Gehirntumoren präzise markiert
Wie sich ein Tumor über die Zeit entwickelt, wie aggressiv er sich ausbreitet oder auf die Therapie anspricht, hängt häufig von zellulärem Ursprung, Stadium und seinen genetischen Besonderheiten ab. Eine präzise Unterscheidung und Einstufung kann daher wichtig für die Auswahl des passenden Therapiekonzeptes sein. Doch allein im Gehirn kommen mehr als 100 verschiedene Tumortypen vor, die zum Teil schwer voneinander zu unterscheiden sind. Lange beruhte die Klassifizierung von Gehirntumoren hauptsächlich auf der mikroskopischen Untersuchung von Gewebeproben, die teilweise keine klare Abgrenzung der verschiedenen Tumortypen erlaubte. Inzwischen rücken zunehmend Tests auf charakteristische genetische Veränderungen und molekulare Eigenschaften in den Fokus. So ist bei bestimmten Untergruppen der Gliome das Protein IDH1 in typischer Weise verändert.
Prof. von Deimling, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Neuropathologie am Universitätsklinikum Heidelberg sowie Leiter der Klinischen Kooperationseinheit Neuropathologie am DKFZ, entwickelte einen Marker, um diese charakteristische Veränderung am IDH1-Protein in Tumorproben anzuzeigen. Der hochspezifische Antikörper erkennt die Mutation und bindet nur dann an das Protein, wenn genau diese Veränderung vorliegt. „Damit ließen sich erstmals bestimmte Unterformen der Gliome, sogenannte Astrozytome und Oligodendrogliome, zweifelsfrei diagnostizieren und von anderen Gehirntumorarten abgrenzen. Vor der IDH1 Testung konnte etwa ein Drittel dieser Tumoren nicht korrekt zugeordnet und damit nicht optimal behandelt werden", so Prof. von Deimling. Darüber hinaus haben seine Arbeiten den Weg für die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Hirntumoren geebnet, der derzeit in klinischen Studien geprüft wird. Für die Entwicklung des IDH1-Antikörpers wurde von Deimling 2016 bereits mit dem Deutschen Krebspreis in der Sparte „Translationale Forschung", also für die erfolgreiche Umsetzung experimenteller Forschungsergebnisse in die klinische Praxis, geehrt.
Literatur
Capper D, Zentgraf H, Balss J, Hartmann C, von Deimling A. Monoclonal Antibody Specific for IDH1 R132H Mutation.
Acta Neuropathologica 2009;118:599-601.
Platten M, Bunse L, Wick A, et al. A vaccine targeting mutant IDH1 in newly diagnosed glioma.
Nature 2021;592:463-8.
Weitere Informationen im Internet
Abteilung für Neuropathologie am UKHD
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg: Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
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