EU-Medizinprodukte-Verordnung startet holprig
Darüber hinaus sollten so genannte Remote Audits zugelassen werden, um Zertifizierungen unter der MDR voranzutreiben. Für solche digitalen Auditierungen gibt es allerdings immer noch keine ausreichende rechtliche Basis, das Vorgehen der Mitgliedsstaaten ist nicht harmonisiert und Neuentwicklungen drohen auf der Strecke zu bleiben. „Wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, riskiert Deutschland seinen Spitzenplatz in Europa als Standort für innovative Medizintechnik zu verlieren“, befürchtet Leonhard und spitzt es weiter zu: „Firmen werden sich zukünftig den ersten Marktzugang mit Innovationen immer weniger in Europa leisten können, da bei uns die Marktzugangskosten zu hoch sind.“ Dadurch werde Europa seine bisher starke Position im internationalen Wettbewerb weiter selbstverschuldet schwächen.
Ungelöst bleiben zudem die Probleme um die europäische Datenbank Eudamed. „Eudamed als Herzstück der MDR fehlt weiterhin und soll erst 2022 funktionsfähig sein. Jetzt drohen nationale Sonderlösungen und Doppelstrukturen, wenn notwendige Daten in verschiedenen nationalen Systemen erfasst werden müssen. Wir brauchen daher dringend ein einheitliches europäisches Vorgehen und pragmatische Lösungen“, betont Leonhard.
SPECTARIS fordert darüber hinaus die Politik in Berlin und Brüssel auf, brachliegende Digitalisierungspotentiale zu nutzen. So ist die Möglichkeit zur Bereitstellung so genannter elektronischer Gebrauchsanweisungen aktuell sehr begrenzt. „Die derzeitige enge Beschränkung des Geltungsbereichs auf eine Liste spezifischer Geräte erlaubt weder neue Entwicklungen und Innovationen ohne regelmäßige und ständige Aktualisierungen der Verordnung einzubeziehen, noch kommt sie den Bestrebungen der Europäischen Kommission im Sinne seiner Digitalisierungsstrategie und seines Green Deals nach“, kritisiert Leonhard. „Die MDR muss strategisch weiterentwickelt werden: Bürokratische Hemmnisse müssen verschwinden, die Branche braucht endlich Verlässlichkeit und innovationsfördernde Rahmenbedingungen.“
SPECTARIS ist der Deutsche Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik mit Sitz in Berlin. Der Verband vertritt 450 überwiegend mittelständisch geprägte deutsche Unternehmen. Der Fachverband Medizintechnik im Deutschen Industrieverband SPECTARIS vertritt rund 150 vorwiegend mittelständische Mitgliedsunternehmen. Diese sind innovative Hersteller von Medizinprodukten und Medizintechnik sowie qualitätsorientierte nichtärztliche Leistungserbringer aus dem Bereich der respiratorischen Heimtherapie. Mit ihren mehr als 152.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwirtschafteten die 1.450 Medizintechnikbetriebe in Deutschland (mit mehr als 20 Beschäftigten) im Jahr 2020 einen Gesamtumsatz von über 34 Mrd. Euro. Die Exportquote beträgt rund 66 Prozent.
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