Führt die Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zur Nachbewertung des Vermögens?
Streitfrage: Übertragung von geerbten Wirtschaftsgütern auf mehrere Personen
Eine Alleinerbin hat 2011 einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit 10,5 Hektar geerbt und anschließend an verschiedene Pächter parzellenweise verpachtet. Im darauffolgenden Jahr übertrug sie sämtliche Flächen sowie die Hofstelle auf einen Land- und Forstwirt und dessen Tochter, teils entgeltlich und teils unentgeltlich. Der Land- und Forstwirt ordnete anschließend seine geerbten Flächen seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und die Tochter ihrem Privatvermögen zu. Eine Mitunternehmerschaft zwischen dem Land- und Forstwirt und der Tochter bestand nicht.
Das Finanzamt sah in der Übertragung der Wirtschaftsgüter auf die verschiedenen Personen eine Zerschlagung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der Erbin. Denn: Dieser bestehe als wirtschaftliche Einheit nicht mehr fort. Folglich bewertete die Behörde das geerbte land- und forstwirtschaftliche Vermögen mit dem höheren Liquidationswert und erhöhte die Erbschaftsteuer der Alleinerbin.
Der Landwirt als Prozessbevollmächtigter vertrat hingegen die Auffassung, dass das land- und forstwirtschaftliche Vermögen mit dem günstigeren Fortführungswert zu bewerten sei. Der Grund: Die Erbin habe die Flächen bei der Schenkung oder beim Verkauf übertragen und in das land- und forstwirtschaftliche Vermögen der jeweiligen Käufer eingebracht.
Die Entscheidung des Gerichts: Nachbewertung mit dem Liquidationswert
Das Niedersächsische Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht. Die teils unentgeltliche und teils entgeltliche Übertragung von Vermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs an verschiedene Käufer löst eine Nachbewertung des Vermögens mit dem Liquidationswert aus. Denn die Flächen gehören wegen der Übertragung auf andere Personen nicht mehr dauerhaft dem ursprünglichen Betrieb der Erbin. Für diese Beurteilung kommt es allein auf die Verwendung des erworbenen Betriebs an. Laut Finanzgericht ist unerheblich, ob die land- und forstwirtschaftlichen Wirtschaftsgüter zum Betriebs- oder Privatvermögen des Land- und Forstwirts und dessen Tochter gehörten. Ob die Übertragung an einzelne Käufer unentgeltlich erfolgt und ob die jeweiligen Käufer die Wirtschaftsgüter weiterhin landwirtschaftlich nutzen, spielt ebenfalls keine Rolle (Urteil vom 31.05.2021, 1 K 60/19).
Das Finanzamt bewertete also das land- und forstwirtschaftliche Vermögen mit dem Liquidationswert nach. Das bedeutet, mit den zuletzt vor dem Bewertungsstichtag ermittelten Bodenrichtwerten, unter Abzug von pauschalen zehn Prozent an Liquidationskosten.
Die Entscheidung des Finanzgerichts ist umstritten. Es bleibt abzuwarten ob sich der Bundesfinanzhof in einem möglichen Revisionsverfahren ebenfalls dazu äußern wird.
Praxistipp: Was die Nachbewertung neutralisiert
Was die erbschaftsteuerliche Verschonung von begünstigtem Betriebsvermögen angeht, ist die Weiterschenkung oder -vererbung kein Verstoß gegen die Behaltensregelung. Die erbschaftsteuerliche Verschonung neutralisiert größtenteils die Nachbewertung mit dem Liquidationswert. „Die Voraussetzung dafür ist, dass der Land- und Forstwirt sein Vermögen länger als fünf oder sieben Jahre behält. Erfolgt die Übertragung jedoch teilentgeltlich, so gilt dies nur für den unentgeltlichen Teil“, erklärt Ecovis-Steuerberaterin Stefanie Striegan in Regensburg.
Stefanie Striegan, Steuerberaterin bei Ecovis in Regensburg
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