Heterogene Studiendesigns erschweren den Nachweis möglicher Wirksamkeit von Rekonvaleszenten-Plasma als COVID-19-Therapeutikum
Bei RKP handelt es sich um Blutplasma von Personen, die eine Infektionskrankheit erfolgreich überstanden und eine Immunität gegen den entsprechenden Erreger entwickelt haben. Im Blutplasma von genesenen Personen befinden sich u.a. Antikörper, die den Erreger gezielt bekämpfen können – was bei Verabreichung von RKP an Dritte zu Behandlung oder Prävention der Infektionskrankheit als passive Immunisierung bezeichnet wird. Der Einsatz von RKP zur Prophylaxe oder Behandlung schwerer Krankheitsverläufe ist in der Vergangenheit bereits bei verschiedenen durch Viren ausgelöste Infektionskrankheiten untersucht worden, so bei schweren Atemwegsinfektionen im Rahmen der SARS-CoV-Pandemie 2002 bis 2004, der H1N1-Influenzavirus-Pandemie 2009 und der MERS-CoV-Epidemie 2012. Belege für die Wirksamkeit von RKP aus kontrollierten klinischen Prüfungen sind allerdings sehr begrenzt.
Für eine umfassende Erprobung der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von RKP als therapeutischem Arzneimittel sind unterschiedliche Studienkonzepte erforderlich. Insbesondere müssen geeignete Studienendpunkte und Patientengruppen sowie die Studiengröße bestimmt werden. Ebenso müssen die Therapiestrategien optimiert werden. Dazu gehören u.a. der Nachweis ausreichend hoher Konzentrationen neutralisierender Antikörper im RKP mittels geeigneter Testsysteme (Titer neutralisierender Antikörper), die Identifikation des optimalen Zeitpunkts der Behandlung und ihrer Dauer, sowie die Erzielung ausreichend hoher neutralisierender Antikörpertiter für eine ausreichende Zeitdauer im Blut der behandelten Patientinnen und Patienten. Die Vielzahl notwendiger Studienkonzepte und die gleichzeitig geringe globale Koordination dieser klinischen Studien bergen das Risiko scheinbar widersprüchlicher Studienergebnisse und erschweren damit eine Entscheidungsfindung hinsichtlich eines optimalen und wirksamen Einsatzes von RKP bei der Behandlung von COVID-19-Patientinnen und -Patienten.
In dem nun aktuell veröffentlichten Artikel wurden mithilfe einer COVID-19-spezifischen Datenbank die Studiendesigns von über 140 klinischen Studien zur RKP-Therapie verglichen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Instituts der Abteilung Hämatologie und Transfusionsmedizin unter Leitung von Dr. Anneliese Hilger kommen zu dem Schluss, dass die bisher angewandten heterogenen Studiendesigns es erschweren, einen Nachweis der Wirksamkeit der COVID-19-Behandlung mit RKP zu führen.
Insgesamt wurden in den betrachteten Studien zahlreiche und für den klinischen Wirksamkeitsnachweis relevante methodologische Unterschiede festgestellt. Als besonders kritisch stellten sich hier Unterschiede in der RKP-Herstellung, unzureichende Vergleichsmöglichkeiten von Behandlungsschemata und die verschiedenen statistischen Modelle zur Berechnung der Studiengröße und Wirksamkeitsanalyse heraus.
Angesichts der phasenweise auch in Europa angespannten pandemischen Lage seit 2020, einem damit günstigen Verhältnis von verfügbaren Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmern und einer Vielzahl laufender kontrollierter klinischer Studien könnte es aber gelingen, wichtige Fragen zur Wirksamkeit einer RKP-Behandlung zu beantworten. "Rekonvaleszentenplasma ist ein rasch zur Verfügung stehendes Therapeutikum für schwer Erkrankte, deshalb ist eine Abklärung der Wirksamkeit des COVID-19-Therapiekonzepts auch für zukünftige Ausbrüche dringend notwendig," sagt Dr. Dr. Müller-Olling, der federführend die Analyse durchgeführt hat. Die hier vorgelegte Analyse kann genutzt werden, um mit verbesserten Studiendesigns einen überzeugenden Nachweis der klinischen Wirksamkeit der RKP-Behandlung gegen COVID-19 zu ermöglichen.
Originalpublikation
Müller-Olling M, Vahlensieck U, Hilger A (2021): Heterogeneity in COVID-19 Convalescent Plasma Clinical Trials.
Clin Pharmacol Ther Jun 17 [Epub ahead of print].
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