BKK Gesundheitsreport 2021: Krise – Wandel – Aufbruch
„Das Wichtigste ist Resilienz, die Widerstandsfähigkeit der Belegschaft für die unterschiedlichen Belastungen zu stärken. Das Zweite ist, in die Betriebe hineinzuhorchen, mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu sprechen. Und das Dritte ist, Führungskräfte auf die Besonderheiten des Führens in einer digitalen Umwelt anzusprechen und sie entsprechend zu trainieren“, erklärt Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes.
In den Unternehmen arbeiten sehr unterschiedliche Menschen mit teils sehr unterschiedlichen Bedürfnissen und Ansichten. Gerade in der Krise ist es notwendig, dass alle Beschäftigten gemeinsam an einem Strang ziehen damit die Betriebe handlungsfähig bleiben, meint Prof. Dr. Holger Pfaff, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft an der Universität zu Köln.
„Das Unternehmen muss wieder so eine Art Gemeinschaftsgefühl erzeugen, das in der Pandemie oftmals verloren gegangen ist und uns in gewisser Weise atomisiert hat. Man sollte jetzt eine Regel finden, dass zum Beispiel zwei von fünf Arbeitstagen im Homeoffice und drei in Präsenz stattfinden. Dabei müssen die Präsenztage so strukturiert sein, dass alle auch wirklich anwesend sind. Das heißt, man braucht feste Tage, an denen sich alle treffen und an denen dann auch konkrete Entscheidungen und Einschätzungsgespräche stattfinden können“, sagt Prof. Dr. Holger Pfaff.
Beschäftigte sehen die Arbeitswelt schlecht auf zukünftige Krisen eingestellt, sehen sich selbst hierfür aber gut gerüstet
44,3 Prozent der Beschäftigten sehen die Arbeitswelt in Deutschland schlecht oder sogar sehr schlecht auf zukünftige Krisen vorbereitet. Das ergab eine Umfrage des BKK Dachverbandes mit 3000 Beschäftigten in Deutschland im Rahmen des diesjährigen BKK Gesundheitsreports 2021. Nur jeder fünfte Befragte bewertete hingegen diese Frage positiv oder sehr positiv. Persönlich sehen die Beschäftigten sich hingegen deutlich besser gerüstet: 42,3 % sehen sich (sehr) gut, nur 13,3 % (sehr) schlecht vorbereitet. Auch auf das eigene Unternehmen bezogen ist die Bewertung recht positiv: 37,7 % sehen ihren Arbeitgeber auch für zukünftige Krisen gut vorbereitet.
Negative Spuren bei Belegschaften zur körperlichen und psychischen Gesundheit
Die Pandemie hat Spuren bei den Beschäftigten hinterlassen. Der Anteil der Berufstätigen, die einen negativen Einfluss der Corona-Pandemie auf ihre körperliche und psychische Gesundheit wahrnehmen, ist im Vergleich zum Befragungsergebnis 2020 angestiegen. Aus Sicht jedes vierten Befragten hat sich vor allem die eigene Arbeitsmotivation (26,0 %) und der Zusammenhalt in der Belegschaft (24,8 %) durch die Corona-Pandemie verschlechtert.
2020 deutlich weniger Krankheitsfälle – dafür aber längere Erkrankungszeiten
Im Vergleich zum Vorjahr sind die Arbeitsunfähigkeitstage der beschäftigten Mitglieder leicht zurückgegangen: Im Jahr 2020 ist im Durchschnitt jeder Beschäftigte 18,2 Tage arbeitsunfähig gemeldet gewesen (2019: 18,4 AU-Tage je Beschäftigte). Mehr als die Hälfte der Fehltage verursachen nach wie vor Muskel-Skelett-Erkrankungen (24,6 %), psychische Störungen (17,5 %) und Atemwegserkrankungen (14,0 %). Der Krankenstand liegt im aktuellen Berichtsjahr 2020 durchschnittlich bei 5,0 % (2019: 5,1 %). Sehr deutlich ist hingegen die Anzahl der AU-Meldungen (2019: 1,38 vs. 2020: 1,17) zurückgegangen, so wenige AU-Fälle waren es seit 2012 nicht mehr. Somit sind weniger Krankschreibungen im Jahr 2020 erfolgt, diese hatten allerdings im Durchschnitt eine längere Dauer. Kurzzeitfälle sind hingegen deutlich weniger geworden, was auf den sehr starken Rückgang vor allem Atemwegserkrankungen zurückzuführen ist. Es sind gegenüber dem Vorjahr -22,1 % weniger AU-Fälle aufgrund von Atemwegserkrankungen aufgetreten. Der größte Rückgang bei den AU-Tagen ist mit -8,3 % bei den Infektionen feststellbar.
COVID-19-Diagnosen häufiger bei Frauen, bei Jüngeren und Beschäftigten mit niedrigerem Berufsabschluss
Frauen sind häufiger aufgrund von COVID-19-Diagnose krankgeschrieben als Männer. Die Falldauer war hingegen für beide Geschlechter im Durchschnitt umso höher, je älter die Betroffenen waren. Dabei waren laut der Diagnosedaten des Jahres 2020 die Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen (v.a. Kranken- und Altenpfleger:innen) sowie im Bereich Erziehung und Soziales (v.a. Erzieher:innen bzw. Kita-Betreuer:innen für Kinder im Vorschulalter) wegen einer COVID-19-Diagnose von einer Arbeitsunfähigkeit betroffen. Da in den genannten Berufen bzw. Branchen mit einem höheren Infektionsrisiko generell deutlich mehr Frauen als Männer arbeiten, treten deshalb auch insgesamt mehr COVID-19-bedingte AU-Fälle/-Tage bei den weiblichen Beschäftigten auf. Vor allem die jüngeren Beschäftigten sind häufiger von einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund von COVID-19 betroffen.
Dagegen zeigen sich in Branchen bzw. Berufen, die vorwiegend im Freien ausgeübt werden (z. B. in der Landwirtschaft), die einen hohen Homeoffice-Anteil haben (z. B. IT-Berufe) sowie solche, deren Ausübung pandemiebedingt stark eingeschränkt waren (z. B. Hotel- und Gastgewerbe) die mit Abstand niedrigsten AU-Kennzahlen im Zusammenhang mit COVID-19. Es zeigt sich auch, dass die Beschäftigten mit einem niedrigeren Schul- und Berufsabschluss, höhere AU-Kennzahlen aufgrund einer COVID-19-Diagnose aufweisen. Diese Beschäftigtengruppe ist vor allem in Branchen und Berufen vertreten, die oftmals nur vor Ort ausgeübt werden können. Berufstätige mit einer höher qualifizierten Ausbildung üben hingegen öfters komplexere berufliche Tätigkeiten aus, die zudem häufiger im Homeoffice ausgeübt werden können.
BKK Gesundheitsreport 2021
Weitere Analysen und Kennzahlen zur Arbeitsunfähigkeit, zur ambulanten und stationären Versorgung sowie zu den Arzneimittelverordnungen und zur BKK-Umfrage sind im neuen BKK Gesundheitsreport 2021 zu finden.
Zusätzliche digitale Informationen und Materialen zum BKK Gesundheitsreport 2021 finden Sie auf der Internetseite des BKK Dachverbandes.
Pressematerialien finden Sie unter diesem Link.
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