Satelliteninternet keine Alternative für Glasfasernetze
Was vor wenigen Jahren noch schwer vorstellbar war, ist mittlerweile auch in Deutschland Realität geworden: Über Satellitennetzwerke wie Starlink sollen zukünftig weltweit Breitband-Internetzugänge zur Verfügung gestellt werden. Seit März 2021 laufen Beta-Tests in ausgewählten Regionen Deutschlands. Mitte 2021 nutzten nach Angaben von Starlink 69.000 Menschen das Angebot. Bis Mitte 2022 rechnet das Unternehmen von Elon Musk mit bis zu einer halben Million Kunden weltweit. Auch in der politischen Diskussion in Deutschland rückt das Internet aus dem All stärker in den Fokus. So hat das für den Ausbau der digitalen Infrastruktur zuständige Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) Anfang Juni 2021 einen sogenannten „Digitalisierungszuschuss“ in Form einer Förderung von Internetanschlüssen in Einzel- und Randlagen über eine nicht-leitungsgebundene Internetanbindung, wie beispielsweise über Satellit, angekündigt.
Dass die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der digitalen Infrastruktur wachsen, zeigten kürzlich die Ergebnisse der BREKO Marktanalyse21. Dieser zufolge erhöhte sich das durchschnittlich pro Anschluss und Monat übertragene Festnetz-Datenvolumen allein im vergangenen Jahr um mehr als 40 Prozent. Diesen Trend spiegelt auch die weiter steigende Nachfrage nach hochbitratigen Anschlüssen wider. Bereits ein Drittel aller Kunden buchte 2020 Internetanschlüsse mit einer Datenrate über 100 Mbit/s. Mehr als eine Million Kunden entschieden sich bereits für Anschlüsse mit Datenraten von 1Gbit/s oder mehr. Vor dem Hintergrund dieser steigenden Anforderungen stellt sich die Frage nach der Leistungsfähigkeit von Internetzugängen über Satellit. Inwieweit kann Satelliteninternet eine Alternative für Glasfasernetze bis in die Gebäude (FTTB) und Wohnungen (FTTH) in Deutschland sein?
Diese Fragen beantwortet nun erstmals eine wissenschaftliche Studie. Prof. Dr. Kristof Obermann von der Technischen Hochschule Mittelhessen hat im Auftrag des BREKO die Leistungsfähigkeit von satellitengestützten Breitbandnetzen technisch untersucht und mit der Leistungsfähigkeit von Glasfaseranschlüssen verglichen. Die Studie orientiert sich an den Parametern des Starlink-Konzeptes.
Die wesentlichen Ergebnisse der Studie im Überblick:
- Über das Satellitennetzwerk Starlink lässt sich keine flächendeckende Versorgung der deutschen Haushalte mit Bitraten von mindestens 100 Mbit/s im Download erreichen.
- Selbst mit sehr optimistischen Annahmen lassen sich über das Starlink-Netz maximal 1,3 Mio. 100 Mbit/s-Anschlüsse oder 130.000 1 Gbit/s-Anschlüsse in Deutschland realisieren. Die Upstream-Bitraten entsprechen dabei maximal 30 bis 40 Prozent der Downstream-Bitraten.
- Satelliteninternet ist keine Alternative für Glasfaseranschlüsse bis in die Gebäude und Wohnungen. Mit Glasfaseranschlüssen können Bitraten von 1 Gbit/s, 10 Gbit/s und künftig sogar noch höhere Bitraten (100 Gbit/s, 400 Gbit/s) sowohl im Up- als auch im Downstream realisiert werden.
- Trotz der Nachteile gegenüber Glasfasernetzen handelt es sich bei dem Starlink-Netz um ein technologisch sehr interessantes Netz, das unter anderem für die folgenden Anwendungsszenarien sehr gut geeignet erscheint: Weltweite und flächendeckende Versorgung von Gegenden mit geringer Bevölkerungsdichte, zum Beispiel ländliche Gebiete, Weltmeere, Arktis, Antarktis, Wüsten, Steppen, Weideflächen, Gebirge, falls eine Sichtverbindung möglich ist auch Wälder.
- Das Starlink-Netz kann auch in Deutschland als Ergänzung zu bestehenden Breitbandtechnologien einen wichtigen Beitrag leisten, mit dem Haushalte eine Grundversorgung und digitale Teilhabe erhalten, die ansonsten auch in den nächsten Jahren weder eigenwirtschaftlich noch mit dem Einsatz von staatlichen Fördermitteln erschlossen werden können.
- Die Stärke des Starlink-Netzes liegt weniger in der bereitgestellten Kapazität als vielmehr in der globalen Vernetzung sehr vieler Endgeräte mit moderaten Bitraten aber geringen Latenzen bei hinreichend großen Entfernungen. Die wirtschaftliche, politische und auch militärische Bedeutung des Satelliteninternets sollte daher nicht unterschätzt werden.
Bei den Ergebnissen der Studie ist zu berücksichtigen, dass derzeit noch nicht absehbar ist, ob und wann Starlink sein Endausbauziel von insgesamt knapp 42.000 Satelliten im Weltall erreichen wird. Dies wird unter anderem von der Verfügbarkeit, beziehungsweise Genehmigung, der entsprechenden Umlaufbahnen und Frequenzen für die Daten- und Telemetrieverbindungen abhängen. Die Studie geht trotzdem von der Annahme aus, dass es gelingt, die geplanten fast 42.000 Satelliten ins All zu bringen.
„Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, dass Glasfaser als digitale Infrastruktur alternativlos ist. Der Glasfaserausbau muss deshalb auch weiterhin politisch höchste Priorität haben, um eine zukunftssichere und nachhaltige Basis für die Digitalisierung Deutschlands zu schaffen. Gleichzeitig liefert die Studie wichtige Erkenntnisse, was Satelliteninternet leisten kann. Um auch Bürger:innen in sehr ländlichen und besonders dünn besiedelten Gegenden digitale Teilhabe zu ermöglichen, kann das Internet aus dem All sinnvoll als Brückentechnologie eingesetzt werden. Auch im Katastrophenfall, wie jüngst bei der Flutkatastrophe in Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, kann Satelliteninternet schnell helfen, um die Internetanbindung sicherzustellen. Wichtig ist aber auch, dass bei aller Euphorie über Starlink das Thema Nachhaltigkeit im Blick bleibt. Bisher ist unklar, welche Auswirkungen die vielen tausend geplanten Satelliten haben werden und was mit diesen nach deren Betriebszeit passiert“, sagt BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers.
Prof. Dr. Kristof Obermann von der Technischen Hochschule Mittelhessen erklärt: "Satelliteninternet wie beispielsweise Starlink stellt für das Geschäftsmodell von Telekommunikationsfirmen keine Bedrohung dar. Die Stärke derartiger Netze liegt weniger in der bereitgestellten Kapazität als vielmehr in der globalen Vernetzung sehr vieler Endgeräte mit moderaten Bitraten aber geringen Latenzen bei hinreichend großen Entfernungen. Die wirtschaftliche, politische und auch militärische Bedeutung des Satelliteninternets sollte daher nicht unterschätzt werden."
Die komplette Studie der Technischen Hochschule Mittelhessen im Auftrag des Bundesverband Breitbandkommunikation e. V. (BREKO) finden Sie HIER.
Als führender Glasfaserverband mit mehr als 390 Mitgliedsunternehmen setzt sich der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) erfolgreich für den Wettbewerb im deutschen Telekommunikationsmarkt ein. Seine Mitglieder setzen klar auf die zukunftssichere Glasfaser und zeichnen aktuell für 80 Prozent des wettbewerblichen Ausbaus von Glasfaseranschlüssen bis in die Gebäude und Wohnungen verantwortlich. Die mehr als 220 im Verband organisierten Telekommunikations-Netzbetreiber versorgen sowohl Ballungsräume als auch ländliche Gebiete mit zukunftssicheren Glasfaseranschlüssen. Dazu haben sie im Jahr 2020 2,9 Mrd. Euro investiert und dabei einen Umsatz in Höhe von 5 Mrd. Euro erwirtschaftet. Weitere Informationen finden Sie unter www.brekoverband.de.
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