Jahreshauptversammlung des ISTE: Nach langer Reifezeit fährt der Industrieverband die Ernte ein
ISTE-Präsident Peter Röhm begrüßte einen gut gefüllten Saal. Zahlreiche Mitgliedsunternehmerinnen und -unternehmer waren persönlich nach Stuttgart in die Alte Reithalle gekommen, weil sie diese Hauptversammlung ihres Verbandes kombinieren konnten mit dessen Galaabend zum 75jährigen Bestehen. Die festliche Stimmung des Vorabends jedoch wich schnell nüchternen, aber durchaus positiven Resümees.
Diese fielen durchweg erfreulich aus. Röhm stellte fest, dass man nach wie vor auf dem richtigen Wege sei, sich aber nicht auf Lorbeeren ausruhen dürfe, auch wenn die „großen Brocken“ wie die Mantelverordnung oder das Rohstoffkonzept in Baden-Württemberg nach jahrelangen Diskussionen nun beschlossen seien.
Hervorragende Vernetzung
Dem stimmte MIRO-Präsident Dr. Gerd Hagenguth zu. Er lobte vor allem das Engagement der jüngeren Generation im ISTE: „Die jungen Leute bringen frisches Leben in den Verband!“ Mit großer Freude habe er am Vorabend dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten und dessen lobender Ansprache zusammen mit Landtagspräsidentin Muhterem Aras gelauscht. Diese habe daraufhin gemeint: „Das ist eine Liebeserklärung an den ISTE!“ So ein Verhältnis zu einer Landesregierung sei etwas ganz Besonderes, meinte Hagenguth.
Solch gute Vernetzung sei kein Zufall, sondern Ergebnis langjähriger intensiver und vertrauensvoller Kommunikation, stellte ISTE-Hauptgeschäftsführer Thomas Beißwenger klar. Die Öffentlichkeitsarbeit des ISTE könne man durchaus als „Impfstoff“ verstehen. Das frühzeitig erworbene Wissen werde immer zum Maßstab für die Bewertung z.B. von Fakenews. Fachlich korrekte Öffentlichkeitsarbeit helfe bei der „Immunisierung“ gegen Fakenews. Trotz der Corona-Einschränkungen habe der Verband im vergangenen Jahr so viele politische Veranstaltungen gemacht wie nie zuvor.
Dies komme den Unternehmen jetzt zugute, denn man könne mit dem Ergebnis der baden-württembergischen Landtagswahlen aus ISTE-Sicht durchaus zufrieden sein. „Dieser Koalitionsvertrag ist ein guter Kompromiss, mit dem wir leben können.“ So sollen der Stau beim Wohnungsbau aufgelöst und zwei Prozent der Landesfläche für erneuerbare Energien genutzt werden. „Dazu braucht man viele mineralische Rohstoffe“, so Beißwenger.
Megathema Klimawandel
Gleichzeitig warnte er wie zuvor Präsident Röhm davor, sich auf Erreichtem auszuruhen: „Wenn Baden-Württemberg bis 2040 klimaneutral werden will, ist das nicht mehr lange hin.“ Auf das „Megathema Klimawandel“ bereite man sich allerdings sehr gut vor. Beißwenger nannte in diesem Zusammenhang die Initiative der Zementindustrie, in den kommenden Jahrzehnten nicht nur klimaneutral zu produzieren, sondern auch synthetische Kraftstoffe herzustellen.
Der Hauptgeschäftsführer zeigte sich zufrieden, dass endlich das Rohstoffkonzept des Landes beschlossen sei: „Was lange währt, wird zumindest brauchbar“, sagte er. Die Rohstoffsicherung sei grundsätzlich zufriedenstellend entworfen, aber die konkreten Probleme müssten vor Ort geklärt werden. Beklagenswert seien nach wie vor die langen Planungszeiträume.
Auch beim Naturschutz sei man in jüngster Zeit gut vorangekommen, etwa durch die Verabschiedung des Insektenschutzgesetzes, in dem „Natur auf Zeit“ eine wichtige Rolle spielt, oder der Biodiversitätsdatenbank des Bundesverbandes Baustoffe, Steine und Erden (bbs): „Diese ist ein richtiger Gewinn.“
Umfassendes Informationsangebot
Er lud die Unternehmerinnen und Unternehmer ein, die Veranstaltungen der kürzlich gegründeten „Steine- und Erden-Akademie stea“ zu nutzen. Hier würden sowohl Präsenz- als auch Hybrid-Veranstaltungen zu den unterschiedlichsten Themen angeboten. Ebenso stünde das neue GeoMobil auch für Anlässe der Mitgliedsunternehmen bereit.
Sehenswert sei der neue virtuelle Kieswerk-Rundgang, der insbesondere von der Initiative KiWi auf deren Homepage angeboten wird. Man arbeite zudem an einer Kiesgruben-Erkundungstour und wolle mit diesem Projekt Maßstäbe setzen. Beißwenger: „Impfen Sie die Menschen mit Wissen über unsere Branche!“
Ein Abschied mit Dank und Sympathie
Große Sympathie brachte die ganze Branche dem ehemaligen stellvertretenden ISTE-Hauptgeschäftsführer Heinz Sprenger entgegen, der vor wenigen Monaten in den Ruhestand getreten war. Über 30 Jahre lang habe er dem Verband gedient und dabei Souveränität, Verlässlichkeit und Menschlichkeit vorbildlich verkörpert, lobte ihn ISTE-Präsident Röhm. Als „Mann der Redekunst“ sei er zugleich ein „wandelndes Lexikon des ISTE“ gewesen: „Der bei Veranstaltungen so lustige Heinz Sprenger konnte aber bei Verhandlungen richtig hart sein“, sagte er.
Sprenger seinerseits verabschiedete sich mit einer langen Dankesrede. Er gab seinen ehemaligen Kollegen dabei Tipps auf den Weg. Sie sollten auf die 4 K‘s achten: Kontinuität, Kreativität, Kompetenz und Kollegialität. Dann könne man nicht viel falsch machen.
Die Steine- und Erden-Industrie in Baden-Württemberg – www.iste.de
In Baden-Württemberg gibt es rund 500 Unternehmen, die mineralische Rohstoffe gewinnen, weiterverarbeiten oder gebrauchte mineralische Rohstoffe recyceln. Insgesamt geschieht dies in rund 800 Werken mit 15.000 Beschäftigten. Diese Branche erwirtschaftet einen Gesamtumsatz von rund 5 Milliarden Euro pro Jahr im Land.
Pro Einwohner und Jahr müssen rund 10 Tonnen Material der Erde entnommen werden, damit Häuser, Bürogebäude, Straßen, Bahnlinien und Radwege gebaut werden können. Insgesamt werden so jährlich 100 Millionen Tonnen mineralische Rohstoffe gewonnen und benötigt. Ziemlich genau entspricht das einem Kilogramm mineralische Rohstoffe pro Einwohner und Stunde. Gebrauchte Baustoffe werden durch Baustoffrecycling im Kreislauf gehalten. So wird bereits heute ca. 90 Prozent des Bauschuttes und Straßenaufbruchs recycelt.
Der ISTE wurde bereits sechs Jahre vor dem Land Baden-Württemberg im März 1946 als „Fachverband Steine und Erden Württemberg und Baden e.V.“ gegründet. Seitdem hat er sich zu einem modernen, dienstleistungsorientierten Wirtschafts- und Arbeitgeberverband entwickelt.
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