Finanzen / Bilanzen

Neue EU-Handelsstrategie kann deutschen Firmen den Rücken stärken

In einer Stellungnahme hat der Deutsche Industrieverband SPECTARIS der EU-Kommission eine Stärkung des Rechtsrahmens für Unternehmen und eine klare Unterstützung der Außenwirtschaftsaktivitäten europäischer Unternehmen – auch über neue Finanzierungsinstrumente – vorgeschlagen.

Anlass der Stellungnahme ist eine öffentliche Konsultation der EU-Kommission, die sich mit der Abwehr ungebührlicher wirtschaftlicher Einmischung von Drittstaaten befasst. Die EU sucht dabei einen Mechanismus gegen Praktiken von Nicht-EU-Ländern, die die EU oder ihre Mitgliedstaaten dazu drängen, bestimmte politische Maßnahmen zu ergreifen oder zurückzuziehen. Diese Maßnahme ist Teil einer neuen Handelsstrategie, die europäische Interessen im weltweiten Handel selbstbewusster vertreten will.

SPECTARIS begrüßt, dass die Handelsstrategie auf mehr Transparenz und auf neue Instrumente vor allem im digitalen Bereich setzt. „Es ist richtig, dass die EU ihre Stärke bei Fragen des internationalen Handels, in der Außenwirtschaftspolitik und als Basis für Freihandelsgespräche einsetzt“, betont SPECTARIS-Geschäftsführer Jörg Mayer. „Die Zusammenarbeit mit wichtigen Handelspartnern wie den USA oder China wird immer anspruchsvoller. Wir müssen einen Weg finden, international anerkannte und gültige Regeln verlässlich durchzusetzen.“ Ein Pfeiler dafür ist die Stärkung der WTO. Diese kann helfen, den EU-Binnenmarkt vor unfairem Wettbewerb durch Dritte zu schützen und die Nichtbefolgung internationaler Spielregeln wieder strenger zu sanktionieren.

SPECTARIS empfiehlt in seiner Stellungnahme außerdem klare rechtliche Vorgaben: Mittels eindeutig formulierter EU-Richtlinien oder FAQs zur Umsetzung der Compliance-Vorgaben von Drittstaaten, sollen die bisher oft vagen Regelungen etwa zu Sanktionen seitens China oder den USA abgelöst werden. Letztere boten Behörden und betroffenen Unternehmen oft einen großen Interpretationsspielraum. Ein angemessener Bewertungsprozess der möglichen EU-Gegenmaßnahmen, der die relevanten Interessengruppen durch Konsultationen oder öffentliche Anhörungen in den Entscheidungsprozess einbindet, kann hier Übersicht schaffen.

Für den oft ebenfalls betroffenen Zahlungsverkehr empfiehlt SPECTARIS sicherzustellen, dass eine unabhängige Bank wie die Europäische Exportbank in der Lage ist, Zahlungskanäle zu sanktionierten Drittländern offen zu halten. Ein weiteres Instrument wären Exportkreditgarantien zum Schutz vor Zwangsmaßnahmen, mit denen die EU europäische Unternehmen unterstützen kann.

Mayer: „Wir müssen die strategische Zusammenarbeit mit den wichtigsten EU-Handelspartnern stabilisieren, Beziehungen ausbauen und Allianzen mit gleichgesinnten Staaten schaffen. Dies ist der richtige Weg, um abseits der großen Handelsnationen USA und China auch neue Regionen enger an Europa zu binden.“ Die im April verkündete Asien-Pazifik-Strategie der EU ist ein gutes Beispiel, wie weitere wichtige Handelsregionen erschlossen werden können. „Diese Strategie muss auch auf andere bedeutsame Regionen wie Mercosur und auf die Märkte Afrikas übertragen werden. Die Märkte sind stärker voneinander abhängig denn je, das hat gerade die Corona-Krise gezeigt. Deshalb bedarf es einer längerfristigen, strategischeren Planung in Handelsfragen“, so Mayer. Dabei sollte die EU zwei Instrumente nutzen: Erstens muss die WTO verstärkt als Plattform für den intensiven Dialog auf plurilateraler Ebene mit den anderen Weltregionen und Ländern dienen. Zweitens muss die EU durch strategisch ausgerichtete Freihandelsgespräche mit Drittstatten oder mit dem Verband Südostasiatischer Nationen, kurz ASEAN, in direkte Verhandlungen gehen.

Die Grundlage für eine erfolgreiche Handelspolitik und  für die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit bleibt jedoch die Aktivierung und gezielte Unterstützung der eigenen Industrie. SPECTARIS fordert daher Investitionen in die Innovationsfähigkeit der europäischen Unternehmen bei gleichzeitigem Ausbau der Infrastruktur. Rahmenbedingungen für den internationalen Wettbewerb müssen im Heimatmarkt auf europäischer Ebene geregelt werden, ohne bürokratische Monster zu schaffen, die den Mittelstand unnötig belasten. Dies muss die wichtigste Prämisse bei allen gesetzlichen Regelungen sein, sei es bei der  EU-Blocking Verordnung, der gerade novellierten Dual-Use Verordnung oder beim geplanten europäischen Lieferkettengesetz.

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