Aufholjagd künstliche Intelligenz: Ohne Umdenken verliert Deutschland den Anschluss an die Weltspitze
- Continental-Personalvorstand Dr. Ariane Reinhart: "Studierende KI-orientierter Studiengänge werden nicht praxisgerecht genug ausgebildet. Ohne Umdenken verliert Deutschland den technologischen Anschluss an die Weltspitze"
- Continental fordert stärkere Ausrichtung der Universitäten an Anforderungen der Praxis
- Kristian Kersting, Professor für Künstliche Intelligenz: "Die Wissenschaft braucht besseren Zugang zu ‚realen‘ Daten und eine stärkere Vernetzung der forschenden Institute und Institutionen"
- Qualifizierung und attraktive Projekte sind Schlüssel, um KI-Fachkräfte zu gewinnen und zu halten
Um Deutschlands Rückstand im Bereich künstliche Intelligenz (KI) aufzuholen, fordert Continental ein grundlegendes Umsteuern bei der Ausbildung von KI-Fachkräften an den Universitäten. "KI ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für den hiesigen Wirtschaftsstandort. Ohne ein grundsätzliches Umdenken verliert Deutschland den technologischen Anschluss an die Weltspitze", erklärt Continental-Personalvorstand Dr. Ariane Reinhart. "Damit der Wirtschaft ausreichend KI-Absolventinnen und -Absolventen zur Verfügung stehen, müssen die Universitäten deren Ausbildung stärker an den Anforderungen der Praxis ausrichten. Sonst droht unsere Volkswirtschaft den technologischen Anschluss an die Weltspitze zu verlieren."
So brächten die Universitäten zwar viele, oftmals ausgezeichnete KI-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler hervor. Aber aufgrund der mangelnden praktischen Expertise stünden diese der Industrie nicht unmittelbar zur Verfügung. "Die Studierenden KI-orientierter Studiengängewerden gemessen an den Anforderungen der Wirtschaft nicht praxisgerecht genug ausgebildet", so Reinhart. "Wir müssen KI-Fachkräfte, die von der Universität kommen, systematisch an die Praxis heranführen. Dafür sind dann noch einmal drei bis fünf zusätzliche Jahre Ausbildung nötig – was viel Zeit ist angesichts der Dynamik, mit der sich der Einsatz von KI in allen Bereichen entwickelt", erklärt Reinhart.
Für die Aus- und Weiterbildung ihrer mehr als 1.000 KI-Fachkräfte wendet Continental jährlich einen über zweistelligen Millionenbetrag auf. "Die Wirtschaft muss sich von dem Anspruch verabschieden, dass die Universitäten fertig ausgebildete KI-Fachkräfte hervorbringen. Aufgrund des hohen Innovationstempos und starken Kostendrucks sind jedoch zunehmend weniger Unternehmen in der Lage, dauerhaft große Summen in die Aus- und Weiterbildung ihrer KI-Fachkräfte zu investieren", sagt Reinhart.
"KI verlangt eine andere Form der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie und eine Kultur des Teilens. Wir sollten uns an in dieser Hinsicht führenden Ländern wie den USA oder China orientieren. Hier liefern die Unternehmen zum Beispiel Daten, sodass die Wissenschaft auf dieser Basis funktionierende KI-Programme und Algorithmen entwickeln und validieren kann", so Reinhart weiter.
Wissenschaft braucht Zugang zu realen Daten
Kristian Kersting, Professor für Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen an der Technischen Universität Darmstadt und Co-Direktor des Hessischen Zentrums für KI unterstützt diesen Ansatz, bemängelt jedoch auch die fehlende KI-Kultur in der Wirtschaft: "Die Unternehmen setzen ‚irgendwie‘ auf KI, ohne die Funktionsweise im Kern zu verstehen. Alle Beteiligten müssen sich also aufeinander zubewegen und gemeinsam die Entwicklung vorantreiben", sagt Kersting. Dazu zählt für ihn nicht nur eine bessere Zusammenarbeit von Universitäten und Wirtschaft, um wissenschaftliche Projekte und Modelle in der Praxis zu testen. "Genauso wichtig ist ein besserer Zugang für Universitäten und Forschungsinstitute zu realen Daten und eine stärkere Vernetzung der wissenschaftlichen Institute und Institutionen im Bereich KI untereinander", so Kersting. "Aber auch der Staat muss seinen Teil beitragen und die KI-Fachbereiche und -Institute über höhere Etats unterstützen, damit sie zum Beispiel ihre IT-Infrastruktur verbessern und ausbauen können."
Continental als Vorreiter bei KI-Qualifizierung
Um KI-Fachkräfte praxisgerecht auszubilden und kontinuierlich weiter zu qualifizieren, unterhält Continental eine eigene Software-Akademie. Über diese interne Plattform bietet das Unternehmen unter anderem Trainings, sowie Inhouseschulungen und -seminare, aber auch sogenannte Tech-Talks mit Referenten renommierter Universitäten an. "Gerade im Bereich KI ist Qualifizierung der entscheidende Faktor, um den technologischen Anschluss nicht zu verlieren und als Arbeitgeber attraktiv zu sein", so Reinhart. "Mit unserem Engagement und unseren Initiativen zeigen wir, dass deutsche Unternehmen in der Lage sind, nicht nur in ausreichender Zahl KI-Fachkräfte zu gewinnen, sondern sie auch mit attraktiven Aufgaben in Deutschland zu halten. Dieses Konzept von Continental kann Vorbild für andere Unternehmen sein."
Die Entwicklung KI-basierter Zukunftstechnologien im Bereich des assistierten, automatisierten und autonomen Fahrens beschleunigt Continental darüber hinaus auch mit dem Einsatz ihres Supercomputers. Die Investition in das leistungsstärkste Computersystem der Automobilbranche ist ein weiterer Schritt des Unternehmens, sich auf wesentliche Innovationsfelder wie Software und Digitalisierung zu konzentrieren. Rund 20.000 der insgesamt mehr als 51.000 Continental-Ingenieure sind heute bereits Software- und IT-Experten. Bis 2023 will das Unternehmen zudem die Anzahl von KI-Experten von derzeit mehr als 1.000 auf 1.600 erhöhen.
Continental entwickelt wegweisende Technologien und Dienste für die nachhaltige und vernetzte Mobilität der Menschen und ihrer Güter. Das 1871 gegründete Technologieunternehmen bietet sichere, effiziente, intelligente und erschwingliche Lösungen für Fahrzeuge, Maschinen, Verkehr und Transport. Continental erzielte 2020 einen Umsatz von 37,7 Milliarden Euro und beschäftigt aktuell rund 235.000 Mitarbeiter in 58 Ländern und Märkten. 2021 begeht das Unternehmen sein 150-jähriges Jubiläum.
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