Kidical Mass: Kinder erobern Berlins Straßen zurück
„Die zahlreichen kleinen und großen Radfahrenden auf den Straßen haben deutlich gezeigt, dass viele Menschen nicht mehr bereit sind, diese Situation weiter hinzunehmen“, so Inge Lechner von Changing Cities. „Fahrradfahren sollte nicht Gefahr und Stress bedeuten, sondern Spaß machen und Freiheit schenken. Gesunde Entwicklung und Bewegung sind ein Kinderrecht! Die neue Bundesregierung muss daher konkrete Maßnahmen ergreifen, um den Kindern wieder eine selbständige und sichere Mobilität zu ermöglichen. Dazu gehört an erster Stelle die Einführung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts.”
Mehr Sicherheit und Freiheit für alle Menschen von 0 bis 99
Die Kidical Mass macht Kinder sichtbar und gibt ihnen eine Stimme in der Verkehrspolitik. Hier fordern Familien eine kindgerechte Mobilitätsplanung, die die Bedürfnisse der jüngsten Verkehrsteilnehmer*innen nach Platz und Sicherheit in den Fokus stellt. Denn Straßen sollen Menschen nicht gefährden – sie sollen Menschen verbinden.
Es gibt zahlreiche einfache Lösungen, die schnell und kostengünstig umgesetzt werden können. Die dazu passenden Studien wurden in den Nachbarländern bereits durchgeführt. Viele Kommunen sind auch bereit, diese Maßnahmen umzusetzen. Leider fehlen immer noch die gesetzlichen Rahmenbedingungen, klare Ziele, langfristige Finanzierungsmöglichkeiten und Personal.
„Es sollte selbstverständlich sein, dass Kinder sich auch in der Stadt eigenständig und sicher, frei und unbeschwert mit dem Fahrrad bewegen können“, erklärt Michael Ortmann von Changing Cities.
Philine, 12 Jahre, fügt hinzu: "Ich habe oft ein wenig Angst, überfahren zu werden, zum Beispiel, wenn ich mit dem Fahrrad zur Schule fahre.“
Mit der Kidical Mass fordern die Demonstrierenden, dass kurzfristig die Infrastruktur rund um Schulen und Kitas kindgerecht gestaltet wird: Schulstraßen, d. h. Durchfahrverbote zu Schulbeginn und -ende oder autofreie Straßen führen unmittelbar zu weniger Elterntaxis und mehr radelnden und laufenden Kindern. Die Situation soll mittelfristig weiter verbessert werden, indem Schulen in sichere Schulradwege-Netze eingebettet sind.
Die Forderungen des Kidical Mass-Aktionsbündnis an die neue Bundesregierung lauten:
- Sichere Schulradwege-Netze bis 2030
- Schulstraßen und verkehrsberuhigte Bereiche vor Schulen und Kitas
- Stetige jährliche Finanzierung mit konkreten Zielvorgaben an die Kommunen
- Kinderfreundliches Straßenverkehrsrecht: Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts, geschützte und baulich getrennte, breite Radwege an Hauptstraßen, geschützte Kreuzungen, Spielstraßen, Wohngebiete ohne Durchgangsverkehr, Umsetzung der Vision Zero (null Verkehrstote).
Wenn Verkehr kinderfreundlich wird, werden gleichzeitig andere schwächere Verkehrsteilnehmer*innen geschützt. Wenn weniger und langsamer Auto gefahren wird, profitiert das Klima. Deshalb gilt: Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir bei den Kindern beginnen. Das Fahrrad ist Zukunftsmobilität. Die #FahrradGeneration steht in den Startlöchern – und das ist gut so.
Hintergrund Kidical Mass
Die Kidical Mass ist eine weltweite Bewegung. Bei bunten Fahrraddemos erobern Radfahrende von 0 bis 99 Jahren die Straße. Das Format hat Kinder und nachhaltige Mobilität im Fokus und setzt sich für lebenswerte Städte ein.
Seit 2017 gibt es sie auch in Deutschland. 2021 wurde die Kidical Mass Köln für das erste bundesweite Aktionswochenende mit dem Deutschen Fahrradpreis (Kommunikation) ausgezeichnet. Die Kidical Mass gibt den Kindern eine Stimme im Verkehr, zeichnet ein positives Zukunftsbild, vernetzt und mobilisiert Alt und Jung über die Grenzen der Radszene hinaus.
Mit dem Aktionswochenende am 18. und 19. September 2021 “Platz da für die nächste Generation” findet die Kidical Mass zum zweiten Mal zeitgleich in ganz Deutschland und darüber hinaus statt. Die Kidical Mass Köln ist Koordinatorin. ADFC, Campact, Changing Cities, Deutsches Kinderhilfswerk, VCD und Unicef Deutschland sind die diesjährigen überregionalen Unterstützer*innen. Herzstück sind über 200 lokale Organisationen. Ein einzigartiges Netzwerk: dezentral, selbstorganisiert und gemeinsam stark.
Von Kusterdingen bis Berlin: Kleine und große Orte fühlen sich angesprochen, Alt und Jung, Eltern und Singles, Radentscheide, regionale Gruppen der großen Verbände, Privatleute und lokale Initiativen. Das Kidical Mass-Aktionswochenende zeigt, dass sich ein enormer Anteil der Bevölkerung – nicht nur in den Großstädten – fahrradfreundliche Veränderungen wünscht und bereit ist, diese auf der Straße einzufordern.
Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.
Changing Cities e.V.
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