Probesterben: Wie Sie Ihren Nachlass planen
Die liebe Familie – wer soll dazugehören?
Zunächst ist da natürlich die Familie. Ehepartner und Kinder erben laut Gesetz einen Pflichtteil (siehe Glossar). Aber was ist, wenn die Kinder unterschiedlich behandelt werden sollen? „Wenn die Tochter das Unternehmen erben und der Sohn dafür einen nicht wertgleichen Ausgleich aus dem Privatvermögen erhalten soll, dann sollten Sie das frühzeitig in der Familie besprechen und schließlich auch bei der Statusaufnahme berücksichtigen“, sagt Robin Große, Steuerberater bei Ecovis in Ahlbeck. Kompliziert wird es außerdem, wenn die Familie nicht dem „Standard“ entspricht. Wie also sieht es bei Patchworkfamilien mit Stiefkindern aus? Oder bei Paaren, die ohne Trauschein zusammenleben?
„Wer seinen Nachlass anders gestalten will, als es der Gesetzgeber vorsieht, und wer insbesondere Personen, die nicht im eigentlichen Sinne zur Familie gehören, mit begünstigen will, der muss zu Lebzeiten handeln“, erklärt Große. Hier lässt sich im Vorfeld noch vieles regeln – etwa mit einer Eheschließung, einer Adoption oder einem entsprechenden Testament.
Grundsätzlich ist natürlich ohnehin ein Blick auf alle schon existierenden Papiere wichtig. Gibt es Schenkungen? Oder Verträge mit Familienangehörigen? Gibt es einen Ehevertrag? Oder Vollmachten sowie Auszahlungsberechtigte bei Lebensversicherungen, die eventuell angepasst werden müssen? „Alles muss auf den Tisch und geprüft werden“, sagt Steuerberater Große. „Nur so ist sicherzustellen, dass alle Verträge und alle involvierten Personen auch im Sinne des Erblassers zusammenpassen.“
Die Gesellschafter nicht vergessen
„Leider wird allzu oft übersehen, dass auch außerhalb der Familie noch wichtige Personen zu beachten sind“, gibt Ecovis-Rechtsanwalt Stefan Kröber in Leipzig zu bedenken. „Schließlich sind Mitgesellschafter ganz wesentlich für die Gestaltung des Nachlasses.“ Sind weitere Personen am Unternehmen beteiligt, dann sind die entsprechenden Gesellschaftsverträge besonders wichtig. „Was viele nicht wissen: Gesellschaftsvertrag schlägt Testament“, erklärt Kröber.
Zwar ist der eigene Geschäftsanteil selbstverständlich vererbbar. Der Gesellschaftsvertrag jedoch kann darüber entscheiden, ob der Erbe dann tatsächlich den Platz des Erblassers übernimmt oder womöglich gegen eine Abfindung ausscheidet. „Wer also sicherstellen will, dass die Tochter das Unternehmen mitführen wird, der sollte mit den Mitgesellschaftern sprechen und den Gesellschaftsvertrag entsprechend ändern“, sagt Kröber.
Auch die Rechtsform des Unternehmens selbst sollte mit Blick auf das Vermächtnis des Betriebsvermögens noch einmal auf den Prüfstand. Denn von der Rechtsform hängt es im Wesentlichen ab, wie Unternehmensteile vererbbar sind. Handelt es sich beim Betrieb etwa um eine Personengesellschaft, beispielsweise eine GbR, kann der Tod des Mitgesellschafters gar zur vollständigen Auflösung des Unternehmens führen.
Die Vermögensstruktur im Blick behalten
Ist klar, wer was erben soll, und stimmen Nachlassdokumente und Gesellschaftsverträge überein, dann gilt es, den Blick auf die Bewertung des Vermögens hinsichtlich der Erbschaftsteuer zu richten. Denn auch hier lässt sich bereits im Vorfeld dafür sorgen, dass nur so viel Erbschaftsteuer anfällt wie unbedingt nötig. Unternehmer sollten außerdem wissen, wo schädliches Verwaltungsvermögen schlummert. „Hier ist die genaue Analyse der Vermögensstruktur unerlässlich, damit Unternehmer im Zweifelsfall rechtzeitig gegensteuern können“, erläutert Steuerberater Große. Denn operatives unternehmerisches Vermögen ist beim Vererben steuerlich begünstigt. Es lässt sich also weitgehend erbschaftsteuerfrei vererben.
Zunächst ist das operative Betriebsvermögen – also jene Teile, die direkt dem Unternehmenszweck dienen – vom Verwaltungsvermögen (auch schädliches Betriebsvermögen genannt) abzugrenzen. Das sind jene Vermögenswerte, die der privaten Lebensführung und Vermögensverwaltung zuzuschreiben sind. Dazu gehören vermietete Immobilien, Kunstgegenstände oder eine Yacht, aber auch Wertpapiere oder Goldreserven, die, vereinfacht ausgedrückt, den Wert von zehn Prozent des Betriebsvermögens übersteigen.
„Da Verwaltungsvermögen nicht wie Betriebsvermögen steuerlich begünstigt ist, muss die Gesamtschau stimmen“, erläutert Steuerberater Große. „Wenn sich bei der Statusaufnahme zeigt, dass die Grenze überschritten wird, müssen Unternehmer handeln. Sonst kippt das ganze Modell.“ Das bedeutet: Wer sicherstellen will, dass keine Erbschaftsteuer zu zahlen ist, wenn er das Unternehmen vererbt, der muss sauber zwischen Privat- und Betriebsvermögen trennen. „Auch hier zahlt es sich aus, den Betrieb beim ,Probesterben‘ zu durchleuchten“, fasst Große zusammen.
Kleines „Probesterben“-Glossar, Teil 2
Von A wie Alleinerbe bis Z wie Zugewinnausgleich – wir erklären in jedem Teil unserer Serie Begriffe, die für Unternehmer relevant sind.
- Abfindung: Einmalige Geldzahlung zum Ausgleich zum Beispiel für einen nicht geerbten Anteil am Unternehmen
- GbR: Abkürzung für die Rechtsform „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“. Sie gehört zu den Personengesellschaften. Ihre Gesellschafter haften jeweils mit dem Privatvermögen für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft, etwa Steuerschulden.
- Gesellschaftsvertrag: Vertrag, in dem die Gesellschafter bei der Gründung die Rechtsgrundlagen des Unternehmens festlegen. Hier können auch erbrelevante Sonderregeln vereinbart werden. Bei Kapitalgesellschaften und Vereinen heißt der Gesellschaftsvertrag Satzung.
- Personengesellschaft: Zusammenschluss von mindestens zwei Personen in der Rechtsform der Gesellschaft; Personengesellschaften sind: Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), Partnerschaftsgesellschaft, offene Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellschaft (KG).
- Pflichtteil: Er sichert nahen Angehörigen eine gesetzliche Mindestbeteiligung am Nachlass.
- Schädliches Verwaltungsvermögen: Verwaltungsvermögen, das nicht dem eigentlichen Unternehmenszweck dient und daher mit Blick auf die Erbschaftsteuer dem Privatvermögen zuzurechnen ist.
Hier erfahren Sie mehr zum Thema Probesterben und Erbschaft.
Stefan Kröber, Rechtsanwalt bei Ecovis in Leipzig
Robin Große, Steuerberater bei Ecovis in Ahlbeck
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