Die Mutter der Schattenmorelle – Genomsequenz der Steppenkirsche entschlüsselt
„Mit dieser ersten Genomsequenz der Steppenkirsche ist es möglich, die evolutive Entwicklung der Sauerkirsche besser zu verstehen“, erklärt Erstautor Dr. Thomas Wöhner vom JKI-Fachinstitut für Züchtungsforschung an Obst in Dresden-Pillnitz. Auf Basis des genetischen Codes können die Forscher nun Gene der Steppenkirsche im Genom der Sauerkirsche zuordnen. Dieses Wissen lässt sich praktisch nutzen, denn damit können nun bessere Vorhersagen über positive oder negative Eigenschaften bei der Züchtung neuer Sauerkirschensorten getroffen werden. „Das hilft uns dabei, die Sauerkirsche in Zukunft robuster gegenüber Krankheiten und fit für den Klimawandel zu machen“, so Wöhner.
Hintergrund
Sauerkirschen haben ihren Ursprung in Osteuropa und Kleinasien. Ein Vorfahre, die Süßkirsche, ist in ganz Europa und Kleinasien weit verbreitet. Die Steppenkirsche als zweiter Vorfahre ist in den weiten Steppen Osteuropas und Westasiens heimisch. Schon Ende der 1960er Jahre wurde nachgewiesen, dass die Sauerkirsche ein natürlicher Bastard zwischen der Steppenkirsche und der Süßkirsche ist. Während sich die beiden elterlichen Arten evolutiv zunächst unabhängig voneinander entwickelten, kam es später in Gebieten, in denen beide Arten gleichzeitig vorkommen, zufällig zu Hybridisierungen, aus denen dann unsere heutigen Sauerkirschen hervorgegangen sind. Das Genom der Sauerkirsche besteht folglich aus zwei Teilen. Die eine Hälfte der Chromosomen stammt von der Süßkirsche, während die andere Hälfte von der Steppenkirsche abstammt. Das Genom der Süßkirsche ist bereits sequenziert worden. Für die Steppenkirsche fehlte bislang eine solche Genomsequenz. Mit der neuen Genomsequenz liegen nun alle wichtigen genetischen Daten vor, um Rückschlüsse über den Aufbau des Sauerkirschengenoms ziehen zu können.
Publikation
Wöhner, T., Emeriewen O., Wittenberg A., et. al.: The draft chromosome-level genome assembly of tetraploid ground cherry (Prunus fruticosa Pall.) from long reads.
Genomics 113 (2021), 4173-4183. DOI: https://doi.org/10.1016/j.ygeno.2021.11.002
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