Online-Fachveranstaltung am 16.06.2021
Herr Dr. Oexle, Köhler & Klett Rechtsanwälte und Vorstandsmitglied der DGAW, moderierte die Veranstaltung und gab zur Einführung einen kurzen Überblick über den rechtlichen Rahmen sowie seine praktisch-anwaltlichen Erfahrungen mit der Gewerbeabfallverordnung. Dabei bewertete er auch die aktuellen Aktivitäten der Bundesvereinigung Umwelt-Audit e.V. in diesem Bereich. Dr. Oexle ging zudem auf den Referentenentwurf zur Novellierung der Verordnung (Stand Dez. 2020) ein und wies auf die laufende Evaluierung hin.
Anschließend beleuchtete Herr Fiedler, Fehr Umwelt Ost, das Thema aus der Sicht des Betreibers einer Vorbehandlungsanlage und ging dabei insbesondere auch auf das Thema Sortier- und Recyclingquote ein. Er bemängelte, dass aufgrund des oft noch fehlenden Vollzuges die Auslastung der Vorbehandlungsanlagen noch nicht gegeben ist, so dass Refinanzierungen erschwert werden. Zudem forderte er, das sortierfähige kommunale Abfälle den gleichen Forderungen und Rahmenbedingungen aus der Gewerbeabfallverordnung wie gewerbliche Abfälle unterworfen werden sollten. Die in der Verordnung geforderte Sortierquote von 85% sein problemlos einzuhalten. Die Quote für das stoffliche Recycling liegt jedoch bei lediglich 6,5% und verfehlt die in der Verordnung geforderten 30% deutlich.
Zu diesem Ergebnis kam auch Frau Reh, Fraunhofer UMSICHT, die die Ergebnisse des Projekts „Ressourcenpotenziale im Gewerbeabfall“ vorstellte. Dort wurden aus Gewerbeabfallgemischen eine Recyclingquote für das stoffliche Recycling zwischen 15-17% erzielt.
Abschließend referierte Herr Wäntig, Melitta Group Management GmbH & Co. KG, zu den Erfahrungen mit der neuen Verordnung aus Sicht eines Abfallerzeugers. Keine Schwierigkeiten ergeben sich dabei bei der getrennten Sammlung, die mit einer Quote von 85% bereits seit Jahren etabliert ist sowie bei der Dokumentation. Auf die Pflicht-Restmülltonne könnte man jedoch verzichten. Bei Bau- und Abbruchabfällen wäre eine eindeutige Verantwortung beim Erzeuger wünschenswert.
Wesentliche Schlussfolgerungen aus den Vorträgen und der Diskussion:
- Die Recyclingquote von 30 % ist sehr deutlich zu anspruchsvoll. Die Bundesregierung, die gemäß § 6 Abs. 5 der Gewerbeabfallverordnung verpflichtet ist, zu prüfen, ob die Recyclingquote realistisch ist, sollte diese daher entsprechend anpassen. Im aktuellen Referentenentwurf zur Änderung der Gewerbeabfallverordnung ist dahingehend jedoch noch keine Änderung vorgesehen.
- Der Vollzug der Gewerbeabfallverordnung ist nicht ausreichend; es gibt erhebliche Vollzugsdefizite. Die neue Gewerbeabfallverordnung läuft Gefahr, das Schicksal ihrer Vorgängerregelung zu teilen und als bürokratischer Papiertiger zu enden.
- Dort wo die Gewerbeabfallverordnung vollzogen wird, konzentriert sich der Vollzug überwiegend auf die Entsorger. Diese entsorgerbezogene Vollzugspraxis ist tatsächlich und rechtlich verfehlt, weil es sich bei der Gewerbeabfallverordnung primär um eine erzeugerbezogene Verordnung handelt und der Vollzug dementsprechend auch bei dem Erzeuger stattfinden muss.
- Immissionsschutzrechtliche Nebenbestimmungen in Anlagengenzulassungen, die diesen entsorgerbezogenen Vollzug rechtlich zementieren, indem sie den Entsorgungsanlagenbetreiber z.B. bei der Annahme von Gemischen zur Prüfung verpflichten, ob der Erzeuger der angelieferten Abfälle seine diesbezüglichen Pflichten nach der Gewerbeabfallverordnung eingehalten hat, sind rechtswidrig und sollten rechtszeitig, also innerhalb der dafür vorgesehenen Frist, angegriffen werden.
- Der Gesetzgeber sollte künftig seinen Fokus – auch im Gewerbeabfallbereich – nicht einseitig auf immer höhere Recyclingquoten legen, sondern vielmehr die Nachfrage nach Rezyklaten stärken. Die Erfahrung zeigt, dass sich dort, wo eine stabile Nachfrage besteht, auch ein entsprechendes Angebot bildet.
- Getrennterfassung und die Herstellung von Rezyklaten müssen dann vom Gesetzgeber nicht mehr erzwungen, sondern nur noch kontrolliert werden. Die alleinige Forderung nach immer höheren Recyclingquoten hilft also per se nicht weiter: Ohne politische Instrumente zur Schaffung von Märkten für Rezyklate, wird es keine Kreislaufwirtschaft geben. Die DGAW fordert deshalb bereits seit Jahren die Einführung von Substitutionsquoten sowie Änderungen in der öffentlichen Beschaffung.
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