Steuerliche Forschungsförderung: Wer hat die Nase vorn – Frankreich, Deutschland oder Österreich?
In Deutschland trat nach vier Jahrzehnten Diskussionen über eine steuerliche Forschungsförderung am 1.1.2020 das Forschungszulagengesetz (FZulG) in Kraft. Peter Altmaier sagt: „Von der Forschungszulage profitieren v.a. der Mittelstand, aber auch das Handwerk und viele Unternehmen, die keine eigene Forschungsabteilung haben und auf Auftragsforschung angewiesen sind“. Wie innovativ und attraktiv ist die Forschungszulage im Vergleich zu Crédit d’Impôt Recherche (CIR) beim großen Nachbarn Frankreich oder zur Forschungsprämie in Österreich? Kann es zu einer Verlagerung von Forschungsaktivitäten kommen?
Die einzige große Gemeinsamkeit zur steuerlichen Forschungsförderung ist, dass stets steuerpflichtige Unternehmen unabhängig von der Rechtsform einen Anspruch auf Crédit d’Impôt Recherche (CIR), Forschungszulage oder Forschungsprämie haben. Unterschiede gibt es beim Fördersatz, den förderfähigen Kosten und der Bemessungsgrundlage.
Förderfähige Kosten
Bei den förderfähigen Kosten fällt auf, dass bei der Forschungszulage bei eigenbetrieblicher Forschung ausschließlich Personalkosten anerkannt werden, während in Frankreich und Österreich viele weitere Kosten Berücksichtigung finden. Die Ausweitung der förderfähigen Kosten ist auch nachvollziehbar, denn für Forschung bedarf es Räume, Materialien und vieler weiterer Maßnahmen, damit die Forscher und Entwickler die FuE-Tätigkeiten ausführen können – insbesondere, wenn ein hoher Innovationsgrad erwartet wird. Eine Doppelförderung von bereits geförderten Kosten ist in Deutschland ausgeschlossen, während es in Österreich und Frankreich Möglichkeiten zur Kombination gibt.
Antragsverfahren und Fristen
Beim Antragsverfahren wird deutlich, dass Frankreich die steuerliche Forschungsförderung in das komplexe Unternehmenssteuerrecht mit zahlreichen Anträgen integriert hat. Im Detail gibt es viele weitere Formulare, die hier nicht alle genannt werden können. Darüber hinaus existiert auch die Möglichkeit sich als in Deutschland ansässiges Forschungsinstitut eine CIR-Zertifizierung zu holen, was für Unternehmen aus Frankreich es attraktiv macht Forschung nach Deutschland auszulagern und trotzdem von der vollen Förderung zu profitieren. Eine solche Möglichkeit gibt es weder bei der Forschungsprämie noch bei der Forschungszulage.
Bei allen Programmen wird Auftragsforderung zu Sonderkonditionen gefördert. Ebenfalls müssen Unternehmen die erfolgten und geplanten Forschungsarbeiten dokumentieren. In Frankreich und Österreich, wo neben den Personalkosten viele weitere Kosten förderfähig sind, müssen neben der Personalplanung auch die angefallenen Kosten genau auf das FuE-Vorhaben aufgeschlüsselt werden. Was in Deutschland und Österreich effizienter organisiert wurde ist die inhaltliche Prüfung und Anerkennung des FuE-Projektes. Bei der Forschungszulage wird die Wissenschaftlichkeit des FuE-Vorhabens nur einmal geprüft. In den Folgejahren brauchen nur noch die Kosten beim Finanzamt eingereicht werden. Ebenfalls ist die zeitliche Flexibilität zur Einreichung/Beantragung der Forschungszulage als positiv für die Unternehmen zu bewerten.
Fördersatz und Deckelung
Frankreich hat bereits 1983 Crédit d’Impôt Recherche (CIR) eingeführt und seitdem mehrmals geändert. Seit 2008 werden alle Ausgaben für Forschung und Entwicklung gefördert und seit 2015 können Unternehmen in den französischen Überseegebieten 50 Prozent der FuE-Ausgaben geltend machen. Daneben gibt es noch das Förderinstrument für junge innovative Unternehmen: Jeune Entreprise Innovante (JEI) sowie eine Steuererleichterung (Patent-Box) für Einnahmen aus Lizenzen von Patenten und patentierbaren Erfindungen mit einem reduzierten Körperschaftsteuersatz. Besonders positiv sind die vielfältigen CIR-Erstattungsmöglichkeiten. Dies schafft einen Anreiz für Unternehmen und erhöht die Liquidität. Für Unternehmen in Österreich trat die Forschungsprämie im Jahr 2002 in Kraft. Der Fördersatz wurde sukzessive auf zuletzt 14 Prozent erhöht; es gibt keine Deckelung. In Deutschland beträgt der Fördersatz 25 Prozent jedoch gibt es einen Deckel, der für große Unternehmen/Konzerne ein deutlicher Nachteil ist.
Fazit
Bereits diese Gegenüberstellung macht deutlich, dass Frankreich aufgrund seiner langjährigen Erfahrung wesentlich attraktiver für FuE-betreibende Unternehmen als Deutschland sein könnte. Neben der Vielzahl an förderfähigen Aufwendungen überzeugt das französische Programm damit, dass es keine Deckelung gibt – ebenso wie bei der Forschungsprämie in Österreich, das eine noch nicht ausgezahlte Steuergutschrift als Sicherheit abgetreten oder von einem Kreditinstitut diskontiert werden kann, eine sofortige Rückerstattung bei kleinen Unternehmen und Startups möglich ist und auch eine Vorfinanzierung beantragt werden kann. Da mit FuE-Vorhaben nicht nur große Unsicherheiten, sondern extreme finanzielle Aufwendungen verbunden sind, bietet das französische Modell zahlreiche attraktive Lösungen.
Für Deutschland hätte man sich eine stärkere Auseinandersetzung mit dem französischen und österreichischen Modell gewünscht, denn nun wird es vermutlich wiederum Jahrzehnte dauern, bis die Bemessungsgrundlage/Deckelung aufgehoben und die Forschungszulage den tatsächlichen Bedürfnissen der Unternehmen angepasst wird. Trotzdem sollten Unternehmen das „schlanke“ Antragsverfahren der Forschungszulage nutzen, um einen Teil der Personalkosten erstattet zu bekommen.
Stand der Informationen: Juni, 2021.
Wir beraten steuerpflichtige Unternehmen in Deutschland ausschließlich zur neuen Forschungszulage und haben eigene Experten für die Hauptkategorien. Informationen zur Forschungszulage und der steuerlichen Forschungsförderung finden Sie auf unserer Homepage (Vergleich zu ZIM, zu EU-Programmen und Frankreich). Unsere Kompetenzen richten sich auf die Antragstellung, Forschungsdokumentation und den Gesamtprozess des zweistufigen Antragsverfahrens (Bescheinigungsstelle Forschungszulage, kurz BSFZ, und Finanzamt). Wir verfügen über mehrjährige Kompetenz mit der Forschungsprämie – dem ähnlichen Programm aus Österreich. Herr Robert Schwertner, Gründer und Geschäftsführer, gibt regelmäßig Webinare zur Forschungszulage und zählt zu den Experten auf dem Gebiet der steuerlichen Forschungsförderung im DACH-Raum. Gerne beantworten wir Ihre Fragen zur Forschungszulage. Wir freuen uns auf Sie und die innovativen kleinen und großen Forschungsprojekte.
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