Aenne Biermann: Up Close and Personal | Tel Aviv Museum of Art
Aenne Biermann (1898-1933) zählt heute zu den festen Größen der „Neuen Fotografie“. Obwohl sie nur wenige Jahre fotografierte und weder eine künstlerische Ausbildung erfahren hatte noch in den Avantgardekreisen der Großstadtzentren verkehrte, entwickelte Aenne Biermann einen eigenen, signifikant modernen Bildstil, der sie innerhalb kürzester Zeit als Vertreterin der zeitgenössischen Avantgardefotografie etablierte. Klare Strukturen, präzise Kompositionen mit Licht und Kontrast sowie detailbetonte Bildausschnitte zeichnen Aenne Biermanns Fotografien aus. Sie entlocken den Personen und Gegenständen ihres alltäglichen Umfelds eine besondere Poesie und stellen, wie Aenne Biermann 1930 schreibt, eine „Vertrautheit mit den Dingen“ her.
Aufgewachsen in einer jüdischen Fabrikantenfamilie am Niederrhein zog sie nach der Heirat mit dem Kaufmann Herbert Biermann 1920 nach Gera/Thüringen und wurde Teil eines großbürgerlich-intellektuellen Milieus, das modernen Strömungen in Kunst und Kultur äußerst aufgeschlossen gegenüberstand. Den Ausgangspunkt der Auseinandersetzung mit der Fotografie bildete für Aenne Biermann die Geburt der Kinder Helga (1920) und Gerd (1923). Zunächst nur als Mittel zur Dokumentation der Entwicklungsphasen ihrer Kinder eingesetzt, erschloss sich Aenne Biermann ab Mitte der 1920er-Jahre mit der Fotografie einen eigenständigen, kreativen Wirkungsbereich, fotografierte Pflanzen, Dinge, Menschen sowie Alltagssituationen und nutzte das Medium als künstlerischen Zugang zu ihrem persönlichen Umfeld.
1928 richtete der Kunstkritiker Franz Roh eine erste Einzelausstellung der Fotografin im Graphischen Kabinett Günther Franke in München aus und stellte ihre Werke in „Das Kunstblatt“, einer richtungsweisenden Monatszeitschrift für zeitgenössische Kunst in Deutschland vor. Daraufhin folgten Beteiligungen an bedeutenden Ausstellungen zur modernen Fotografie, wie beispielsweise „Film und Foto“ (1929), sowie Einzelausstellungen in Oldenburg, Jena und Gera. 1930 erschienen ihre Fotografien in der von Franz Roh initiierten Buchreihe „Fototek“. Der Band „Aenne Biermann. 60 Fotos“ ist eine der seltenen Werkmonografien der Zeit.
Trotz ihres frühen, krankheitsbedingten Todes im Jahr 1933 gelang es Aenne Biermann, ein umfangreiches und vielfältiges Werk zu schaffen, das mehr als 3 400 Bilder umfasst. Die meisten der von ihr angefertigten Abzüge und Negative gingen vermutlich im Zuge der Emigration der Familie nach Palästina zusammen mit ihren weiteren Besitztümern aufgrund von Beschlagnahmungen durch die Deutsche Wehrmacht verloren. Aufgrund des erzwungenen Exils der Familie und der Verwüstungen des Holocaust sind nur etwa vierhundert Originalabzüge der Künstlerin erhalten.
Die Ausstellung „Aenne Biermann: Up Close and Personal“ im Tel Aviv Museum of Art ist die erste Ausstellung zu Aenne Biermann in Israel und zeigt eine große Anzahl der wenigen noch existierenden Originalabzüge. Die Präsentation basiert auf der von Simone Förster kuratierten umfangreichen Ausstellung „Aenne Biermann. Vertrautheit mit den Dingen“ aus den Beständen der Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, die 2019 in der Pinakothek der Moderne München zu sehen war. Sie wird durch Werke aus dem Museum Folkwang Essen, der zweiten Station dieser Ausstellung, ergänzt. In der dritten Ausstellungsstation am Tel Aviv Museum of Art werden darüber hinaus Fotografien aus der privaten Sammlung der Familie der Künstlerin gezeigt, die erstmals öffentlich zu sehen sind.
Zitat Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen:
„Es ist eine große Freude, dass diese faszinierende Ausstellung in Tel Aviv nun einen dritten Standort bekommt, für welchen das Konzept für ein internationales Publikum weiterentwickelt wurde. Wir sind froh, mit dem Tel Aviv Museum of Art einen hervorragenden und idealen Partner für dieses Projekt zu haben."
Zitat Tania Coen-Uzzielli, Direktorin des Tel Aviv Museum of Art:
„Wir sind stolz darauf, das Rampenlicht auf eine inspirierende Fotografin zu richten, die ihrer Zeit voraus war, eine Frau, die sich für die Kunst engagierte und versuchte, die moderne Fotografie neu zu formulieren – ein Feld, das während ihrer kurzen Lebenszeit fast ausschließlich von Männern dominiert wurde. Die Ausstellung präsentiert der Öffentlichkeit in Israel zum ersten Mal ein faszinierendes Werk dieser bahnbrechenden jüdischen Künstlerin, deren Geschichte mit unserer Gegenwart verschmilzt. Dank der besonderen internationalen Zusammenarbeit zwischen dem Tel Aviv Museum of Art und der Stiftung Ann und Jürgen Wilde an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München ist sie nun in Israel zu sehen.“
Kuratorin: Raz Samira
KATALOG
Die Ausstellung wird von einem umfangreichen Katalog begleitet, der in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Verlag Scheidegger & Spiess erscheint. Dieser Verlag hat bereits weitere Kataloge zu den internationalen Ausstellungen der Künstlerin veröffentlicht, darunter die umfassende Monografie „Aenne Biermann. Fotografin“ (hrsg. Simone Förster und Thomas Seelig, 2020), die die bisherigen Stationen der Ausstellung in München und Essen begleitete.
AUSSTELLUNGSORT
Tel Aviv Museum of Art
Main Building, Felicja Blumental Gallery,Marc Rich and Gabrielle Rich Wing
27 Shaul HaMelech Blvd., The Golda Meir Cultural and Art Center
Tel Aviv
www.tamuseum.org.il
@tamuseum
@telavivmuseumofart
Pinakothek der Moderne Kunstareal München
Richard-Wagner-Straße 1 | Kunstareal
80333 München
Telefon: +49 (89) 23805-360
Telefax: +49 (89) 23805-125
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