversitäts- und Intergrationsgeschichte hätte vor die Wand gefahren werden können, besticht durch Ehrlichkeit ohne Sentimentalität", urteilt die Jury.
Verena Keßler, geboren 1988 in Hamburg, lebt in Leipzig, wo sie am Deutschen Literaturinstitut studierte. Die Gespenster von Demmin ist ihr erster Roman. In dem gleichnamigen Ort Demmin fand Ende des Zweiten Weltkrieges der größte Massensuizid Deutschlands statt. Hier sind die jugendliche Protagonistin Larry, die möglichst schnell erwachsen werden möchte, sowie die alte Frau Dohlberg, die sich auf ihren Umzug ins Seniorenheim vorbereitet, zu Hause. Während die eine davon träumt, Kriegsreporterin zu werden, ist die andere eine der letzten Zeitzeuginnen des Zweiten Weltkrieges. "Im Wechsel zwischen den Perspektiven beginnt eine zweigeteilte Spurensuche", hebt die Jury hervor, "die zur brillanten Engführung zwischen den Generationen, zwischen jüngster Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird."
Der Jury zu den Kranichsteiner Kinder- und Jugendliteratur-Stipendien 2021 gehören an: Christine Knödler (Freie Journalistin), Ralf Schweikart (Vorsitzender des Arbeitskreis für Jugendliteratur) und Prof. Dr. Karin Vach (Vorsitzende der Kritikerjury zum Deutschen Jugendliteraturpreis). Die vollständigen Jurybegründungen finden sie hier.
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