Survivorship Passport – für ein besseres Leben nach Krebs im Kindesalter
In Deutschland wird jedes Jahr bei rund 2.250 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren erstmals eine Tumorerkrankung diagnostiziert. Dank besserer Krebsbehandlungen überleben heutzutage mehr als 80 Prozent ihre Diagnose und Behandlung langfristig. Derzeit sind es in Deutschland schätzungsweise 50.000 bis 100.000 vormals an Krebs im Kindes- und Jugendalter Erkrankte, in ganz Europa fast 500.000 Langzeitüberlebende von Krebs im Kindes- und Jugendalter. Die Anzahl dieser sogenannten Survivors wächst jedes Jahr weiter an.
Krebsbehandlungen sind körperlich und psychisch belastend und können Spät- und/oder Langzeitfolgen verursachen. Im Durchschnitt sind rund zwei Drittel der Langzeitüberlebenden davon betroffen. Eine Herausforderung im weiteren Überleben und für die langfristige Nachsorge besteht für die betroffenen ehemals Erkrankten im Übergang von der pädiatrischen in die allgemeine Versorgung. Dieser verläuft oftmals schwierig. Häufig fehlen den Überlebenden sowie dem sie betreuenden medizinischen Fachpersonal Informationen, um den individuellen Unterstützungsbedarf zu ermitteln und entsprechend reagieren zu können.
Der sogenannte „SurPass“ soll diese Lücke europaweit schließen und die Langzeitnachsorge verbessern. Er ist sowohl in elektronischer Form als auch im Papierformat erhältlich und bietet den Überlebenden einen detaillierten und vollständigen Überblick über ihre medizinischen Behandlungen. Des Weiteren gibt er dank eingebauter Algorithmen evidenzbasierte, konkrete personalisierte Empfehlungen für die Langzeitnachsorge, die auf einer Kombination der international anerkannten Leitlinien der International Guideline Harmonization Group for Late Effects of Childhood Cancer (IGHG) und den PanCareFollowUp-Empfehlungen basieren. Allerdings ist der SurPass in Europa noch nicht flächendeckend eingeführt.
Wie der SurPass weiterentwickelt und halbautomatisch breiter implementiert werden kann, ist Forschungsgegenstand des EU-geförderten Projekts PanCareSurPass. Wie andere EU-geförderte Projekte (PanCareSurFup, PanCareLIFE, PanCareFollowUp) ist auch dieses Projekt aus dem PanCare Netzwerk hervorgegangen. In diesem haben sich 17 Partner aus den acht europäischen Ländern Österreich, Belgien, Deutschland, Irland, Italien, Litauen, Niederlande und Spanien zusammengeschlossen.
Die beteiligten wissenschaftlichen Teams untersuchen, wie Überlebende und medizinisches Fachpersonal den SurPass sehen und wie sich elektronische Gesundheitsinformationssysteme, beispielsweise Krankenakten des Krankenhauses oder nationale Gesundheitsakten, mit dem SurPass verknüpfen lassen. Die Frage, wie sich die verfügbaren Gesundheitsdaten aus verschiedenen Quellen genau und effektiv nutzen lassen, wenn dafür Interoperabilitätsstandards zum Einsatz kommen, ist ebenso Teil des Projekts PanCareSurPass wie gesundheitsökonomische Aspekte der Implementierung. Darüber hinaus werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Replikationsmaterialien und politische Empfehlungen sowie ein Vorhersagemodell entwickeln, um Entscheidungsträger im Gesundheitswesen zu unterstützen.
Um Spätfolgen früher erkennen und erfolgreicher behandeln zu können, ist es wichtig, den Überlebenden langfristig eine qualitativ hochwertige, personenzentrierte Langzeitnachsorge bieten zu können. Dafür sind eine adäquate Nachsorgeinfrastruktur und eine intensive Überwachung des Gesundheitszustands elementar. Der Gesundheitszustand von Survivors sollte daher im Vergleich zu Altersgenossen, die keinen Krebs hatten, häufiger und intensiver überwacht werden – und zwar stets vor dem Hintergrund der besonderen Krankheitsgeschichte. Dies könnte den ehemaligen Patienten auch den Einstieg ins Berufsleben und die Aufrechterhaltung einer Berufstätigkeit erleichtern.
Der Survivorship Passport basiert auf einer Reihe von zuvor durchgeführten EU-finanzierten Projekten. Die neue SurPass-Version wird im Rahmen einer Mehrländerstudie in Österreich, Belgien, Deutschland, Italien, Litauen und Spanien an ausgewählten Kliniken/Krebsregistern eingeführt und getestet. Das aktuelle Projekt PanCareSurPass hat eine Laufzeit von vier Jahren und wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union unter der Fördervereinbarung Nr. 899999 mit vier Millionen Euro gefördert.
„Wir freuen uns, dass das Bedürfnis der Survivors nach einer optimalen Langzeitnachsorge auch bei der Europäischen Kommission gesehen wird – wir sind dankbar, dass sie unser Projekt, das für Survivors von Krebs im Kindesalter von großer Bedeutung ist, finanziert", sagt Dr. Desiree Grabow, PanCareSurPass Gesamtleitung und Stellvertretende Leiterin der Abteilung Epidemiologie von Krebs im Kindesalter, wo das Deutsche Kinderkrebsregister angesiedelt ist, am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin Mainz.
Dr. Riccardo Haupt, PanCareSurPass Research Manager, Istituto Giannina Gaslini, Italien, fügt hinzu: „Wir freuen uns auf dieses Projekt, das eine effizientere Integration zwischen hochqualitativer klinischer Versorgung und Spätfolgenforschung ermöglichen wird. Wir hoffen, dass der elektronische Survivorship Passport in Zukunft in allen europäischen Ländern zu einem Standard in der Versorgung wird."
Dr. Helena van der Pal, Mitglied des PanCare Leitungsteams und Spezialistin für Spätfolgen, erläutert: „PanCareSurPass wird die weitere Implementierung der Survivorship-Versorgung in Europa erleichtern und damit den gleichberechtigten Zugang zur Versorgung sicherstellen und die Lebensqualität für Überlebende von Kinderkrebs verbessern."
Weiterführende Informationen im Internet unter:
Projekt PanCareSurPass www.pancaresurpass.eu
PanCare Netzwerk www.pancare.eu
SurPass www.survivorshippassport.org
ENCCA https://cordis.europa.eu/project/id/261474
PanCareSurFup www.pancaresurfup.eu
PanCareLIFE www.pancarelife.eu
ExPo-r-Net www.expornet.eu
PanCareFollowUp www.pancarefollowup.eu
IGHG-Leitlinien www.ighg.org
Deutsches Kinderkrebsregister an der Universitätsmedizin Mainz www.kinderkrebsregister.de
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten und jährlich mehr als 350.000 Menschen stationär und ambulant versorgen. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. 3.400 Studierende der Medizin und Zahnmedizin sowie mehr als 600 Fachkräfte in den verschiedensten Gesundheitsfachberufen, kaufmännischen und technischen Berufen werden hier ausgebildet. Mit rund 8.500 Mitarbeitenden ist die Universitätsmedizin Mainz zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de.
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