Automobile Arbeitswelt 2030: Zahl der Arbeitsplätze kann trotz großer Verschiebungen insgesamt konstant bleiben
Studie von Agora Verkehrswende und BCG untersucht Transformation in allen relevanten Branchen / Voraussetzung für Erfolg: Ansiedlung neuer Industrien und Qualifizierung von Fachkräften / Hochfeld: "Elektromobilität ist das einzig valide Zukunftsszenario für den Pkw"
Im Zuge des Wandels zur Elektromobilität kommt es in Deutschland bis 2030 zu signifikanten Verschiebungen in der automobilen Arbeitswelt. Insgesamt kann die Zahl der Arbeitsplätze aber konstant bleiben. Stark zulegen werden Arbeitsplätze bei den Herstellern und Zulieferern, die vom traditionellen Antriebsstrang unabhängig sind, sowie bei Unternehmen in Energieinfrastruktur, Energieproduktion und in geringem Maße im Maschinen- und Anlagenbau (in Summe: +205.000 Arbeitsplätze). In Industriezweigen wie der klassischen Automobilherstellung und -wartung sowie bei den Zulieferern für die Herstellung von verbrennungsmotorischen Antrieben werden bis 2030 erheblich weniger Arbeitskräfte benötigt werden (in Summe: -180.000 Arbeitsplätze). Das geht aus einer breit angelegten Studie hervor, die der Thinktank Agora Verkehrswende und die Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) vorgelegt haben. Die Studie geht davon aus, dass mit der Marktentwicklung der Elektro-Pkw die Klimaschutzziele für 2030 im Verkehr auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden können.
„Mit entschlossenem Kurs und ganzheitlichem Blick auf die Elektromobilität kann die Bundespolitik dafür sorgen, dass die Zahl der Beschäftigten in der deutschen Automobilbranche und angrenzenden Industriezweigen bis 2030 stabil bleibt“, sagt Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. „Die Elektromobilität ist in dieser Dekade das einzig valide Zukunftsszenario für den Pkw. Deutschland hat mit effektivem Klimaschutz auch die Chance, sich als Automobilstandort und technologischer Vorreiter neu zu erfinden und damit Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Es ist unstrittig, dass es im herkömmlichen Antriebsstrang des Verbrenners weniger Arbeitskräfte braucht, aber wenn die Politik den Wandel verschleppt, hätte das für die Wirtschaft einen höheren Preis: den Verlust von Marktanteilen und damit auch von Beschäftigung.“
Kristian Kuhlmann, Managing Director und Partner bei BCG, analysiert: „Die automobile Arbeitswelt wird sich im kommenden Jahrzehnt fundamental wandeln, was die klassische Automobilindustrie vor große Herausforderungen stellt. Hier entsteht ein großer Bedarf an Umschulung und Weiterbildung der Arbeitnehmer, um die Chancen in der sich abzeichnenden Entwicklung zu ergreifen.“
Fachkräftebedarf und industriespezifische Trends
Für fast die Hälfte der heute rund 1,7 Millionen Stellen in der Automobilindustrie und angrenzenden Industriezweigen ändert sich laut Studie das Berufsbild. So ergebe sich für 70.000 Stellen ein komplett neues Berufsfeld, weitere 200.000 Stellen veränderten sich deutlich. Für 500.000 Stellen bestehe berufsbegleitender Weiterbildungsbedarf. „Der Erfolg des Wandels ist kein Selbstläufer“, sagt Christian Hochfeld. „Die Unternehmen brauchen gezielte Unterstützung durch Bund und Länder, um im großen Maßstab Fachkräfte gewinnen, qualifizieren und umschulen zu können. Gleichzeitig muss die Bundesregierung die politischen Rahmenbedingungen dafür setzen, dass Deutschland sich langfristig zum Leitmarkt für Elektromobilität entwickelt. Dann werden Unternehmen auch in den Aufbau neuer Produktionsstandorte zum Beispiel für Batteriezellen oder Fahrzeugsoftware hierzulande investieren und neue Arbeitsplätze schaffen.“
Neben dem technologischen Wandel hin zur Elektromobilität berücksichtigt die Studie fünf weitere Trends, die für den Arbeitsmarkt in den betroffenen Industrien relevant sind: die Entwicklung des Marktvolumens, die Ausstattung der Fahrzeuge sowie deren Digitalisierung, Produktivitätssteigerungen und die Abwanderung von Arbeitsplätzen in andere Länder. Profitieren werde vor allem Ostdeutschland mit einem Plus von neun Prozent an Arbeitsplätzen. In den anderen Teilen Deutschlands werde die Entwicklung größtenteils konstant bleiben. „Viele Unternehmen haben sich schon auf den Weg in die neue Mobilitätszukunft gemacht. Diesen gilt es konsequent anhand eines Zielbildes für 2030 weiterzuverfolgen und umzusetzen“, resümiert Kristian Kuhlmann.
Im europäischen Vergleich könne Deutschland mit einem leichten Plus an Arbeitsplätzen bis 2030 zu den Gewinnern des Strukturwandels zählen. Andere Ländern mit starker Automobilwirtschaft wie Polen oder Spanien müssten dagegen in der Arbeitsplatzbilanz eher mit größeren Herausforderungen rechnen.
Studie „Automobile Arbeitswelt im Wandel“
Für die Studie haben BCG und Agora Verkehrswende die Veränderungen sowohl in den klassischen Automobilindustrien (Hersteller, Zulieferer, Instandhaltung) als auch in mit Elektromobilität verbundenen Industrien wie Maschinen- und Anlagenbau, Energieproduktion, Energieinfrastruktur und Recycling analysiert. Grundlage waren Experteninterviews und Marktdaten aus 26 betroffenen Branchen in Deutschland und Europa insgesamt.
Eine Ergebnispräsentation der Studie „Automobile Arbeitswelt im Wandel:Jobeffekte in Deutschland bis 2030“ steht unter www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungenund www.bcg.de kostenlos zum Download zur Verfügung.
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