Zentralbanken heizen Klimakrise weiter an
- Neuer Bericht zu 12 Zentralbanken, darunter auch Deutsche Bundesbank
- Keine Zentralbank im Einklang mit Pariser Klimaabkommen
- Zentralbanken werden erneut aufgefordert zu handeln
Zwölf der größten Zentralbanken der Welt unterstützen weiterhin fossile Energien durch ihre Geschäftspolitiken und direkten Finanzierungen. Dies steht im krassen Gegensatz zu ihren aktuellen Versprechungen, ihre Aktivitäten an Klimazielen auszurichten. Zu diesem Ergebnis kommt ein neuer Bericht der US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation Oil Change International, der von der deutschen Umweltorganisation urgewald mitgezeichnet wurde.
Dabei wurden die Zentralbanken von Kanada, China, der Europäischen Union, Frankreich, Deutschland, Indien, Italien, Japan, Russland, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten untersucht. Es wurden zehn Kriterien herangezogen, um die Reaktionen der Zentralbanken auf die Klimakrise zu bewerten. Das Ergebnis: Keine der zwölf untersuchten Zentralbanken trägt auch nur bei einem der zehn Kriterien klar zur Erreichung der Pariser Klimaziele bei.
Die Kriterien konzentrieren sich auf drei Aspekte der Tätigkeit von Zentralbanken:
- Vermögensverwaltung: inwiefern finanzieren Zentralbanken mit ihren Eigenanlagen fossile Energien bzw. schließen diese aus?
- Regeln und Unterstützung für Geschäftsbanken: welche Zentralbank-Maßnahmen unterstützen die Finanzierung fossiler Energien durch Geschäftsbanken, welche schränken sie ein?
- Geschäftspolitiken und Forschung: welche offiziellen Erklärungen der Zentralbanken sowie Forschungs- und Klassifizierungsaktivitäten gibt es, um die zukünftige Finanzierung fossiler Energien zu regeln?
„Die Zentralbanken haben Zugang zu bedeutenden Instrumenten im Kampf gegen die Klimakrise. Aber statt diese zu nutzen, um die Finanzierung fossiler Energien tatsächlich zu unterbinden, bleiben sie weitgehend tatenlos“, sagt David Tong, Global Industry Campaign Manager bei Oil Change International und einer der Autoren des Berichts. „Angesichts des Ausmaßes und der Dringlichkeit der Klimakrise sollten Zentralbanken keine weitere Zeit verlieren und den Finanzsektor in eine neue, klimasichere Richtung führen.“
Zwar haben einige Zentralbanken Schritte unternommen, um die Transparenz und die Berichterstattung über klimabezogene Risiken zu erhöhen. Diese begrenzten Maßnahmen werden jedoch von der gleichzeitigen Untätigkeit der Zentralbanken bezüglich Finanzierung für fossile Energien überschattet. Damit ließen sie ihr Potenzial ungenutzt, zwischen 2016 und 2020 den Fluss von 3,8 Milliarden US-Dollar in diesen Sektor zu verhindern. Fatalerweise stieg in diesem Zeitraum sogar die Finanzierung fossiler Energien an, selbst in Explorations- und Erschließungsprojekte, die zu mehr Verbrennung fossiler Energien führen werden.
Der Bericht stellt fest, dass die Zentralbanken besonders in ihrer Rolle als Aufsichtsbehörden für die Geschäftsbanken versagt haben. Die ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente bezogen auf fossile Energien sind bisher weitgehend ungenutzt geblieben: Zentralbanken haben Vorschläge ignoriert, Rücklageanforderungen oder aufsichtsrechtliche Vorschriften zu nutzen, um diese Finanzierungen zu verhindern und sie haben sich Forderungen widersetzt, ihre Mandate der Klimakrise anzupassen.
„Die Zentralbanken haben ihre Rolle historisch mehrfach neu interpretiert, gerade in der jüngeren Vergangenheit, um auf die Finanzkrise 2008-2009 und die aktuelle COVID-19-Krise zu reagieren. Jetzt müssen sie auch die Klimakrise einbeziehen, die nicht nur die Finanzstabilität, sondern die gesamte Menschheit bedroht“, fordert Tong von Oil Change International. „Wenn die Zentralbanken nicht handeln, müssen die Regierungen, denen sie unterstellt sind, eingreifen. Sie müssen deutlich machen, dass die Zentralbanken zum Ende der gefährlichen Finanzierung fossiler Energien entscheidend beitragen können, statt als Nachzügler einen Sektor zu stützen, der das Klimachaos antreibt.“
Der Bericht enthält eine Reihe von Empfehlungen, um die Aktivitäten der Zentralbanken besser mit den Klimazielen in Einklang zu bringen:
- Die Regierungen sollten die Mandate der Zentralbanken, wo erforderlich, ändern, damit sie zum Ende der Finanzierung fossiler Energien im Einklang mit dem Pariser Abkommen beitragen können;
- Zentralbanken sollten:
- ihre Vermögensverwaltung anpassen, um aus ihren Portfolios alle Sektoren auszuschließen, die fossile Energien abbauen und intensiv nutzen, sowie keine weiteren Investitionen tätigen, die mit dem Pariser Abkommen unvereinbar sind;
- ihre Regulierungspraktiken bezüglich Geschäftsbanken anpassen, um auch so die Finanzierung aller Sektoren zu unterbinden, die fossile Energien produzieren und intensiv nutzen, sowie um Investitionen zu verhindern, die unvereinbar mit dem Pariser Abkommen sind;
- klimabezogene Stresstests durchführen und klimabezogene Risiken erforschen sowie Geschäftsbanken dazu verpflichten, diese Risiken ebenfalls zu untersuchen.
Mit Blick auf Deutschland kommentiert Regine Richter, Finanzexpertin bei urgewald: „Die Deutsche Bundesbank und vor allem die BaFin spielen eine wichtige Rolle dabei, Regeln für Privatbanken und deren Finanzierungen zu setzen. Sie müssen dies nutzen, um Finanzströme in fossile Unternehmen zu unterbinden. Und zwar schnell. Bundesbank-Präsident Weidmanns ständige Betonung der ‚Marktneutralität‘ ist angesichts der Klimakrise gestrig und unverantwortlich.“
Der Bericht mit dem Titel „Unused Tools: How Central Banks Are Fueling the Climate Crisis“ (zu Deutsch: „Ungenutzte Werkzeuge: Wie Zentralbanken die Klimakrise weiter anheizen“) wurde von Oil Change International in Zusammenarbeit mit Sunrise Project, Reclaim Finance und Positive Money erstellt. Er ist hier abrufbar: http://priceofoil.org/2021/08/24/unused-tools-central-banks/
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