Koalitionsverhandlungen: Zivilgesellschaft fordert Ende der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung
Die "verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung" sei den Organisationen zufolge die "schädlichste Altlast der Großen Koalition" und "die am tiefsten in die alltägliche Privatsphäre eingreifende und unpopulärste Massenüberwachungsmaßnahme, die der Staat jemals hervorgebracht hat." Eine derart weitreichende "Registrierung des Verhaltens der Menschen in ganz Deutschland" sei "für viele Bereiche der Gesellschaft höchst schädlich", so für die Arbeit von Ärzten, Rechtsanwälten, Psychologen, Beratungsstellen und Journalisten. Die verdachtslose Datensammlung begünstige Datenpannen und -missbrauch und sei von Gerichten schon wiederholt als grundrechtswidrig verworfen worden.
"Sowohl die FDP als auch Bündnis 90/Die Grünen verstehen sich als Verteidiger von Freiheit und Bürgerrechten", erklärt Ute Elisabeth Gabelmann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung die Initiative. "FDP und Grüne haben nun die einmalige Gelegenheit, hier auch Taten, nämlich die längst überfällige Abschaffung der Vorratsspeicherung, folgen zu lassen" ergänzt Werner Hülsmann von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz.
Es ist nun die Aufgabe von FDP und Grünen, den behäbigen Partner SPD in die Spur zu setzen. Die aktuell bestehende bloße „Aussetzung der Vollziehung“ der Vorratsdatenspeicherung sei nicht akzeptabel. Daher fordern die UnterzeichnerInnen des offenen Briefes von den Koalitionspartnern ein klares Bekenntnis zu Freiheit und den Grundrechten und damit das verbindliche Ende jeder verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung. Auch den EU-Plänen zur Wiedereinführung muss Deutschland entschiedenen Widerstand entgegensetzen. Die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen ist unerträglich.
Hintergrund:
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen sich heute mit den Themen Justiz und Inneres befassen. Liberale und Grüne fordern in ihren Wahlprogrammen ein Ende der verdachtslosen Datensammlung. Das 2015 von der "Großen Koalition" beschlossene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung wurde im Juni 2017 vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen für grundrechtswidrig befunden und einstweilen ausgesetzt (Az. 13 B 238/17).
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs steht aus. Nach dem Gesetz soll verdachtslos von der gesamten Bevölkerung aufgezeichnet werden, wer mit wem und wo per Telefon oder Handy in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat.
Den Wortlaut des offenen Briefes finden Sie unter https://www.datenschutzverein.de/wp-content/uploads/2021/10/2021-10-26-Offener-Brief-gegen-Vorratsdatenspeicherung.pdf
Die DVD nimmt seit ihrer Gründung 1977 als gemeinnütziger Verein die Interessen der verdateten BürgerInnen wahr. Die DVD sieht ihre Aufgabe vorrangig darin, die Bevölkerung über Gefahren des Einsatzes elektronischer Daten- verarbeitung und der möglichen Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu beraten und aufzuklären Inhaltlich beschäftigt sich die DVD mit so unterschiedlichen Fragestellungen wie dem Datenschutz in Polizei und Justiz, dem Beschäftigtendatenschutz, Verbraucherdatenschutz und Datenschutz im Internet.
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