Ausbildung / Jobs

Alternative Handwerk:

„Wenn die Zahlen aus den Betriebsdatenbanken einen Rückschluss auf die Stimmung in der Wirtschaft, besonders im Handwerk, zulassen, dann dürfen wir optimistisch sein“, so Kammerpräsident Joachim Wohlfeil zu der Halbjahresbilanz bezüglich der Entwicklung der Handwerksbetriebe im Kammerbezirk. Mitten in einer schwierigen Zeit setzen nach wie vor viele Gründer und Übernehmer auf das Handwerk: Bei der Handwerkskammer Karlsruhe erreichte die Zahl der Mitgliedsunternehmen zum 30.06.2021 mit 19.896 Betrieben einen neuen Höchststand. Insgesamt gab es in den drei Rollenverzeichnissen im ersten Halbjahr Zugänge von 1.092 Betrieben, Abgänge wurden 882 registriert. Die Zahl der Betriebe ist damit im Saldo um 210 gestiegen

Mehr Gründer im zulassungsfreien Bereich

Die Anlage A mit 53 meisterpflichtigen Handwerken führt zahlenmäßig die Verzeichnisse mit 13.007 eingetragenen Handwerksunternehmen (+12 Betriebe) an. Größere Zuwächse gab es in den zulassungsfreien Gewerken B1 (+164 Betriebe) und dem handwerksähnlichen Bereich B2 (+34 Betriebe) in Gewerken, die handwerksrechtlich keinen speziellen Qualifikationsnachweis für eine selbständige Ausübung ihres Handwerks benötigen. Bei Fotografen und Gebäudereinigern beispielsweise stieg die Zahl der neu eingetragenen Betriebe im Vergleich zum Vorjahr nochmals deutlich an. Trotz wochenlanger Schließung der Salons nahm die Zahl der Friseurbetriebe 1.698 (+22) zu. Und auch bei den Anbietern von kosmetischen Dienstleistungen lässt sich aus der Coronakrise auf das Gründungsgeschehen (101 Löschungen, 95 Gründungen) derzeit kein Krisenszenario ableiten. „Hier sind die langfristigen Entwicklungen abzuwarten“, so Kammerpräsident Wohlfeil, der davon ausgeht, dass einige Gründungen gerade im zulassungsfreien Bereich auch als Alternative zur Arbeitslosigkeit erfolgten.

Konzentrationsprozesse in den rückvermeisterten Gewerken

Leichte Auswirkungen auf die Betriebszahlen hat auch die Wiedereinführung der Meisterpflicht in zwölf Gewerken im letzten Jahr. Die größte Gruppe, die Fliesen-, Platten- und Mosaikleger (1.205 Betriebe), hatte in den letzten Jahren stetig zugelegt. Im ersten Halbjahr 2021 sank die Zahl der Betriebe trotz geltender Übergangsregelungen. Dieser Trend könnte sich nach Einschätzung der Betriebsberater der Kammer in den kommenden Jahren verstärken und in den betroffenen Gewerken zu einer Konzentration auf wenige, aber größere Betriebe führen. Bereitstehende Nachfolger fehlen, die Aussetzung der Meisterpflicht hat eine Lücke hinterlassen, die Qualifizierung von Gesellen und dann auch Meistern für eine Selbständigkeit benötigt einen zeitlichen Vorlauf.

Chance selbständig im Handwerk:

„Wir haben uns in den vergangenen Jahren nicht ohne Grund so vehement für den Erhalt des Meistertitels eingesetzt“, so Wohlfeil, der davon überzeugt ist, dass mit dieser Qualifikation die beste Voraussetzung für eine stabile und nachhaltige Selbständigkeit im Handwerk möglich ist. Der Meisterbrief als Qualitätssiegel ist ein Grund dafür, dass Gründungen und Betriebsübernahmen im Handwerk überdurchschnittlich erfolgreich sind. Die jungen Leute werden nicht nur fachlich exzellent ausgebildet, sie erwerben sich auch pädagogische, kaufmännische und rechtliche Kenntnisse. Das macht den Meister zu einer idealen Ausgangsposition für die Leitung eines Betriebes und eine erfolgreiche Unternehmerkarriere. Handwerksmeisterinnen und -meister, die sich nach bestandener Prüfung selbstständig machen möchten, können seit dem 1. Dezember 2020 die Meistergründungsprämie des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg beantragen. „Und Aufgaben für pfiffige Betriebe gibt es jede Menge“, so Wohlfeil weiter. Große Herausforderungen stehen an, gerade auf dem Feld der Digitalisierung der Wirtschaft und den Nachhaltigkeitslösungen für das Klima. Es sind gerade Handwerksbetriebe, die mit Innovationskraft, Gestaltungswille und Kreativität die Problemlöser für große Aufgaben sind. Das Handwerk mit seinen individuellen Dienstleistungen direkt am Kunden, seinem nachhaltigen Handeln und seinem großen Ausbildungsengagement schafft Perspektiven und agiert zukunftsorientiert. Gerade hat eine Umfrage des Baden-Württembergischen Handwerkstags bestätigt, welch hohen Stellenwert Betriebe sowohl der ökologischen als auch den sozialen und wirtschaftlichen Dimensionen von Nachhaltigkeit einräumen: Fast neun von zehn Betrieben (88%) ist es wichtig, ressourcen- oder energieeffizient zu arbeiten, 82 Prozent der Betriebe finden es wichtig, gezielt Produkte oder Dienstleistungen anzubieten, mit denen die Umwelt geschont wird.

Neue Berufsbezeichnungen – Kosmetiker können ausbilden

Das zweite Halbjahr 2021 brachte auch Änderungen der Anlagen A, B1 und B2 der Handwerksordnung mit sich, die sich hauptsächlich in den Berufsbezeichnungen niederschlagen. So wurden aus den „Landmaschinenmechanikern“ die „Land- und Baumaschinenmechatroniker“, die „Betonstein- und Terrazzohersteller“ dürfen sich nun „Werkstein- und Terrazzohersteller“ nennen. Anlage B Abschnitt 1 wird wie folgt geändert: Aus den „Schneidwerkzeugmechanikern“ wurden „Präzisionswerkzeugmechaniker“ aus der Berufsbezeichnung „Drucker“ wurden „Print- und Medientechnologen (Drucker, Siebdrucker, Flexografen)“. Wichtig für das Kosmetikerhandwerk: Die Betriebe wurden vom handwerksähnlichen Sektor in den zulassungsfreie Anlage B1 überführt. Die neue Einordnung der Kosmetiker ist durch die Tatsache bedingt, dass es auch für dieses Gewerbe eine Ausbildungsordnung und Meisterprüfungsverordnung gibt. Liegen bei den eingetragenen Betrieben bestimmte Voraussetzungen vor, können in diesen Betrieben auch junge Menschen dual ausgebildet werden.

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