Falsche Mythen der Schuldenobergrenze
Unsicherheiten durch Halbwahrheiten
„Falls dies geschieht, werden viele Stimmen vor einem möglichen Zahlungsausfall der Vereinigten Staaten warnen“ sagt Grüner. Dieses Statement sei allerdings ebenso „alt“ wie falsch. Wenn Zahlungen an Lieferanten oder Vertragspartner verpasst würden, handele es sich nicht um einen offiziellen Zahlungsausfall. Ein Zahlungsausfall definiere sich über eine einzige Kategorie. Er trete ein, wenn Zins- oder Rückzahlungen von Schulden verpasst würden. „Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist jedoch extrem gering und eine wirkliche Katastrophe noch viel weiter entfernt“, analysiert Grüner.
Sollte die Schuldenobergrenze erreicht werden, könne das Finanzministerium auslaufende Anleihen durch neue Anleihen einfach prolongieren. „Für Zinszahlungen reichen die Steuereinnahmen bei Weitem aus, ohne dass hierfür Schulden aufgenommen werden müssten“, so Grüner. Im Fiskaljahr 2021 hätten die Einnahmen zusätzlich ausgereicht, um die soziale Sicherheit und die Gesundheitsvorsorge zu bedienen. Darüber hinaus müsse das Finanzministerium im schlimmsten Fall harte Entscheidungen treffen, welche Gewinner und Verlierer hervorrufen werde. „Das wiederum wäre keine gute Entwicklung, aber sicherlich auch kein offizieller Zahlungsausfall“, sagt Grüner. „Ein derartiges Szenario umfasst eine partielle Regierungsschließung, doch niemals zuvor verursachte ein Shutdown der Regierung eine Rezession oder einen Bärenmarkt.“
Längerfristiger Stillstand?
Was geschieht jedoch, wenn das Finanzministerium eine Zinszahlung kurzfristig verpassen würde? Die Historie verrät, laut Grüner, dass auch das nicht katastrophal wäre. „1979 bereits wurden Zinszahlungen aufgrund von einer Computerpanne verpasst“, weiß Grüner. „Die Zahlungen wurden nachgeholt, stellten aber dennoch technisch gesehen einen Ausfall dar.“ Es hätte die USA jedoch nicht daran gehindert, weiterhin Anleihen auszugeben. Auch die Nachfrage sei stabil geblieben.
Fristlose Zahlungsausfälle würden sich hingegen negativ auswirken. „Beide Parteien haben jedoch große Anreize, dies zu verhindern. Höchstwahrscheinlich würde das Finanzministerium allen Zahlungsverpflichtungen in Bezug auf die Verschuldung nachkommen, selbst wenn der Senat nicht die ausreichenden Beschlüsse für eine Anhebung der Schuldenobergrenze treffen würde“, so Grüner. „Aber selbst wenn ein Fehler entstünde und Zahlungen sich kurzfristig verschieben, wäre das ähnlich zu sehen wie die Panne aus dem Jahr 1979. Es wäre keine Katastrophe für die Märkte.“
Fazit
Die Schuldenobergrenze stelle Grüner zufolge ein viel diskutiertes Instrument dar. Regelmäßig fürchteten Marktbeobachter einen Zahlungsausfall der USA. Während die Definition ein solches Ereignis höchst unwahrscheinlich mache, handele es sich hierbei um mehr als bloße Semantik. „Vor allem haben die Beteiligten ein besonderes Interesse daran, keinen längerfristigen Stillstand zu riskieren“, sagt Grüner. „So lange das nicht geschieht, sind auch größere und langfristige Auswirkungen auf die Märkte wenig wahrscheinlich.“
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