Gentechnik: Die EU muss Wahlfreiheit und Vorsorgeprinzip stärken!
Bisher gilt beim Umgang mit Gentechnik in Land- und Lebensmittelwirtschaft zurecht das in den EU-Verträgen verankerte Vorsorgeprinzip. Um die Umwelt zu schützen und Verbraucher:innen Wahlfreiheit zu gewähren, sind Risikoprüfungen, Rückverfolgbarkeit, Transparenz und Kennzeichnungspflicht festgelegt. Obwohl der europäische Gerichtshof 2018 bestätigt hat, dass diese auch für neue Gentechnikverfahren gelten müssen, erwägt die EU-Kommission, das Gentechnikrecht aufzuweichen.
Fakt jedoch ist: Eine breite Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland und in Europa lehnt Gentechnik in Lebensmitteln ab. Diese Nachfrage nach gentechnikfreien Lebensmitteln ist eine große Chance für die biologische und konventionelle Landwirtschaft in der EU. Denn mit diesem Qualitätskriterium kann sich die hiesige Lebensmittelproduktion auch über den EU-Binnenmarkt hinaus profilieren, wenn eine konsequente Gesetzgebung Lebensmittel ohne Gentechnik gewährleistet.
Dazu muss sich jetzt die neue Bundesregierung entschieden und klar positionieren. „Wir gratulieren der nominierten Umweltministerin Steffi Lemke und dem nominierten Landwirtschaftsminister Cem Özdemir zu ihren neuen spannenden und verantwortungsvollen Positionen und appellieren gleichzeitig an sie: Nehmt den Willen der Wählerinnen und Wähler ernst – und setzt ein klares Zeichen für die Wahlfreiheit! Nehmt die Chance wahr, für eine vielfältige Landwirtschaft einzutreten, die Ökosysteme als schützenswerte Umwelt und Ressource begreift“, wendet sich Demeter-Vorstand Alexander Gerber an die beiden Politiker:innen und fordert: „Deswegen müssen Kennzeichnungs- und Zulassungsregeln unbedingt weiterhin gelten, auch für die neue Gentechnikverfahren!“
„Die neuen gentechnischen Verfahren können deutlich tiefer und umfangreicher als die herkömmliche Züchtung in das Erbgut eingreifen. Dies hat der Europäische Gerichtshof in seinem Grundsatzurteil 2018 betont – ebenso wie das jüngste Gutachten des Bundesamtes für Naturschutz“, ergänzt Antje Kölling, politische Sprecherin von Demeter, und warnt: „Die gentechnischen Manipulationen des Erbguts können die daraus entstehenden Pflanzen oder Tiere massiv verändern – mit unvorhergesehenen Effekten auf das gesamte Ökosystem. Daher fordern wir gerade für die neuen Gentechnikverfahren im Sinne des Vorsorgeprinzips eine umfassende Risikoprüfung und eine Ausweitung der Technikfolgenabschätzung!“
Hintergrund:
Das Gentechnikrecht der EU gründet auf dem in den EU-Verträgen für die Umweltpolitik festgelegten Vorsorgeprinzip und stellt die Wahlfreiheit für Landwirt:innen und Verbraucher:innen sicher, die keine gentechnisch veränderten Organismen auf dem Acker oder Teller wollen. Die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in die Umwelt regelt die Richtlinie (2001/18/EC), die Zulassung und Kennzeichnung von GVO in Lebensmitteln und Futtermitteln regeln die Verordnungen (EC)1829/2003 und (EC)1830/2003.
Bereits im April 2021 haben 94 Organisationen aus den Bereichen Umwelt-, Tier- und Naturschutz, Entwicklungspolitik, Kirchen, Verbraucherschutz, Landwirtschaft, Züchtung, Lebensmittelwirtschaft und Imkerei sowie Jugendorganisationen darauf hingewiesen, dass das EU-Gentechnikrecht weiterhin auch auf die neuen gentechnischen Verfahren angewandt werden muss (Positionspapier: https://www.dnr.de/fileadmin/Positionen/2021-04-21-Positionspapier-Gentechnik.pdf )
Ein breites Bündnis europäischer Lebensmittelhandelsunternehmen von Aldi, Lidl und Penny über Rewe und tegut bis Alnatura, Globus und Denn’s Biomarkt und vielen weiteren setzt sich gegen Gentechnik-Deregulierung ein: Anuga 2021: Einzelhandel stellt sich gegen Gentechnik-Deregulierungspläne: VLOG – Verband Lebensmittel ohne Gentechnik e.V.
Das Bundesamt für Naturschutz hat jüngst seine Einschätzung zu neuen Gentechniken und der Regulierung veröffentlicht, eine Zusammenfassung auf Deutsch finden Sie hier: https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/presse/2021/Dokumente/2021_10_15_Zusammenfassung_Deutsch_final.pdf
Demeter e.V.
Brandschneise 1
64295 Darmstadt
Telefon: +49 (6155) 8469-0
Telefax: +49 (6155) 8469-11
http://www.demeter.de
Pressesprecherin
Telefon: +49 (30) 548608-86
E-Mail: susanne.kiebler@demeter.de