AIV-Kommentar zum Neubau der Gertraudenbrücke: „Verkehrssenat auf Amok-Tour in Berliner Mitte“
Dr. Benedikt Goebel, AIV-Vorstandsmitglied: „Seit 1976 steht die schöne Gertraudenbrücke von 1896, die bis dahin den gesamten Verkehr zwischen Alexanderplatz und Potsdamer Platz – darunter den dichtesten Straßenbahntakt der ganzen Stadt – getragen hatte, nutzlos neben einer monströsen Autobrücke, die ihre Aufgabe übernommen hat. Die neue Gertraudenbrücke ist Teil einer nach 1965 zur Entlastung des Staatszentrums der DDR durch die Altstadt geschlagenen circa 50 Meter breiten autobahnähnlichen Schneise zwischen Spittelmarkt und Alexanderplatz. Nach nur 45 Jahren ist die neue Brücke bereits verrottet und soll nach aktuellem Senatsbeschluss – wie im vergleichbaren Fall der benachbarten Mühlendammbrücke – durch einen exakten Nachbau der DDR-Brücke ersetzt werden.
Dabei ist im Mai 1999 mit dem Planwerk Innenstadt ein Leitbild beschlossen worden, in dem die neue Gertraudenbrücke abgerissen werden sollte, um den Spittelmarkt als herausragenden Stadtplatz wieder erkennbar zu machen. Passiert ist in den Jahren seit 1999 aber nichts – bis vor kurzem. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz läuft gegenwärtig offensichtlich auf Amok-Tour durch die ehemalige Altstadt – und die grüne Verkehrssenatorin Regine Günther, die eigentlich der Verkehrswende verpflichtet ist, kann sich in ihrem Haus nicht durchsetzen. Apropos Verkehrswende: Die Straßenbahn kehrt in einigen Jahren in die Leipziger Straße zurück – dann ist diese westlich der Charlottenstraße 24 Meter breite Straße nur noch einspurig und passt perfekt zur 24 Meter breiten Gertraudenbrücke.
Am 30. September 2021 feiert die Gertraudenbrücke ihren 125. Geburtstag und an diesem Tag kehrt das populärste Standbild Berlins, die Heilige Gertraude, auf ihre Brücke zurück. Sie sind alle herzlich dazu eingeladen! Vielleicht können wir dann unter neuen Mehrheitsverhältnissen bereits eine Wende zur Stadt feiern.“
Der AIV hat das Ziel, die Berliner und Brandenburger Baukultur zu fördern. Seine wichtigste Aufgabe sieht der traditionsreiche und älteste noch bestehende Verein Berlins somit darin, Stellung zu aktuellen Planungsvorgängen zu beziehen. Er nimmt damit Einfluss auf die Entwicklungen in wichtigen Bereichen der Metropolregion. Der AIV analysiert und kommentiert Etappen und Projekte; er stellt Diskussionsansätze für die zukünftige Stadt- und Metropolentwicklung vor und ist somit ein kritischer Begleiter der Bau- und Kulturgeschichte Berlins und Brandenburgs. www.aiv-berlin-brandenburg.de, aktuelle Informationen über Twitter @AivBerlin.
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