Russische GMP-Inspektionen aus Sicht eines Übersetzers
Oft mangelt es den Deutschen/Österreichern/Schweizern an Erfahrung mit den GMP-Inspektoren der zuständigen russischen Zulassungsbehörden
Im Anschluss an die am 12. April 2016 erfolgte erste GMP-Inspektion der russischen Inspektionsbehörde GILS i NP waren es für einen Zeitraum von zwei Jahren Pharmaunternehmen aus Indien, bei denen die häufigsten russischen GMP-Inspektionen stattfanden. Seit 2018 aber hat sich der Schwerpunkt hin zu deutschen Herstellern verlagert. Obwohl es immer gewissen Verschiebungen bei dieser Tendenz geben wird, wird sie aus Sicht russischer GMP-Inspektoren wohl weiter anhalten. Daher ist es für deutsche Pharmafirmen wichtig, über die Herausforderungen russischer GMP-Inspektionen Bescheid zu wissen.
Die Verantwortung für die Durchführung der GMP-Inspektionen liegt bei der russischen Behörde GILS i NP, zu Deutsch: „Staatliches Institut für Arzneimittel und Gute Herstellungspraxis.“ Die Beantragung des russischen GMP-Zertifikats erfolgt beim Ministerium für Industrie und Handel (Minpromtorg) der Russischen Föderation, welchem das GILS i NP direkt unterstellt ist.
Die Quote erfolgreich durchgeführter internationaler GMP-Inspektionen – Russisch-Übersetzer und Dolmetscher berichten
Der durchschnittliche Anteil der weltweit durchgeführten und dabei nicht bestandenen russischen GMP-Inspektionen liegt bei etwa 30 Prozent. Bei kleinen und mittelständischen Pharma-Unternehmen ist die Quote etwa doppelt so hoch wie bei großen internationalen Firmen (Big Pharma). Doch auch bei großen Pharmaunternehmen – sei es in Deutschland, Österreich oder der Schweiz -, die im Besitz europäischer und amerikanischer GMP-Zertifikate sind, werden von den russischen GMP-Inspektoren immer wieder Unregelmäßigkeiten festgestellt. Infolgedessen verweigert das Minpromtorg die Ausstellung des russischen GMP-Zertifikats. Oft geht es dabei um Probleme bei der Herstellung von sterilen Arzneien unterschiedlicher Arzneiformen. Zu den häufigsten Beobachtungen russischer GMP-Inspektoren gehören hier Abweichungen bei der aseptischen Produktion, der Beprobung eingehender Rohstoffe, Diskrepanzen vom Zulassungsdossier oder ungenügende bzw. fehlende Ursachenanalysen.
Wie eine russische GMP-Inspektion abläuft
Zunächst muss die GMP-Inspektion vom Hersteller beantragt werden, wofür auch eine Dokumentenliste beim russischen Minpromtorg (Ministerium für Industrie und Handel) eingereicht wird. Das Ministerium hat sodann 10 Tage Zeit, um diese Dokumente zu prüfen. Wenn es hierzu keine Fragen gibt, wird das russische Institut GILS i NP mit der Durchführung der Inspektion beauftragt. Vom Institut wird ein GMP-Ablaufplan erstellt, der mit dem Minpromtorg genau abgestimmt wird. Nach Benachrichtigung des Pharmaunternehmens wird ein GMP-Inspektionsplan erstellt, für den die zu inspizierenden Elemente des Produktions- und Qualitätskontrollprozesses berücksichtigt werden. Dieser russische GMP-Inspektionsplan wird dann 10 Kalendertage vor Beginn der Inspektion an den deutschen Pharmahersteller gesendet. Damit wird dem Pharmaunternehmen die Möglichkeit zur Vorbereitung auf die russische GMP-Inspektion gegeben. Dazu gehört die Bereitstellung aller nötigen Dokumente, welche vom Standort ins Russische oder alternativ ins Englische professionell übersetzt werden müssen. Da die Menge der zu übersetzenden Dokumente mehrere Hundert oder gar Tausend Seiten umfassen kann, empfiehlt es sich, bereits vorher einen in diesem Bereich erfahrenen Fachübersetzungsdienst gefunden und die nötigen Formalitäten bezüglich der Zusammenarbeit erledigt zu haben. Der Standort wird von einer Gruppe von mindestens zwei russischen GMP-Inspektoren besucht. Es wird erwartet, dass der inspizierte Standort einen auf Pharma spezialisierten und idealerweise unabhängigen (freiberuflichen) Russisch-Dolmetscher für jeden der GMP-Inspektoren stellt. Die Anzahl der Inspektoren hängt dabei vom zu prüfenden Produktionsvolumen ab. Größere Pharmabetriebe können von vier und auch mehr russischen GMP-Inspektoren inspiziert werden. Im Durchschnitt dauert eine Inspektion 3 bis 5 Tage, und zwar unabhängig von der Anzahl der GMP-Inspektoren. Das russische GILS i NP versucht dabei, seine GMP-Inspektionen schnellstmöglich durchzuführen, wenn mehrere Pharmahersteller in der gleichen Region ansässig sind.
Mitwirkung der Übersetzer und Dolmetscher bei GMP-Inspektionen deutscher Pharmafirmen durch russische Zulassungsbehörden
Vor jeder GMP-Inspektion wird eine Vielzahl von Dokumenten übersetzt. Dazu gehören unter anderem SOPs (Standardarbeitsanweisungen), Chargendokumentationen, diverse Dokumente aus den Bereichen Wareneingang, Probenahme bzw. Musterzug, Lagerung, Produktion, Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle, Konfektionierung und Logistik oder etwa Stellenbeschreibungen, Abgrenzungsvereinbarungen, Qualifizierungs- und Validierungsunterlagen und vieles mehr. Die russischen Inspektoren beginnen bei den Fern- bzw. Remote-Inspektionen (s. hierzu unseren Blog-Beitrag „GMP-Dolmetscher berichten über Online- bzw. Remote-Inspektionen“) bereits im Vorfeld mit der Durchsicht der auf den File-Server hochgeladenen Dokumenten und ihren jeweiligen Übersetzungen. Die GMP-Inspektion an sich – vor Ort oder auch im Fernmodus (Englisch: remote) – beginnt mit einer Eröffnungsbesprechung, die von den Übersetzern bzw. Dolmetschern ins Russische übertragen wird. Die Beobachtungen und Ergebnisse der GMP-Inspektoren werden am Ende eines jeden Arbeitstages für den jeweiligen Inspektionstag zusammengefasst. Die GMP-Inspektion endet mit einer Abschlussbesprechung.
Im Fall von Verstößen werden die Vertreter des GMP-inspizierten Standorts noch während der GMP-Inspektion, nämlich bei der Abschlussbesprechung, darüber informiert. Eine Klassifizierung der Beobachtung erfolgt nicht, wie es vor einigen Jahren noch der Fall war. Innerhalb von 30 Kalendertagen nach dem Ende der GMP-Inspektion des Standorts wird der GMP-Inspektionsbericht fertiggestellt. Eine Ausfertigung des Berichts geht an den Vertreter des Pharmaunternehmens in Russland, ein zweites Exemplar bleibt beim GILS i NP und ein drittes wird an das russische Minpromtorg versendet, wo dann die Entscheidung über die Ausstellung oder Nicht-Ausstellung des GMP-Zertifikats getroffen wird. Der Bericht darf nur jene Beobachtungen enthalten, die auch in der Abschlussbesprechung kundgetan wurden. Wenn solche offenen Fragen in der Zwischenzeit geklärt werden konnten, die entsprechenden Dokumente nachgereicht bzw. CAPA (korrektive und präventive Maßnahmen) umgesetzt und dokumentarisch belegt wurden, besteht die Möglichkeit, dass die jeweiligen Beobachtungen aus dem Bericht gestrichen werden. Nach Fertigstellung des Inspektionsberichts wird die Zulassungsbehörde des Staates unterrichtet, in dem der Hersteller ansässig ist, in unserem Fall Deutschland, Österreich oder die Schweiz.
Es gibt also keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen russischen GMP-Inspektionen und denen anderer Länder. Die Herstellung am inspizierten Standort muss den gültigen russischen GMP-Richtlinien entsprechen, was von den GMP-Inspektoren aus Russland sichergestellt wird. Die russischen GMP-Richtlinien können sich dabei etwas unterscheiden. Die Inspektoren aus Russland wollen alle Linien und Anlagen sehen, auf denen ein für Russland bestimmtes Produkt hergestellt, abgefüllt oder abgepackt wird.
Deutungen und Vorgehensweise der Experten unterscheiden sich je nach Herkunftsland der GMP-Inspektoren. Hier gibt es bestimmte nationale Besonderheiten – so etwa in der Klassifizierung der Verstöße. Ob ein Verstoß als kritisch (critical) / schwerwiegend (major) / geringfügig (minor) gilt, hängt von der Qualifizierung, Erfahrung und der damit zusammenhängenden Deutung des einzelnen GMP-Inspektors ab.
Missverständnisse können schwerwiegende Folgen haben
Die Überprüfung sämtlicher Produktionsprozesse erfolgt, wie vom Hersteller beantragt, für jedes einzelne Präparat. Wichtig ist bei der Antragstellung, dass nur die für das Zielland bestimmten Produkte angemeldet werden. Nur diese sollen ja Gegenstand der GMP-Inspektion sein. Es gab in einem Fall aus der Berufspraxis des Russisch-Dolmetschers und GMP-Übersetzers Alexander Podarewski ein Missverständnis, welches dazu führte, dass sämtliche am Standort hergestellten Produkte für die russische GMP-Inspektion angegeben wurden. Eigentlich hätten aber nur zwei Präparate für Russland benannt werden sollen, was jedoch erst während der GMP-Inspektion beim Dolmetschen klar wurde. Beim russischen Beratungsunternehmen, das den Antrag beim Minpromtorg eingereicht hatte, war ein Übersetzungsfehler in der Kommunikation passiert: Statt der beiden für Russland relevanten Produkte wurden alle am Standort hergestellten Produkte zur GMP-Inspektion angemeldet. Obwohl die russischen GMP-Inspektoren Verständnis für den Übersetzungsfehler des russischen Beratungsunternehmens hatten, mussten sämtliche Produkte antragsgemäß überprüft werden. Es wird daher empfohlen, mit solch wichtigen Aufgaben nur zuverlässige und professionelle Übersetzer bzw. Dolmetscher zu beauftragen.
Nach Russland gelieferte Arzneimittel müssen für die Bürger des Landes sicher sein. Häufig fällt am Anfang einer GMP-Inspektion, etwa nach der Eröffnung, der Satz: "Neben der Einhaltung der GMP-Standards werden wir uns ansehen, dass Sie hier tatsächlich das produzieren, was Sie in Ihrem Antrag angegeben haben.“ Russische GMP-Inspektoren sind für Ihre Kompetenz und Fairness bekannt, achten aber akribisch genau und mit nicht zu übersehener Strenge auf die Einhaltung aller GMP-Vorgaben. Alle russischen Inspektoren sind mit der Branche bestens vertraut und kommen aus der pharmazeutischen Produktion, Qualitätssicherung oder Qualitätskontrolle. Von Beruf sind sie meistens Pharmazeuten, Chemiker, Biologen oder Mikrobiologen. Vielen erfahrenen russischen GMP-Inspektoren stehen einige junge Kollegen zur Seite, die des Öfteren die „alten Hasen“ mit Professionalität und Erfahrung in allen Aspekten der Pharmaherstellung überraschen. Aus der Erfahrung des GMP-Dolmetschers und Russisch-Übersetzers Alexander Podarewski erfolgt die Durchführung der russischen GMP-Inspektion sachlich, kompetent und exakt nach den formalen Vorgaben. Den GMP-Inspektoren muss dabei zu jedem Zeitpunkt vermittelt werden, dass es keine Geheimnisse gibt und alle Antworten offen und ehrlich sind. Um die Fragen der Inspektoren zu beantworten, sollte jeder Pharmahersteller, dem eine russische GMP-Inspektion bevorsteht, möglichst erfahrene Mitarbeiter einsetzen, die die Antworten möglichst schnell liefern.
Die Kompetenz der Übersetzer und Dolmetscher entscheidet mit
Bei einer so wichtigen Angelegenheit wie einer GMP-Inspektion kann sich kein Unternehmen leisten, Risiken einzugehen. Dolmetscher ist nicht gleich Dolmetscher, die Tätigkeit im Pharmabereich setzt ein außerordentlich hohes Maß an Erfahrung, Kompetenz und Fachkenntnis voraus. Daher werden nur professionelle, auf Pharma und GMP spezialisierte Dolmetscher beauftragt, die die komplexen Inhalte fachlich und sprachlich bewältigen können und die notwendige Ausdauer mitbringen, damit die GMP-Inspektion erfolgreich bestanden wird.
AP Fachübersetzungen ist ein überregional tätiger Dolmetsch- und Übersetzungsdienstleister aus Nürnberg, der im Jahr 2010 gegründet wurde. Dank der Spezialisierung auf die Bereiche Medizin, Pharmazie, Recht und Technik sowie dem breitgefächerten Angebotskatalog an Sprachen und weiteren Leistungen kann der Fachübersetzungsdienst namhafte Unternehmen, Anwaltskanzleien, Kliniken und Behörden zu seinen treuen Kunden zählen.
Seine Fachkompetenz konnte AP Fachübersetzungen bereits bei verschiedensten Veranstaltungen beim Konsekutiv- und Simultandolmetschen unter Beweis stellen. Dazu zählen u. a. Konferenzen, Audits, Messen, Schulungen und politische Events. Auch bei mehrsprachigen Großprojekten kann der Nürnberger Übersetzungsdienstleister mit Eilservice aufwarten.
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