Deutsche Energiewende senkt Emissionen und Strompreise auch in Nachbarstaaten
„Der Elektrizitätssektor spielt eine zentrale Rolle bei der Energiewende. Er emittiert viel CO2 und auch die Emissionsvermeidung im Verkehr und bei der Wärmeerzeugung basiert zumeist auf Strom. Durch die Förderung von grünem Strom aus Solar- oder Windenergie will Deutschland die Wirtschaft kohlenstofffreier gestalten“, sagt ZEW-Umweltökonom Dr. Jan Abrell, Co-Autor der Studie. Die Förderung von Erneuerbaren Energien hierzulande wirkt sich indessen auch auf die benachbarten Strommärkte in Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Polen, Schweden, den Niederlanden, der Tschechischen Republik und der Schweiz aus.
Um zu verstehen, welchen Einfluss die zunehmende Bereitstellung von Wind- und Sonnenenergie in Deutschland auf die Stromerzeugung und -preise hat, untersuchten die Wissenschaftler/innen einen umfangreichen Datensatz des Europäischen Netzes der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) mit stündlichen Daten zur Stromerzeugung nach Technologie und Land sowie zu den Großhandelspreisen. Zusätzlich wurden Daten zu CO2- und Brennstoffpreisen sowie zu Emissionen in die Analyse einbezogen.
Erneuerbare Energien verdrängen konventionellen Strom
Durch Ausbau und Förderung Erneuerbarer Energien reduziert Deutschland der Studie zufolge im Beobachtungszeitraum die Emissionen um 79 bis 113 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (MtCO2) pro Jahr. Das entspricht gut einer Tonne CO2 pro Einwohner/in. Der Großteil dieser Emissionen (80-90 Prozent) wird im Inland eingespart. Rund ein Drittel des grünen Stroms exportiert Deutschland allerdings in seine direkt angrenzenden Nachbarstaaten. Nach den Ergebnissen der Studie sparen diese Exporte auch dort rund 15 MtCO2 ein, insbesondere in der Tschechischen Republik und den Niederlanden, wo es bei der Stromerzeugung noch einen hohen Anteil an fossilen Energien gibt. Hier ersetzen die Erneuerbaren aus Deutschland somit einen Teil der ansonsten in Kraftwerken verfeuerten fossilen Energieträger.
Mehr Erneuerbare Energien senken außerdem den deutschen Großhandelspreis für Strom um durchschnittlich 14 Euro/MWh und zwischen drei und elf Euro/MWh in den meisten Nachbarstaaten, belegt die Studie. „Geförderte Solar- oder Windenergie verdrängt am Energiemarkt teuren Strom aus Kohle- und Gaskraftwerken, da günstigere Energie bevorzugt zugeführt wird. In der Forschung spricht man hier vom sogenannten Merit-Order-Effekt“, sagt Mirjam Kosch vom PIK und Co-Autorin der Studie. Dies gelte nicht nur für Deutschland, sondern wirke sich auch am länderübergreifenden Strommarkt aus.
Deutsche Verbraucher/innen tragen Hauptkosten für Erneuerbare Energien
Insgesamt verursacht die deutsche Förderung von Erneuerbaren Energien jährlich ökonomische Kosten von rund 23,7 bis 25,2 Milliarden Euro. „Obwohl die Kosten für den Stromeinkauf auf dem Großhandelsmarkt durch Erneuerbare Energien sinken, steigt die Stromrechnung der deutschen Verbraucher/innen. Das liegt daran, dass die Förderkosten aus dem Refinanzierungszuschlag für Erneuerbare Energien stammen, mit dem die Verbraucher/innen belastet werden“, erläutern die Autor/innen. Gleichzeitig gehen aufgrund der gefallenen Strompreise die Gewinne der Stromerzeuger zurück. Insgesamt tragen Letztere somit rund ein Drittel der Gesamtkosten, während die Verbraucher/innen rund zwei Drittel bezahlen.
In den Nachbarstaaten verursacht die deutsche Förderung von Erneuerbaren Energien auf volkswirtschaftlicher Ebene keine Kosten, da sich dort die Effekte ausgleichen: Konsumenten profitieren somit von sinkenden Strompreisen, während die Erzeuger auch dort Gewinneinbußen hinnehmen müssen.
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