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Die Lebensversicherung ist nicht tot

Das etablierte Altersvorsorgegeschäft ist seit Jahren rückläufig. Dies liegt an den sich verändernden externen Einflüssen, nicht daran, dass der grundsätzliche Gedanke hinter Lebensversicherungs-produkten (Absicherung der größten finanziellen Risiken) nicht mehr der Richtige ist. Daher müssen Versicherer die Produkte an die neuen externen Entwicklungen anpassen. Unserer Überzeugung nach können Versicherer dies entlang der gesamten Wertschöpfungskette über zahlreiche Stellhebel tun. Drei wesentliche, sehr unterschiedliche Stellhebel stellen wir im Folgenden vor: 1) Die Kundenschnittstelle, 2) Die Produktentwicklung 3) Die eigene IT.

1) Digitale Lebenswelten der Kunden weiten sich auf die Kundenschnittstelle aus

Das Kundenverhalten ändert sich stetig und wird digitaler. Ein Beispiel: Online-Banking ist heute für jedes Finanzinstitut überlebenswichtig. Und außer für das klassische Banking haben weltweit und auch in Deutschland Startups attraktive Angebote entwickelt, die auch von etablierten Unternehmen hätten angeboten werden können. So ist TradeRepublic heute „die“ App für das Handeln von Aktien. Als positives Beispiel eines volldigitalen Offerings aus der etablierten Finanzwelt zeigt auch die Börse Stuttgart AG mit der Kryptowährungs-App „Bison“, wie moderne Lösungen erfolgreich am Markt etabliert werden können.

Was können Versicherer daraus lernen? Erfolgreiche Innovationen in der Finanzbranche sind jederzeit möglich und die digitale Interaktion mit dem Kunden kann entlang der gesamten Customer Journey durchgeführt werden, denn: Kunden sind zunehmend bereit , ihre Vermögenswerte von komplett digital aufgestellten Playern verwalten zu lassen. Dank unserer Projekterfahrung mit etablierten Versicherern und (Corporate-) Startups , können wir mit Überzeugung sagen, dass diese Kundenerlebnisse und eine Stärkung der Kundeninteraktion auch in der Lebensversicherung möglich sind. Die Ideen dafür kommen aber kaum aus der eigenen Branche; der Blick über den Tellerrand ist zwingend notwendig. Notwendig sind dafür aber auch die richtigen Produkte und kein visuell „nett“ aufbereiteter Übertrag eines Lebensversicherungsprodukts aus den 2000er Jahren; also einer Zeit, als Marc Zuckerberg noch in einem Studentenwohnheim gelebt hat und Versicherungen mit einem Garantiezins größer 3% das deutsche Standardprodukt für die sichere Altersvorsorge waren, welches sich wie geschnitten Brot verkaufte.

2) Produktentwicklung muss sich heute an den tatsächlich, validierten Kundenbedürfnissen orientieren

Notwendig sind Anpassungen der Produkte und deren Handhabung in Abhängigkeit der spezifischen Kundenbedürfnisse. Dabei steht die Regulierung langfristig ausgerichteter Vermögensanlagen (natürlich und zu Recht) im starken Kontrast zur „Vermögensanlage“ in Kryptowährungen. Aber der Weg von einem flexibel anpassbaren ETF-Sparplan bei einem Neobroker wie TradeRepublic hin zu einem modernen, (staatlich) geförderten und stärker regulierten LV-Produkt scheint nicht so weit, wie viele Marktteilnehmer denken. Daher zählen sogenannte Index-Select Produkte zu den wichtigsten Innovationen der Branche. Eine immer stärker auf digitale Interaktion ausgerichtete Zielgruppe kann mit diesen Produkten besser angesprochen werden. Die Änderung des hinterlegten Fondsprodukts ist möglich und so können Kunden die langfristige finanzielle Absicherung selbst mitbestimmen. Andere Anpassungen im Produkt wie Abschnittsgarantien, fondsgebundene Produkte oder hybride Produkte (statisch und dynamisch) können ebenfalls für bestimmte Kundengruppen und auch für die Versicherungen attraktiv sein. Über Produkte hinweg müssen Versicherer die maximale Einfachheit und Transparenz als Ziel haben. Lebensversicherungsprodukte sind schon immer komplex und schwer zu verstehen. Neue digitale Angebote und Services sind deutlich kundenfreundlicher und transparenter. In der Versicherungsbranche sind Vereinfachungen bereits bei Produkten wie Haftpflicht oder Kfz zu finden. Diese Vereinfachung des Produkts und die damit steigende Verständlichkeit muss auch für Leben-Produkte erreicht werden.

3) Eine moderne IT ist Grundvoraussetzung für die Skalierung

Abgesehen von den notwendigen Anpassungen der Produkte, bedingen sowohl die Kundeninteraktion als auch die Verwaltung neuer Versicherungsverträge mit dynamischen Leistungsbausteinen eine Adaption der bestehenden IT-Landschaft. Die heute mehrheitlich verwendeten Systeme sind nicht an heutigen technischen Standards orientiert und zahlreiche heute gebräuchliche Technologien waren bei der Einführung noch nicht gängige Praxis (Marc Zuckerberg war zum Zeitpunkt der Einführung der aktuellen Systeme vielleicht noch nicht mal immatrikuliert).

Moderne Bestandsverwaltungssysteme können aber viel mehr leisten und sind so konzipiert, dass die Systeme in einer sich stärker digitalisierenden Welt zukunftsfähig aufgestellt sein werden. Konkret beinhaltet dies eine modulare Microservices-Architektur und einen umfassenden, vorab integrierten API-Layer. Durch den Versicherer individualisierbare Anwendungen sollten so einfach wie möglich umsetzbar sein. Nach außen gerichtet bedeutet dies: Schnittstellen sollten nicht durch gefragte IT-Experten programmiert werden müssen, sondern es müssen Low-Code Instanzen vorhanden sein, um die technischen Eintrittsbarrieren zu verringern.

Nach innen gerichtet bedeutet dies: Versicherer sollten vorkonfigurierte Prozessblaupausen einsetzen, wann immer es möglich ist und wenn für den Kunden mit einem individuellen Prozess kein Mehrwert geschaffen wird. Gegenüber dieser eher „trägen“ Vereinfachung muss die IT befähigt werden, neue individuelle Produkte schnellstmöglich testen und skalieren zu können.

Das Ziel: Eine Umsetzung, die sich an der Kundennachfrage orientiert und Rückschläge mit einkalkuliert

Der Erfolg bzw. Misserfolg neuer Produkte hängt letztlich von der Art der Umsetzung ab. Volldigitale Produkte mit einem nicht zu 100% klar umrissenen Leistungsumfang müssen mit einem Business- und IT-umfassenden Projekt-Staffing umgesetzt werden. Hypothesenbasiertes Arbeiten im Projekt ist gerade dann nötig, wenn die zukünftige Nachfrage der Kunden noch nicht zu 100% klar ist. Als sum.cumo Sapiens arbeiten wir in unseren Projekten daher mit drei unterschiedlichen Vorgehensmodellen, jeweils in Abhängigkeit der Sicherheit und des potentiell negativen Einflusses im Falle eines Scheiterns bei der Umsetzung.

  • Unsichere Schritte werden umsichtig und ohne die Gefahr hoher Sunk-Costs agil umgesetzt und intensiv unter Einbindung echter Kunden getestet und weiterentwickelt. Beispiele dafür sind das richtige Ansprachekonzept, die Konzeption einer digitalen Antragsstrecke oder das Werteversprechen.
  • Sichere Schritte werden unabhängig von den Kosten als „no-regret-moves“ direkt ab Start umgesetzt und in die Organisation eingeführt. Bei der Einführung digitaler Produkte sind dies üblicherweise neue Arten der Zusammenarbeit oder die Anpassung von etablierten Prozessen im Kundenservice. Dies sind Maßnahmen, die unsere Kunden dauerhaft und nachhaltig befähigen, digitaler zu arbeiten und auch zukünftig neue Produkte zu entwickeln, unabhängig vom Erfolg bestimmter Produkte.
  • Unsichere Schritte mit potenziell hohen sunk costs setzt sum.cumo Sapiens auch weiterhin klassisch über Wasserfallstreams um. In diesen arbeiten wir mit kurzen Blueprint-Phasen, die es uns erlauben die Sicherheit über den Projektscope deutlich zu erhöhen.

Diese Vorgehensmodelle setzen wir ein, weil sie den Nutzen und die Erfolgswahrscheinlichkeit für unseren Kunden deutlich erhöhen.

Nur mutiges, iteratives Vorgehen wird belohnt werden

Die weiterhin bestehende Nachfrage der Kunden nach langfristig ausgerichteten Vermögensanlangen zeigt, dass es weiterhin Potenzial im Leben-Segment gibt. „Nur“ die Art der Produkte und die Art des Vertriebs werden sich weiter ändern. Versicherer müssen für sich erst die strategische Ausrichtung klären. Wenn in Zukunft Leben-Produkte vertrieben werden sollen, dann sind iterative Produkttests mit echten Kunden und ein risikobewusstes Vorgehen, ohne hohe Kosten in der IT zu versenken, der richtige Weg, um Klarheit über die Kundennachfrage und die damit einhergehenden Anforderungen an die IT zu bestimmen. Für die in der Skalierung wahrscheinlich notwendige neue IT bedeutet dies eine bereits vorab durchgeführte, praktische Bestimmung der Anforderungen und damit eine Reduktion des Risikos.

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