Zahn-OP für Eisbärin Giovanna
Unter Vollnarkose wurde der Eisbärin ein abgebrochener Eckzahn im Unterkiefer entfernt, der bereits eine hochgradige Entzündungen im Unterkieferknochen hervorgerufen hatte. Warum der Eckzahn abgebrochen war, ist unklar, jedoch ist dies bei Bären generell nichts Ungewöhnliches. Um eine weitere Ausbreitung der Entzündung und damit auch weitere Beschwerden zu verhindern, beschloss das Hellabrunner Veterinärteam gemeinsam mit den Tierpflegerinnen und Tierpflegern der Polarwelt, Giovanna zu operieren. „Eine solche OP vorzubereiten bedarf einiges an Planung – denn der Eingriff muss möglichst genau durchgespielt werden, damit er schnell und ohne Komplikationen von statten gehen kann“, so die leitende Tierärztin Dr. Christine Gohl.
Dank des Medical Trainings, welches die Tierpflegerinnen und Tierpfleger mit den Hellabrunner Eisbären bereits seit einigen Jahren fast täglich üben, konnte Giovanna zehn Tage vor der Operationen ohne Betäubung Blut abgenommen werden, um ihren aktuellen Gesundheitszustand zu überprüfen. Doch nicht nur das Blutabnehmen wurde durch das Medical Training erheblich erleichtert, es gelang sogar, Giovannas Unterkiefer vorab zu Röntgen. „Mit Hilfe der Röntgenbilder konnten wir das gesamte Ausmaß der Entzündungen, die vom Zahn ausgegangen sind, nochmals viel deutlicher verorten und so auch die Notwendigkeit des Eingriffs nochmals erkennen“, erklärt Dr. Gohl. Um Giovanna in wachem Zustand röntgen zu können, wurde eine Plexiglasbox entworfen und montiert, in die Giovanna mit Hilfe der Tierpfleger ihren Kopf schieben konnte und für einige Sekunden ruhig darin verweilte. Dies ermöglichte, den Kiefer zu Röntgen. „Mit viel Übung und natürlich positiver Belohnung hat Giovanna dabei großartig mitgemacht“, so Dr. Gohl und weiter: „damit ist uns hier in Hellabrunn wirklich eine Premiere gelungen, dass wir bei einem Bären Röntgenaufnahmen machen konnten.“
Durch die sorgfältige Vorbereitung der Operation dauerte diese dann schließlich etwa drei Stunden – inklusive der Narkoseeinleitung und Aufwachphase. Sie fand in Giovannas gewohnter Umgebung im Mutter-Kind-Haus hinter der Tundra-Anlage statt. Auch für die Narkose war das langjährige Medical Training von Nutzen, da diese von der Tierärztin per Hand und somit sehr ruhig und in entspannter Atmosphäre gespritzt werden konnte.
„Anhand dieses Eingriffes kann man wirklich sehr gut sehen, wie wichtig das Medical Training mit Wildtieren ist und dass es nicht nur Behandlungen vereinfacht, sondern auch dafür sorgt, dass solche Eingriffe wesentlich entspannter und stressfreier von statten gehen können“, erklärt Dr. Gohl. Bereits einen Tag nach der Operation war Giovanna wieder topfit und beteiligte sich mit dem gleichen Vertrauen in die Tierpflegerinnen und Tierpfleger wie vor dem Eingriff am Medical Training.
Eine solche Operation im Tierpark Hellabrunn findet unter bester Vorbereitung und Abstimmung statt. Dabei steht das Wohl der Tiere immer an erster Stelle. Bei Giovannas Eingriff waren neben dem Hellabrunner Veterinärteam war auch Prof. Dr. Ralf Müller von der Medizinischen Kleintierklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München vor Ort mit dabei sowie das Tierpfleger-Team der Polarwelt, unter anderem, um das Ärzte-Team zu unterstützen und den Eisbären nach dem Einschlafen in optimale Position zu bringen. Außerdem war es für den Eingriff wichtig, dass Giovanni ihre vertrauten Personen um sich herum hat.
Im Tierpark Hellabrunn kümmern sich zwei interne Tierärzte und ein externer täglich um die Gesundheit der tierischen Bewohner. Dabei sind die Zusammenarbeit und der Austausch mit den Tierpflegern, die die Tiere tagtäglich betreuen und jede kleinste Unstimmigkeit beobachten, wichtig. Da gerade Wildtiere die Anzeichen einer Erkrankung oder Schwäche möglichst lange verbergen, lassen sich manche Krankheiten erst sehr spät erkennen. Um eine Blutabnahme, ein Ultraschall oder andere Untersuchung an den Tieren möglichst ohne Narkose durchführen zu können, setzt Hellabrunn seit einigen Jahren auf das Medical Training – trainiert wird u.a. bei Eisbären, Tigern, Elefanten, Primaten und Giraffen. Dank dieser Trainingseinheiten können die Tiere noch intensiver überwacht und damit Erkrankungen frühzeitiger erkannt werden.
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