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Muschel mit Strahlkraft

Mehr als 2.500 Quadratmeter ohne jede Stütze, nur gefasst von gläsernen Wänden, darüber schwebend, über 80 m weit gespannt, eine geschwungene Schale, deren Beton gerade einmal fünf, sechs Zentimeter dick ist – die Sendehalle von Radio Europe 1 in Berus im Saarland war und ist ein ganz besonderes Bauwerk. Daher ehrten die Bundesingenieurkammer und die Ingenieurkammer des Saarlandes den muschelförmigen Glasbau heute mit dem Titel „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“.

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die zu ihrer Zeit als Ministerpräsidentin viele Anliegen der saarländischen Ingenieurinnen und Ingenieure besonders unterstützt hat, zeigte durch ihre Präsenz einmal mehr ihr Interesse an herausragenden Ingenieurleistungen mit all ihren Facetten.

„Für uns als Gemeinde ist es ein besonderes Anliegen und eine große Herausforderung, die Sendehalle in Zukunft einer dauerhaften Nutzung zuzuführen“, betonte die Bürgermeisterin der Gemeinde, Anne Yliniva-Hoffmann in ihrem Grußwort. 

Dr.-Ing. Frank Rogmann, Ehrenpräsident der Ingenieurkammer des Saarlandes, sagte in seiner Begrüßungsrede vor den ca. 90 geladenen Gästen, dass er hoch erfreut sei, dass die Kathedrale der Wellen, wie die Sendehalle auch genannt wird, heute ausgezeichnet wird. „Gerade wegen ihrer dramatischen Baugeschichte ist sie nicht nur ein faszinierendes, sondern auch facettenreiches Wahrzeichen modernen Konstruierens in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie steht aber auch für die Verführungskraft des Leitbilds absoluter Leichtigkeit und die verstörende Hybris, sich allzu sicher und frei von Fehlern zu wähnen.“

„Ingenieurbauwerke gibt es in der Regel nicht von der Stange. Das sind Unikate, an denen Ingenieurinnen und Ingenieure oftmals sehr lange tüfteln, um die bestmögliche Lösung zu finden. Das macht unseren Beruf auch so besonders und so spannend. Die Sendehalle in Berus ist das beste Beispiel dafür und die Titelverleihung ein guter Anlass, um für unseren tollen Beruf zu werben“, erläuterte der Vize-Präsident der Bundesingenieurkammer, Dipl.-Ing. Ingolf Kluge.

Geplant auf der grünen Wiese inmitten der Hochebene am Sauberg war der Name des Senders Programm: Das „Centre émetteur de radio-télévision Europe no 1“ sollte nichts weniger als die Nummer Eins und eine der größten Rundfunkanstalten werden. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen und der Weg dorthin sehr lang. Mehr als einmal stand das Projekt kurz vor dem Aus. Denn die Besonderheit der verglasten Halle war, dass der 86,5 x 46 Meter große freitragende Bau aus Beton sein sollte. Die Herausforderung des Projekts zeigt sich auch daran, dass gleich drei namhafte Ingenieure mit der Errichtung der Sendehalle betraut werden mussten, um allen Ansprüchen zu genügen – Bernhard Laffaille und Eugène Freyssinet, zwei Pioniere des Schalenbaus sowie Pierre Xercavins, einer der bekanntesten französischen Ingenieure seiner Zeit. Heute ist es still geworden in dem einstigen Sendezentrum, aber die große herzmuschelförmige Halle hat nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt. 

Alle technischen und historischen Hintergründe zur Sendehalle in Berus sind in der Publikation von Werner Lorenz, Bernard Espion zusammengefasst, die in der Schriftenreihe „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ erscheint. Seit 2007 erhielten 28 Bauwerke eine solche Auszeichnung. Die eigens hierzu herausgebrachte Schriftenreihe porträtiert alle ausgezeichneten Bauwerke. Weitere Informationen zu den Wahrzeichen sowie den jeweiligen Publikationen finden Sie unter: wahrzeichen.ingenieurbaukunst.de/

Die Auszeichnungsreihe „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ wird unterstützt vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, den Ingenieurkammern der Länder und dem gemeinnützigen Förderverein „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“.

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