KBA kann im Abgasskandal von Fiat-Chrysler nach EU-Recht Rückruf anordnen / Dr. Stoll & Sauer fordert Behörde zum Handeln auf
EU-Rechtslage im Abgasskandal von Reise- und Wohnmobilen
Seit Frühjahr 2016 schwelt der Abgasskandal bei Fiat-Chrysler. Damals stellte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) überhöhte Abgaswerte am Fiat 500X und dem verbauten Multijet-Motor fest. Das alarmierte KBA bestätigte durch eigene Tests die Ergebnisse der DUH am 500X und zusätzlich am Fiat Ducato. Die meisten Hersteller von Wohnmobilen setzen beim Basisfahrzeug auf den Ducato. Die Bosch GmbH gab zudem in Gesprächen mit der Behörde zu, für Fiat Abschalteinrichtungen gefertigt zu haben. Trotzdem erhielten die mit Multijet-Motoren ausgestatteten Reise- und Wohnmobile in Deutschland eine Typgenehmigung – auf Intervention des damaligen CSU-Generalsekretärs Andreas Scheuer. Und der war vom Wohnmobil-Hersteller Knaus Tabbert gedrängt worden. Dem KBA schienen die Hände gebunden, weil die Zulassung für die Fiat-Motoren in Italien ausgestellt worden war. Doch seit 2018 hat die Behörde ein rechtliches Instrumentarium zur Hand, um aktiv gegen die Motorenmanipulation vorzugehen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer fasst die Rechtslage in der EU zum Thema Typgenehmigung zusammen:
- Die Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 beschäftigt sich intensiv mit der Genehmigung und der Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen inklusive derer Systeme, Bauteile und selbstständigen technischen Einheiten. Spannend wird es in Artikel 52. Hier geht es darum, was Einzelstaaten und die EU-Kommission unternehmen können, wenn solche national zugelassenen Fahrzeuge, Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten eine ernste Gefahr darstellen oder nicht konform mit EU-Recht sind. Und die Motoren entsprechen nicht dem EU-Recht. Davon geht auch das KBA aus und hat daher bereits mehrmals bei der italienischen Zulassungsbehörde interveniert. In Italien verhallten die mahnenden Worte aus Deutschland ungehört.
- Deshalb kann die deutsche Zulassungsbehörde aktiv werden und muss nicht auf Italien warten. In Absatz 3 heißt es wörtlich: „Ergreifen Wirtschaftsakteure innerhalb des betreffenden Zeitraums (…) keine angemessenen Abhilfemaßnahmen oder erfordert die Gefahr ein rasches Handeln, so treffen die nationalen Behörden alle geeigneten vorläufigen beschränkenden Maßnahmen, um die Bereitstellung auf dem Markt, die Zulassung oder die Inbetriebnahme der Fahrzeuge, Systeme, Bauteile oder selbstständigen technischen Einheiten auf ihrem nationalen Markt zu untersagen oder einzuschränken oder um sie von diesem Markt zu nehmen oder zurückzurufen.“
- Das bedeutet: Das KBA kann nicht nur einen Rückruf starten, sondern sogar die Zulassung untersagen, einschränken oder Fahrzeuge vom Markt nehmen.
- Und auch der EU-Kommission, die ebenfalls vom Skandal informiert ist und deshalb ein Verfahren gegen Italien eingeleitet hat, sind die Hände nicht gebunden. In Absatz 4 heißt es dazu: „Die Kommission kann Durchführungsrechtsakte über eine Klassifizierung des Ausmaßes der Nichtübereinstimmung erstellen und über die geeigneten Maßnahmen ausarbeiten, die von den nationalen Behörden zu ergreifen sind, um die einheitliche Anwendung dieses Artikels zu gewährleisten. (…).“
- In Artikel 54 Absatz 1 erhält das KBA sogar die Möglichkeit, die Typgenehmigung aus Italien abzulehnen. Wörtlich heißt es: „Stellt eine Genehmigungsbehörde fest, dass eine erteilte Typgenehmigung nicht den Vorschriften dieser Verordnung entspricht, so lehnt sie die Anerkennung einer solchen Genehmigung ab.“
- KBA und EU-Kommission müssen daher handeln. Letztlich hätten sie seit Mitte 2018 aktiv werden müssen. Die Fakten liegen nach Ansicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer auf dem Tisch. Nach drei Jahren beginnt jetzt das KBA zu handeln und prüft Maßnahmen, wie dem EU-Recht Geltung verschafft werden kann. Diese Entwicklung hat auch Auswirkungen auf laufende Verfahren gegen Fiat-Chrysler/Stellantis. Die Chancen der Verbraucher vor Gericht berechtigte Ansprüche durchzusetzen, steigen enorm, wenn das KBA von Manipulationen ausgeht. Die Kanzlei rät daher betroffenen Verbrauchern dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen. Im kostenfreien Online-Check der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal herausfinden. Die Fälle werden individuell geprüft, ehe man sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigt.
In der Gewährleistung raus aus dem Abgasskandal von Fiat-Chrysler
Um als geschädigter Verbraucher im Diesel-Abgasskandal von Fiat Chrysler/Stellantis und Iveco seine Ansprüche durchzusetzen, gibt es neben der Möglichkeit FCA zu verklagen auch die Chance, die Gewährleistung in Anspruch zu nehmen und so sein manipuliertes Fahrzeug zurückzugeben. Denn jeder Verkäufer ist verpflichtet, seinen Kunden die gekaufte Ware frei von Mängeln zu übergeben. Geschieht dies nicht, haben Verbraucher einen gesetzlichen Anspruch auf Gewährleistung gegenüber dem Verkäufer (§§ 437, 438 BGB). Hier die wichtigsten Fakten zur Gewährleistung:
- Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits 2019 illegale Abschalteinrichtungen im Fall von VW als Sachmangel eingestuft. Dabei kann sogar die Neulieferung eines mangelfreien Fahrzeugs am Ende des Verfahrens stehen. Auch dazu gibt es im VW-Fall genügend Beispiele und Urteile. Diese Rechtsprechung greift natürlich auch bei anderen im Abgasskandal verwickelten Herstellern wie Fiat-Chrysler und Iveco.
- Die Gewährleistungsdauer bei neu gekauften Waren – also auch Fahrzeugen – beträgt 2 Jahre. Bei der Gewährleistung ist es besonders unkompliziert, sein manipuliertes Fahrzeug loszuwerden. Der BGH hat 2019 illegale Abschalteinrichtungen als Sachmangel bezeichnet. Klagt der Verbraucher gegen Fiat-Chrysler, so muss er die vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB erst noch nachweisen. Bei der Gewährleistung genügt das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung, um ans Ziel zu kommen.
- Verwechselt darf die Gewährleistung nicht mit der Garantie werden. Eine Garantieist eine freiwillige Leistung – meist des Herstellers. Der Garantiegeber verpflichtet sich grundsätzlich zu einem bestimmten Handeln in einem bestimmten Fall. Die Erklärung einer Garantie ist freiwillig und dient dazu, das Vertrauen des Kunden zu stärken. Die Garantie beinhaltet also eine freiwillige Selbstverpflichtung des Herstellers oder des Händlers, die über den Kaufvertrag hinaus geht.
- Die Gewährleistung hingegen ist gesetzlich geregelt und ist daher ein wesentlich stärkeres Instrument im Verbraucherschutz. Die Frist von zwei Jahren beginnt mit dem Tag der Warenübergabe zu laufen – also nicht mit der Bezahlung oder der Kfz-Zulassung. Bei der Gewährleistungsfrist müssen beim Autokauf verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Bei einer individuellen Prüfung muss der Beginn, die Dauer und das Ende der Gewährleistung genau bestimmt werden. Oftmals stellt sich heraus, dass die Gewährleistung länger dauert als angenommen wurde. Das muss individuell geprüft werden – am besten von einem Rechtsanwalt. In unserem kostenfreien Online-Check lässt sich das schnell herausfinden.
Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Die Kanzlei führt mehr als 15.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit, konnte bereits tausende positive Urteile und über 10.000 verbraucherfreundliche Vergleiche erstreiten.
In dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018, 2018/2019 und 2019/2020 wird die Kanzlei in der Rubrik Konfliktlösung – Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG und verhandelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Euro-Vergleich aus. Damit haben die beiden Inhaber Rechtsgeschichte geschrieben. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei deshalb für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.
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