Sichere Zukunft für Bremer Musikszene
Die Zukunft dieses wichtigen Orts war allerdings vor fünf Jahren auf einmal unklar: Im Jahr 2016 lief der Mietvertrag aus, die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) hatte Sanierungspläne. „Wir mussten etwas tun“, erzählt André Stuckenbrok, 1. Vorsitzender von Musikszene Bremen. „Die erste Idee war, das Zollamt zu kaufen. Im Laufe der Verhandlungen hat sich aber herausgestellt, dass ein Erbpachtvertrag für alle Beteiligten der unkomplizierteste und nachhaltigste Weg ist.“ Der Wert des Gebäudes wurde von GeoInformation Bremen ermittelt, auf Basis dieses Wertes wurde ein Erbpachtzins angesetzt, der jährlich fällig ist. „In unserem Fall sind das 40 Jahre. Das heißt, für die nächsten 40 Jahre übernehmen wir alle Aufgaben, die man als Gebäudebesitzer zu erfüllen hat“, erläutert Stuckenbrok. „Für uns bedeutet das vor allem, dass wir eine hohe Sicherheit haben, für die kommenden 40 Jahre über das Gebäude verfügen zu können.“
Andrea Rösler, die das Künstlerische Betriebsbüro verantwortet, ergänzt: „Das bedeutet nicht nur Sicherheit, sondern auch Freiheit, weil wir mit diesem Vertrag Eigentümer des Gebäudes sind und so andere Entscheidungen treffen können als ein Mieter.“
Für die rund 300 Nutzer:innen der 43 Proberäume ändert sich mit dem neuen Vertrag nicht viel, erklärt Stuckenbrok: „Die Miete bleibt, wie sie ist. Und von dem Geld machen wir in Zukunft die Renovierungen. Weil wir auch vieles in Eigenregie machen, haben wir das Personal aufgestockt.“ Seit April sind drei geförderte Arbeitsstellen besetzt.
Die Schlüsselübergabe ist das Ergebnis langer Verhandlungen; eine Voraussetzung für den Erbpachtvertrag war die Gemeinnützigkeit des Vereins, die seit Januar 2020 gegeben ist.
Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz: „Mit dem Zollhaus haben wir nun eine weitere Spielstätte für die freie Musikszene in Bremen. Das ist auch ein starkes Signal dafür, dass junge und freie Künstlerinnen und Künstler in Bremen willkommen sind. Denn sie bieten die künstlerischen Angebote, die auch bei der jungen Generation ankommen.“
„Dieses Projekt ist ein schönes Beispiel für die gute Zusammenarbeit von Kultur und Wirtschaft und ein toller Impuls für mehr Projekte im Bereich der Popularmusik“ sagt Kai Stührenberg, Staatsrat bei der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa.
„Wir freuen uns, dass die Musikszene Bremen nun eine langfristige Perspektive in der Überseestadt hat und den Ortsteil mit ihren kulturellen Angeboten bereichert“, sagt Andreas Heyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH, die den Erbbaurechtsvertrag für das bebaute Grundstück mit dem Verein geschlossen hat.
Sollte das Projekt scheitern, geht das Objekt laut Vertrag an die Stadt zurück. Angesichts der Nachfrage ist das allerdings höchst unwahrscheinlich: „Wir könnten das gleiche Gebäude ohne Probleme nochmal besetzen“, sagt Stuckenbrok. „Wir hatten in all den Jahren kaum Leerstand. Höchstens stand ein Proberaum mal für ein oder zwei Monate leer. In der Regel sind sie nahtlos übergeben wurde. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres hatten wir über 40 Bewerbungen für Proberäume.“
Für die Musiker:innen bietet das Zollamt eine Menge Vorteile. Ohne großen organisatorischen und finanziellen Aufwand können sie Sessions in der Zollkantine auf die Beine stellen, die bis zu 150 Menschen Platz bietet. Hier können sie einfach losspielen, für die Technik ist gesorgt, und auch die Abwicklung der GEMA-Abrechnung besorgt Musikszene Bremen. Und bei Konzerten mit überregionalen und internationalen Bands wie der Punklegende Mike Watt muss immer eine Band aus Bremen mitspielen.
Auch das Übersee-Festival, das in diesem Sommer zum elften Mal gefeiert werden soll, ist eine tolle Gelegenheit, vor großem Publikum zu spielen. Vor der Coronakrise kamen hier zuletzt an zwei Abenden jeweils 2000 Gäste, um mehr als 20 Acts auf drei Bühnen zu sehen. Und im vergangenen Jahr, als das Festival wegen der Corona-Pandemie auf zehn Tage verteilt war, zählten die Veranstalter insgesamt rund 3000 Besucher.
Aber Musikszene Bremen ruht sich nicht auf diesen Erfolgen aus. Geplant ist schon für den kommenden Juli ein neues Festival, das für mehr Geschlechtergerechtigkeit sorgen soll: „WD*42“ bietet neben Live-Musik (16. + 17.07.) auch Workshops und Bandcamps für Frauen, Mädchen und FLINTA*.
Nachwuchsarbeit, mehr lokale Vernetzung, Digitalisierung und das Ringen um mehr Proberäume sind weitere wichtige Punkte auf der Agenda des Vereins.
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